- Großbelastungskörper
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Der Schwerbelastungskörper (auch Großbelastungskörper) ist ein 1941 bis 1942 errichteter großer Zylinder aus unbewehrtem Beton und Stahlbeton, mit dem die Belastung des Untergrundes durch einen von den Nationalsozialisten geplanten, gigantischen Triumphbogen simuliert werden sollte. Das denkmalgeschützte Bauwerk steht im Nordwesten von Berlin-Tempelhof an der General-Pape-Straße, nahe der Kolonnenbrücke an der Grenze zur „Roten Insel“.
Inhaltsverzeichnis
Errichtung und Funktion
Die Errichtung des Schwerbelastungskörpers erfolgte im Dritten Reich im Rahmen der Planungen von Generalbauinspektor (GBI) Albert Speer für die „Welthauptstadt Germania“. Kernprojekt dieser Umgestaltung Berlins sollte die Anlage einer die Stadtarchitektur prägenden Nord-Süd-Achse zwischen zwei Zentralbahnhöfen in Moabit und in Tempelhof werden. Auf Höhe der heutigen Kolonnenstraße bzw. Dudenstraße war eine Querachse vorgesehen, die als Verbindungsstraße zum östlich gelegenen Flughafen Tempelhof angelegt war. Am Platz, der am Schnittpunkt der beiden Achsen entstanden wäre, plante Speer nach einer Skizze Adolf Hitlers aus den 1920er-Jahren einen 117 Meter hohen und 170 Meter breiten Triumphbogen, der die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten tragen sollte. Die Entwürfe hierfür waren 1937 fertiggestellt.
Zur Untersuchung des Setzungsverhaltens des Bodens gab Speer eine Probebelastung für dieses „Bauwerk T“ in Auftrag. Ein Schwerbelastungskörper sollte dabei dessen hohen Druck auf den Boden simulieren. Verantwortlich für die Bodenuntersuchungen zeichnete die Deutsche Gesellschaft für Bodenmechanik (Degebo). Nach offensichtlich sehr kurzer Abwägung übernahm die Firma Dyckerhoff & Widmann im Jahr 1941 für 400.000 Reichsmark den Bau. Unter anderem durch französische Kriegsgefangene ließ man einen 14 Meter hohen und bis auf eine Mergelschicht in 18,2 Meter Tiefe in den Boden reichenden Zylinder errichten, der im Kopf 21 Meter und im Schaft etwa 11 Meter Durchmesser aufweist. Mit 12.650 Tonnen belastet er auf einer Grundfläche von 100 m² den Untergrund mit 12,65 kg pro cm². Messkammern im Innern des Zylinders nahmen die Messgeräte auf.
Die Messungen der Degebo begannen bereits während des Betoniervorgangs und wurden bis zum 1. Juni 1944 fortgesetzt. Aufgrund des Krieges und der Nachkriegsjahre wurden die Ergebnisse jedoch erst 1948 ausgewertet. Es stellte sich heraus, dass der Triumphbogen unter den von Speer gestellten Bedingungen nur mit vorhergehender Verfestigung des Bodens baubar gewesen wäre. Der Zylinder war in zweieinhalb Jahren ab 1941 um 19,3 cm eingesunken und hatte bereits während des Betoniervorgangs 3,5 cm Neigung bekommen.
Spätere Nutzung
Da der Schwerbelastungskörper nahe einem Wohngebiet liegt, konnte er nach dem Krieg nicht gesprengt werden. Als einziges Bauwerk, das an Albert Speers Planungen für die Nord-Süd-Achse „Germanias“ erinnert, steht er seit 1995 unter Denkmalschutz. Bis 1977 wurden an ihm weitere Messversuche durch die Degebo (heute der TU Berlin Fachgebiet Grundbau angegliedert) durchgeführt, der Schwerbelastungskörper aber nur noch als Totlast verwandt.
Zur weiteren Nutzung wurde unter anderem vorgeschlagen, den Betonkörper als Kletterwand umzugestalten oder ein Café auf dem Dach einzurichten. Im Jahre 2006 informierte eine von einer Tempelhofer Schule gefertigte und vor dem Bau aufgestellte Freiluftausstellung über den Aufbau, den zeitgeschichtlichen Hintergrund des Schwerbelastungskörpers und Ideen der Schüler zum zukünftigen Umgang mit dem Bauwerk.
Im Jahr 2007 begann das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg mit einer Sanierung der Außenhülle und einer Umgestaltung des Areals, auf dem ein Informations-Turm mit Aussichtsplattform errichtet werden soll.[1]
Dokumentationen
Der Spiegel-TV-Dokumentarfilm „Brutalität in Stein – Die Bauten der Nazis“ aus dem Jahr 2002 zeigt den Schwerbelastungskörper in Berlin und bietet Einblicke in dessen Geschichte.
Literatur
- Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin (Hrsg.): Der Schwerbelastungskörper. Das mysteriöse Erbe der Reichshauptstadt. Edition Berliner Unterwelten, Berlin 2005, ISBN 3980964116.
- Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933-1945: ein Stadtführer. Herausgegeben vom Landesdenkmalamt Berlin. Lukas-Verlag, Berlin 2004, S. 174–176. ISBN 3-936872-26-0.
Weblinks
- Seite des Berliner Unterwelten e.V. zum Schwerbelastungskörper
- Bilder des Schwerbelastungskörpers in Berlin
- Berliner Morgenpost: 12.360 Tonnen Beton: Investor verzweifelt gesucht
- Berliner Morgenpost: Überflüssiger Pilz – Berliner Merkwürdigkeiten: Wie der Betonklotz nach Schöneberg kam
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- Eintrag über Schwerbelastungskörper bei Structurae
Einzelnachweise
- ↑ siehe Stadtumbau Berlin, abgerufen 2007-09-03
52.48402777777813.371638888889Koordinaten: 52° 29′ 2,5″ N, 13° 22′ 17,9″ O
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