Grenadierregiment

Grenadierregiment
Edouard Detaille, Grenadier der Alten Garde, Öl auf Leinwand

Grenadiere (anfangs als „Granatiere“ bezeichnet) waren Infanteristen im 17. und 18. Jahrhundert, die spezielle Aufgaben zu erfüllen hatten. Ursprünglich waren sie mit Handgranaten bewaffnet, später bildeten sie eine Elite des Heeres. In Wehrmacht und Bundeswehr diente der Begriff zur Bezeichnung infanteristischer Truppenteile.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

preußischer Grenadier vom Infanterieregiment Nr. 6 um 1715 - Darstellung spätes 19. Jh.
Grenadier

Seit 1667 mussten sich in jeder französischen Infanterie-Kompanie vier Soldaten auf den Umgang mit Granaten spezialisieren und wurden deshalb als Grenadiere bezeichnet. Der Anteil der Grenadiere an der Infanterie stieg in der Folgezeit, so dass bereits ab 1671 jedes französische Bataillon eine Kompanie Grenadiere umfasste. Seit 1670 wurden auch in Österreich, 1676 in Brandenburg und 1678 in England Grenadier-Einheiten aufgestellt, worauf bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die meisten anderen europäischen Staaten folgten. Der Begriff wurde in dieser Zeit aus dem Französischen auch in die deutsche Sprache übernommen. Für die Aufstellung einer Grenadier-Einheit wurden die stärksten, geschicktesten und oft die größten Soldaten ausgesucht (ein Beispiel waren die „Langen Kerls“ Friedrich Wilhelms I. von Preußen).

Die Grenadiere bildeten eine militärische Elite. Sie wurden bei Belagerungen mit besonders gefährlichen Aufgaben betraut und an Schwerpunkten des Kampfes in der Schlacht eingesetzt. Zu ihrer Bewaffnung gehörte neben etwa einem Dutzend Granaten eine Muskete mit Bajonett und ein Säbel. Oft konnte man die Grenadiere auch rein äußerlich von den anderen Soldaten unterscheiden: Um beim Werfen der Granaten nicht behindert zu werden, trugen sie stets schmale Kopfbedeckungen (ursprünglich die einfache Lagermütze) statt der damals üblichen, breiten Hüte (Dreispitz).

Schon im 18. Jahrhundert wurden die Handgranaten nach und nach wieder abgeschafft; die Grenadiere blieben aber Eliteeinheiten. Aus ihren ursprünglichen Zipfelmützen entwickelten sich - als Statussymbol und, um ihre Träger größer erscheinen zu lassen - hohe und teils sehr schwere Grenadiermützen mit Metallschilden oder aus Pelz, zu deren Tragen ein Kinnriemen notwendig war. Weil es schwierig war, diese Mützen zum Gruß abzuziehen, entstand als besonderes Zugeständnis an die Grenadiere der sogenannte „Grenadiergruß“ (das bloße Andeuten durch Anlegen der Hand an die Mütze). Dieser Gruß wurde aus Prestigegründen von immer mehr Einheiten übernommen und so zur heute weltweit verbreitetsten militärischen Ehrenbezeigung.

Besonders berühmt wurden die „Grenadiere der alten Garde“ der Kaiserlichen Garde von Napoleon I., die bis zur Schlacht von Waterloo den Ruf der Unbesiegbarkeit genossen.

In der Armee des deutschen Kaiserreichs (1871–1918) gab es im Rahmen der Infanterie nur einige wenige Regimenter mit der Bezeichnung „Grenadier“ im Namen (z.B. die fünf preußischen Gardegrenadierregimenter oder die sächsischen Grenadierregimenter 100 und 101).

In der Wehrmacht wurden ab 15. Oktober 1942 die bisherigen „Schützen“ und „Oberschützen“ der Infanterie als „Grenadier“, bzw. „Obergrenadier“ bezeichnet. Des Weiteren wurden fast alle Bezeichnungen entsprechend geändert. So wurden „Infanterieregimenter“ nun „Grenadierregimenter“. Die Maßnahme sollte der Hebung der Moral dienen. Nur ab Divisionsstufe behielten die Divisionen ihren Namen. Nach dem Attentat auf Hitler 1944 wurden seither gegründete Divisionen als Volksgrenadierdivisionen bezeichnet. Diese waren im übrigen herkömmliche Infanteriedivisionen und standen in keinem Zusammenhang mit dem Volkssturm.

International

Deutschland

Die Bundeswehr hat den 1942 entstandenen Begriff Panzergrenadier übernommen, bezeichnet damit allerdings Einheiten, deren Kampfesweise der früherer Dragoner entspricht.

Heutzutage bezeichnet man im Panzergrenadierbataillon der deutschen Bundeswehr einen Soldaten im niedrigsten Dienstgrad als Panzergrenadier (PzGren). Als Grenadier (Gren) werden die Heeresuniformträger im niedrigsten Dienstgrad des Wachbataillons bezeichnet. Andere Waffengattungen oder Einheiten verwenden eigene Bezeichnungen, wie Jäger, Kanonier (Artillerie), Schütze, Flieger (bei Luftwaffe) oder Matrose (bei Marine).

Österreich

Im österreichischen Bundesheer werden die den Panzereinheiten zugeteilten, motorisierten, Infanterieeinheiten als Panzergrenadiere bezeichnet.

Schweiz

In der Schweizer Armee bilden die Grenadiere als Angehörige des Gren Kdo 1 (Grenadierkommando) den größten Teil der Aufklärungs- und Grenadierformationen der Armee (AGFA). Die Inf Gren (Infanteriegrenadier) Ausbildung gilt als eine der anspruchsvollsten und umfangreichsten militärischen Ausbildungen im Land. Während der 25-wöchigen Grundausbildung (Rekrutenschule) erhalten die Grenadiere in Isone im Kanton Tessin eine spezifische Ausbildung, die den späteren Einsatz als so genannte "Special Operation Capable (SOC)" ermöglichen soll. Dazu gehören spezielle Ausbildungsprozesse wie Nahkampf, Orts- und Häuserkampf, Sofort-Aktions-Gefechts-Techniken, Überleben und Bewegen in gegnerischem Gebiet und im Gebirge. Dazu kommen Spezialistenausbildungen als Scharfschütze, Aufklärer, Medic (Grenadier Einheitssanitäter), PAL/Mg-Spezialist, Minenwerfer, Nachrichten-/Übermittlungs-Spezialist, Sprenger, Panzerfaust-Spezialist, Fahrer/LMg-Schütze oder Kommando/Trupp-Chef. Die Ausbildung zum Grenadier dauert 25 Wochen und fordert ein hohes Maß an Sportlichkeit, physischer und psychischer Leistungsfähigkeit, extreme Leistungsbereitschaft sowie enormes Durchhaltevermögen. Für diese herausfordernde Funktion kommen nur Freiwillige in Frage, welche bei der Rekrutierung die hohen, geforderten Leistungen erbringen. Während den ersten 11 Wochen der Grenadierrekrutenschule findet eine harte Selektion aus 24 Selektionstesten statt, welche bei charakterlich, technisch, sozial, psychisch oder physisch ungenügenden Leistungen eine Umteilung zur Folge hat. Diese Umteilung geschieht innerhalb der Armee, der Infanterie oder in das Betriebsdetachement der Grenadierschulen.

Die drei Grenadierbataillone des Grenadierkommandos sind Infanterieverbände, die für offensive Operationen wie zum Beispiel Angriffe zur Lähmung oder Zerstörung von Zielen strategischer oder operativer Bedeutung, in der Tiefe oder in der Luft, Unterbrechung von Kommunikationslinien und Beschaffung von Schlüsselinformationen eingesetzt werden. Sie bestehen zum Großteil aus Milizsoldaten.

Die Grenadiere haben auch ausserdienstlich einen guten Zusammenhalt. Ihr Erkennungsmerkmal ist die typische Bombe als Abzeichen. Im Jahr 2007 wurde der Grenadier Tag ins Leben gerufen. Der alljährliche Anlass fordert die Fähigkeiten als Grenadier und pflegt die Kameradschaft untereinander.

Frankreich

In Frankreich führte in jedem Linienregiment bis 1868 je eine Kompanie den Namen Grenadiere.

Zum Ersten Grenadier von Frankreich, siehe Latour d'Auvergne.

Italien

In Italien gibt es mit den Granatieri di Sardegna (1659) eine traditionsreiche Gardegrenadiertruppe piemontesischen Ursprungs, die in Rom Wach- und Repräsentanzaufgaben übernimmt. Die Soldaten der Truppe tragen eine Bärenfellmütze.

Gardeeinheiten

Da Grenadiere stets als Eliteeinheiten aufgefasst wurden, findet man sie noch heute häufig in Garderegimentern bzw. -kompanien, wo sie an ihren charakteristischen, hohen Mützen als Grenadiere erkennbar sind, etwa die britischen Grenadier Guards oder die dänische Königsgarde, die beide Bärenfellmützen tragen.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Grenadierregiment 37 — Aktiv 1. Oktober 1934–März 1945 Land Deutsches Reich NS   …   Deutsch Wikipedia

  • 4. Garde-Grenadierregiment "Königin Augusta" — Kaserne des Königin Augusta Garde Grenadier Regiment Nr. 4 (Stadtplan von 1895) Kriegerdenkmal in Berlin Das Königin Augusta Garde Grenadier Regiment Nr. 4 wurde 1860 …   Deutsch Wikipedia

  • 4. Garde-Grenadierregiment „Königin Augusta“ — Kaserne des Königin Augusta Garde Grenadier Regiment Nr. 4 (Stadtplan von 1895) Kriegerdenkmal in Berlin Das Königin Augusta Garde Grenadier Regiment Nr. 4 wurde 1860 …   Deutsch Wikipedia

  • Hessen-kasselsches Infanterieregiment No. 6 (1756) — Grenadierregiment/Garde/2. Garde/Gardegrenadiere Aktiv 1697/1702–1806/1866 Truppengattung Infanterie Typ Garde Stammliste Hessen Kassel …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der französischen Infanterieregimenter der Frühen Neuzeit — Die vorliegende Liste der französischen Regimenter der Frühen Neuzeit endet mit der Französischen Revolution 1789. Seit dem 16. Jahrhundert wurde eine Vielzahl von temporär existierender Regimenter aufgestellt, meist aus Anlass von Feldzügen. Sie …   Deutsch Wikipedia

  • Granatieri di Sardegna — Wappen der Brigade Granatieri di Sardegna Die Granatieri di Sardegna (dt.: „Grenadiere Sardiniens“) sind eine Gardetruppe des italienischen Heeres. Ihre Ursprünge liegen in einem 1659 in Turin aufgestellten Garderegiment, das ab 1815 aus… …   Deutsch Wikipedia

  • Preußen [1] — Preußen, 1) ursprünglich seit 1283 Staat des Deutschen Ordens, die Gegenden am südlichen Theil der Ostsee begreifend; wurde in dem Thorner Frieden 1466 in seiner größern westlichen Hälfte (West P.) an das Königreich Polen abgetreten, während die… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Friedrich [1] — Friedrich (mittelhochd. Friderîch, »Friedensfürst«, lat. Fridericus, franz. Frédéric, engl. Frederick), deutscher Vorname, Name zahlreicher Fürsten. [Römisch deutsche Kaiser und Könige.] 1) F. I., Barbarossa, »der Rotbart«, als Herzog von …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • 290. Infanterie-Division — Truppenkennzeichen: senkrecht nach oben zeigendes Schwert (ab 1944) Aktiv 5. Oktober 1940–8. Mai 1945 (Kapitulation) Land …   Deutsch Wikipedia

  • 290. Infanterie-Division (Wehrmacht) — 290. Infanterie Division Truppenkennzeichen: senkrecht nach oben zeigendes Schwert (ab 1944) Aufstellung …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”