Grundschrift

Grundschrift
Mögliche Grundschrift als Ausgangsschrift in Hamburg ab 2011

Als Grundschrift wird zur Zeit von interessierten Schulen eine neue Schrift erprobt, welche im Auftrag des Grundschulverbands von einer Expertengruppe entwickelt wurde, in der maßgeblich Horst Bartnitzky, Erika Brinkmann, Ulrich Hecker und Christina Mahrhofer-Bernt mitgearbeitet haben. Es handelt sich nicht um eine weitere Ausgangsschrift neben der Lateinischen, der Vereinfachten und der Schul-Ausgangsschrift. Diese stellten bisher einen – nach Ansicht des Grundschulverbands unnötigen – Zwischenschritt zwischen den Druckbuchstaben und der persönlichen Handschrift dar, die jedes Kind im Verlauf der Schulzeit individuell entwickeln soll.

Die an die Druckschrift angelehnten Formen der Grundschrift sind keine Normschrift. Sie sollen Kindern vielmehr helfen, die Druckbuchstaben in der Schreibbewegung flüssig zu verbinden, erlauben also unterschiedliche Verbindungen, die zudem nicht durchgängig auf dem Papier sichtbar werden müssen.[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Erläuterung

In der Zusammenfassung einer der Mitautor/inn/en wird die Intention noch einmal verdeutlicht:

„Der Grundschulverband will nicht die Schreibschrift weglassen, sondern unterscheidet ganz konsequent zwischen gedruckten Schriften in Büchern usw. und den Schriften, die mit der Hand geschrieben werden. Deshalb heißt die erste Schrift für die Kinder, die aus ganz schlichten, leicht les- und schreibbaren Formen besteht, GRUNDSCHRIFT. Sie ist von den Kindern leicht zu lernen und kann frühzeitig zum selbstständigen Schreiben genutzt werden – und andere können das Geschriebene dann lesen, denn die Grundschrift ist eng an die Druckschrift angelehnt. Die Grundschrift ist keine weitere Ausgangsschrift – sie ist eine Hilfe, möglichst einfach von der Druckschrift zu einer persönlichen, flüssigen Schrift zu gelangen. Dies ist das Ziel und schon lange in allen Lehr-, Bildungs- und Rahmenplänen der verschiedenen Bundesländer verankert. Neu ist nur, dass nicht mehr eine der drei verbundenen Ausgangsschriften in diesem Entwicklungsprozess zwischen Druckschrift und persönliche Handschrift geschaltet werden soll. Der Grundschulverband geht davon aus, dass dies ein vermeidbarer Umweg ist, der Zeit und Geld (Schreiblehrgänge!) kostet. Es gibt keinen Beleg in der Forschung dafür, dass ein solcher Zwischenschritt in irgendeiner Weise sinnvoll ist. Die so gewonnene Zeit soll in die bewusste Weiterentwicklung der individuellen Handschriften der Kinder investiert werden, mit der die Kinder nach dem Erlernen einer Ausgangsschrift zurzeit noch ziemlich allein gelassen werden.“

in: Brinkmann/ Brügelmann 2011

Kritik

Neben einseitig positiven Rückmeldungen aus Grundschulen laut des Grundschulverbands, aber ebenfalls großteils einseitiger negativer Berichterstattung in den Medien, fehlt es bisher an einer auf Erfahrung beruhenden Sammlung von Ergebnissen.

Als wichtigste Kritikerin tritt Ute Andresen in den Vordergrund. Die ehemalige Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Lesen und Schreiben von 1999 bis 2002 verweist in einer Artikelserie für die taz darauf hin,[3][1][4][5] dass das Erlernen einer gebundenen Handschrift ein fundamentaler Lernvorgang für jedes Kind sei. Auf das Erlernen einer Schreibschrift zu verzichten, erhöhe die Gefahr der Bildungsarmut. Ebenfalls zieht sie dabei auch wirtschaftliche Interessen der Beteiligten in Betracht.[5] Damit nimmt sie dieselbe Position ein wie seiner Zeit Wilhelm Topsch gegen die Vereinfachte Ausgangsschrift. Der Oldenburger Erziehungswissenschaftler hatte 1996 nachgewiesen, dass es für die Einführung dieser in den 1970er Jahren keine anderen wissenschaftlichen Gutachten gegeben habe als die ihres Erfinders Heinrich Grünewald.[6]

Siehe auch

Literatur

  • H. Bartnitzky u. a. (Hrsg.): Grundschrift - Damit Kinder besser schreiben lernen. Beiträge zur Reform der Grundschule, Bd. 132. Grundschulverband: Frankfurt, 2011.
  • E. Brinkmann, H. Brügelmann: Schreibenlernen heute: von der Druckschrift zur flüssigen Handschrift. In: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik. H. 8/2011.
  • Grundschulverband aktuell (2010): Themenhefte 110 und 112 zur „Grundschrift“; (Online)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Ute Andresen: Die Handschrift ist unersetzbar. Plädoyer einer Schreiblehrerin. taz.de, 5. Oktober 2010, abgerufen am 26. April 2011.
  2. Constance Frey: Wenn die Handschrift an Bedeutung verliert. Badische Zeitung, 5. Februar 2011, abgerufen am 26. April 2011.
  3. Ute Andresen: Zurück zur guten Handschrift. Das ABC in der Schule. taz.de, 28. September 2010, abgerufen am 26. April 2011.
  4. Ute Andresen: Gutachter, Lobbyisten und Autoren. Schreiben lernen in der Grundschule. taz.de, 16. Februar 2011, abgerufen am 26. April 2011.
  5. a b Ute Andresen: Keine pädagogischen Interessen. Einführung der Grundschrift. taz.de, 6. April 2011, abgerufen am 26. April 2011.
  6. Wilhelm Topsch: Das Ende einer Legende. Die vereinfachte Ausgangsschrift auf dem Prüfstand. Analyse empirischer Arbeiten zur vereinfachten Ausgangsschrift. Auer Verlag, Donauwörth 1996, ISBN 3-403-02855-0.

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