- GMMR-Projekt
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Das Great-Man-Made-River-Projekt (GMMRP oder GMMR) in Libyen ist das weltweit größte Trinkwasser-Pipeline-Projekt zur besseren Wasserversorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft.
In übermannsgroßen Rohren wird fossiles Grundwasser aus unterirdischen Seen (Kufra-Becken, Sirt-Becken, Murzuk-Becken, Hamadah-Becken und Jufrah-Becken) der Wüste Sahara in Richtung der libyschen Küste geleitet und versorgt bereits seit einigen Jahren die beiden Großstädte Tripolis (seit 1996) und Benghasi sowie die gesamte Küstenregion mit Wasser. Die Pipeline verläuft parallel zu großen Teilen der Küste Libyens und transportiert täglich mehr als 6 Mio. m³ Trinkwasser. Die Wasser- und damit Lebensqualität hat sich seitdem dort erheblich verbessert.
Die angezapften Reservoire haben heute keine Zuflüsse mehr, es handelt sich bei diesem Wasser also nicht um eine erneuerbare Ressource. Wie lange die Wasserreserven ausreichen werden, ist strittig. Optimistische Schätzungen sprechen von bis zu 250 Jahren, internationale Experten dagegen von 30 bis 50 Jahren bei maximaler Fördermenge.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Seit 1984 wurden in der Wüste Sahara Bewässerungssysteme installiert. Diese pumpen Wasser aus unterirdischen Reservoirs, die noch aus der letzten Eiszeit stammen. Entdeckt wurden diese Wasserreserven bei Ölbohrungen in den 1950er Jahren. Das Ziel dieses Projektes ist es, die Bevölkerung und die Landwirtschaft in den Küstengebieten und in Nähe zu den Pipelines mit Wasser zu versorgen. Des Weiteren werden Teile der Wüste fruchtbar gemacht, sodass unterschiedliche Plantagen (z. B. Dattelpalmen) in der Wüste entstehen, die mit Hilfe des GMMR-Projektes bewässert werden. Ein weiteres Ziel ist es, die Landwirtschaft so weit auszuweiten, dass auch ein Export von Anbauprodukten möglich ist.
Von Kritikern wird das Projekt als Denkmal des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi gesehen.
Auswirkungen
Vor dem Infrastrukturprojekt war das Leitungswasser der Küstenregion mit einem erheblichen, teilweise krankmachenden Salzgehalt belastet. Neben der Verbesserung der Trinkwasserqualität ist beabsichtigt, mit dem Wasser Libyen zu einem Agrarexportland auszubauen. Befürchtete – und teilweise eingetretene – Auswirkungen sind die Absenkung des Grundwasserspiegels. Obwohl das Eiszeitwasser mehr als 300 Meter unterhalb der Erdoberfläche liegt, ist nicht klar, ob – wie teilweise geschehen – großflächig der in 10 bis 60 Meter Tiefe liegende Grundwasserspiegel beeinflusst wird.
Produktion der Pipeline
Obwohl in der Anfangsphase von ausländischen Ingenieuren mitinitiiert (Südkoreanische Unternehmen bauten Fabriken, deutsche entwickelten das System: Know-How-Austausch), befindet sich heute das gesamte, weltweit größte Projekt seiner Art in rein libyschen Händen. Libyen sieht dieses Projekt als Infrastruktur- und Bildungsfaktor. Die Pumpen sind spezielle Tauchpumpen in einem dicken Rohr, welches am Ende zwei Schlitze hat, um besser in den Sandstein einzudringen. Gepumpt wird in 150 bis 450 Metern Tiefe.
Die Rohrsegmente aus Stahlbeton werden in zwei libyschen Fabriken in Brega und Sarir hergestellt; der dazu notwendige Edelstahl wird importiert. Der Kern der Rohre besteht aus Edelstahl, ummantelt von einer Betonschicht (Innenschicht), in welcher ein 9 km langes, verdrilltes Drahtseil den gewaltigen Wasserdruck (bis 60 bar) bändigt. Umgeben wird diese Struktur von einer weiteren Betonschicht – der Außenschicht. Allein die östliche Pipeline ist 1.855 km lang. Die Baukosten sind also immens.
In der Anfangsphase kam es zu Rohrbrüchen, die bis heute zu einem Rechtsstreit mit der damals für die Verdrillung verantwortlichen staatlichen brasilianischen Ölgesellschaft Petrobras eskalierten. Die Rohrbrüche hatten auch eine positive Seite: Wo ein Rohrbruch stattfand, ist die Wüste ergrünt durch kleine Wäldchen.
Doch es wurden auch Schäden an der Pipeline verhindert, da man herausgefunden hatte, dass das Eiszeit-Wasser große Mengen an Eisen, Mangan und Kohlenstoffdioxid enthielt, die dem Beton der Pipeline große Schäden hätten zufügen können. Also baute man zuerst Filtermaschinen (Aufbereitungsanlagen) an jede Pumpe, um das Wasser vor dem Eintritt in die Pipeline zu säubern. Dadurch kann nicht die ursprünglich geplante maximale Fördermenge erreicht werden.
Zentralsteuerung
In einer Zentrale unter Verantwortung der Great Manmade River Authority (GMMRA) wird das landesweite Pipeline-Netz überwacht. Dabei ist – technisch anspruchsvoll – beabsichtigt, alle von Sensoren gelieferten Daten nicht nur auszuwerten, sondern auch jedes Ventil, jede Maschine und sämtliche Gerätschaften zentral steuern zu können. Alternativ – z. B. bei Stromnetzausfällen – können aber auch lokal Eingriffe vorgenommen werden.
Weblinks
- Great-Man-Made-River Projekt (Libyen.com)
- Das Geheimnis des Wüstentunnels (Der Spiegel special 11/1998 vom 1. November 1998, S. 112ff.)
- Libya's thirst for 'fossil water' (BBC News vom 18. März 2006; engl.)
- The Great Man-Made River (Encyclopædia Britannica; engl.)
- The Man Made River (engl.)
25.45555555555621.600833333333Koordinaten: 25° 27′ 20″ N, 21° 36′ 3″ O
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