Great-Man-Made-River-Projekt

Great-Man-Made-River-Projekt
Falschfarbenfoto der künstlichen Wasser-Reservoirs bei Grand Omar Mukhtar. Runde Reservoirs mit Wasser (dunkelblaue Farbe) sind unten und oben rechts zu sehen, die Vegetation erscheint rot. In grauer Farbe sind Gebäude und Infrastruktur dargestellt, Sand und Steppenboden erscheinen beige
Karte des GMMRP auf einer libyschen 20-Dinar-Note
Das Great-Man-Made-River-Projekt ist auf der Vorder- und Rückseite des Buddy Bären - vor der neuen libyschen Botschaft in Berlin-Dahlem - ausführlich dokumentiert.

Das Great-Man-Made-River-Projekt (GMMRP oder GMMR, dt. Großer-menschengemachter-Fluss-Projekt) in Libyen ist das weltweit größte Trinkwasser-Pipeline-Projekt für eine bessere Wasserversorgung von Bevölkerung und Landwirtschaft.

In übermannsgroßen Rohren wird fossiles Grundwasser aus tief liegenden Speichergesteinen des Nubischen Sandstein-Aquifer, dem Kufra-Becken, Sirt-Becken, Murzuk-Becken, Hamadah-Becken und Jufrah-Becken der Wüste Sahara in Richtung der libyschen Mittelmeerküste geleitet und versorgt bereits seit einigen Jahren die beiden Großstädte Tripolis (seit 1996) und Benghasi sowie die gesamte Küstenregion mit Wasser. Die Pipeline verläuft parallel zu großen Teilen der Küste Libyens und transportiert täglich mehr als 6 Mio. m³ Trinkwasser. Die Wasser- und die damit verbundene Lebensqualität hat sich seitdem dort erheblich verbessert.

Die angezapften Reservoire haben heute keine Zuflüsse mehr, es handelt sich bei diesem Wasser also nicht um eine erneuerbare Ressource. Wie lange die Wasserreserven ausreichen werden, ist strittig. Nach Kalkulationen der libyschen Regierung reicht die fossile Wassermenge mindestens noch 4.000 bis 5.000 Jahre.[1] Optimistische Schätzungen sprechen von bis zu 250 Jahren, internationale Experten dagegen von 30 bis 50 Jahren bei maximaler Fördermenge.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seit 1984 wurden in der Wüste Sahara Bewässerungssysteme installiert. Diese pumpen Wasser aus unterirdischen Reservoirs, die noch aus der letzten Eiszeit stammen. Entdeckt wurden diese Wasserreserven bei Ölbohrungen in den 1950er Jahren. Das Ziel dieses Projektes ist es, die Bevölkerung und die Landwirtschaft in den Küstengebieten und in Nähe zu den Pipelines mit Wasser zu versorgen. Des Weiteren werden Teile der Wüste fruchtbar gemacht, sodass unterschiedliche Plantagen (z. B. Dattelpalmen) in der Wüste entstehen, die mit Hilfe des GMMR-Projektes bewässert werden. Ein weiteres Ziel ist es, die Landwirtschaft so weit auszuweiten, dass auch ein Export von Anbauprodukten möglich ist.

Von Kritikern wird das Projekt als Denkmal des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi gesehen.

Auswirkungen

Vor dem Infrastrukturprojekt war das Leitungswasser der Küstenregion mit einem erheblichen, teilweise krankmachenden Salzgehalt belastet. Neben der Verbesserung der Trinkwasserqualität ist beabsichtigt, mit dem Wasser Libyen zu einem Agrarexportland auszubauen. Befürchtete – und teilweise eingetretene – Auswirkungen sind die Absenkung des Grundwasserspiegels. Obwohl das Eiszeitwasser mehr als 300 Meter unterhalb der Erdoberfläche liegt, ist nicht klar, ob – wie teilweise geschehen – großflächig der in 10 bis 60 Meter Tiefe liegende Grundwasserspiegel beeinflusst wird.

Pipelineröhren des GMMR (2004)

Obwohl in der Anfangsphase von ausländischen Ingenieuren mitinitiiert (Südkoreanische Unternehmen bauten Fabriken, deutsche entwickelten das System: Know-How-Austausch), befindet sich heute das gesamte, weltweit größte Projekt seiner Art in rein libyschen Händen. Libyen sieht dieses Projekt als Infrastruktur- und Bildungsfaktor.

Die Rohrsegmente aus Stahlbeton werden in zwei libyschen Fabriken in Brega und Sarir produziert. Sie werden entsprechend dem Spannbetonprinzip hergestellt. Dies ist erforderlich, um einem Wasserdruck von bis zu 60 bar standzuhalten.

In der Anfangsphase kam es zu Rohrbrüchen der Pipeline. Man hatte bei der Produktion der Rohrsegmente auf eine äußere Beschichtung der Rohre verzichtet. Dadurch konnte Feuchtigkeit aus dem Erdreich in den Beton eindringen. Das hatte zur Folge, dass der unter der äußeren Betonschicht liegende Spanndraht korrodierte und die Rohre kollabierten.

Korrosionsschäden an den Rohrsegmenten

Das fossile Wasser in den verschiedenen Brunnenfeldern ist von sehr unterschiedlicher Qualität. Besonders in dem Brunnenfeld von Tazerbo ist das Wasser mit Eisen, Mangan und CO2 stark belastet. Um Schäden an der Pipeline zu vermeiden, wurden an den 108 Brunnen eigene Wasseraufbereitungsanlagen installiert. Jeder Brunnen und damit auch jede Wasseraufbereitungsanlage in diesem Feld hat eine Leistung von 420 m³/h. Wegen der riesigen Dimension des Brunnenfeldes (1.000 km²) und der immensen Förderleistung von 1,08 Millionen m³/Tag konnte eine zentrale Wasseraufbereitungsanlage nicht eingesetzt werden. Andere Brunnenfelder, wie das in Sarir, kommen dagegen ohne eine Wasseraufbereitungsanlage aus und speisen das geförderte Wasser direkt in die Pipeline ein.

Zentralsteuerung

In einer Zentrale unter Verantwortung der Great Manmade River Authority (GMMRA) wird das landesweite Pipeline-Netz überwacht. Dabei ist – technisch anspruchsvoll – beabsichtigt, alle von Sensoren gelieferten Daten nicht nur auszuwerten, sondern auch jedes Ventil, jede Maschine und sämtliche Gerätschaften zentral steuern zu können. Alternativ – z. B. bei Stromnetzausfällen – können aber auch lokal Eingriffe vorgenommen werden.

Literatur

  • Konrad Schliephake: Der Große Künstliche Fluss in Libyen. In: Günter Meyer (Hg.): Die arabische Welt im Spiegel der Kulturgeographie. Veröffentlichungen des Zentrums für Forschung zur arabischen Welt (ZEFAW) Band 1, Mainz 2004, S. 210-213

Weblinks

 Commons: Great Manmade River – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Martin Gehlen: Sahara-Wasser für Libyens Küste; in: Zeit-Online, 27. Dezember 2010, zuletzt abgerufen 18. August 2011.
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