Grüne Logistik

Grüne Logistik

Grüne Logistik ist die ganzheitliche Transformation von Logistik-Strategien, -Strukturen, -Prozessen und -Systemen in Unternehmen und Unternehmensnetzwerken zur Schaffung umweltgerechter und ressourceneffizienter Logistikprozesse. Das Zielsystem der „grünen“ Logistik verfolgt, über ein Gleichgewicht von ökonomischer und ökologischer Effizienz, die Schaffung eines nachhaltigen Unternehmenswertes.

Das Zielsystem der "grünen" Logistik" differenziert sich von der rein ökologisch nachhaltigen Zielsetzung derart, dass das klassische Zielsystem der Logistik um Umwelt- und Ressourcenkosten -inklusive der Opportunitätskosten- erweitert wird und Zielbeziehungen bei mittel- und langfristigem Betrachtungshorizont bewertet werden.

Inhaltsverzeichnis

Handlungsbedarf für die Logistik

Unternehmen stehen seit einigen Jahren vor veränderten Rahmenbedingungen. Neben wachsender Vielfalt und Dynamik rückten umweltpolitische Themen verstärkt in den Fokus der Gesellschaft und der Unternehmen selbst.

Die gesellschaftliche, politische und betriebswirtschaftliche Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung bedeutet: Unternehmen müssen umdenken und nachhaltige Ansätze umsetzen. Es bestehen starke Wechselwirkungen zwischen Logistik und Umwelt sowie den natürlichen Ressourcen. Dazu kommt: Der Ansatz von Logistik ist interdisziplinär, ganzheitlich und unternehmensübergreifend.

Darauf gründet das große Potenzial der Logistik bei dieser neuen Problemstellung und Herausforderung.

Ökologische Betroffenheit

Die "ökologische Betroffenheit" in der Logistik bestimmt, wie stark die Logistik beziehungsweise die Supply Chain eines Unternehmens mit dem Thema Umwelt und Ressourcenschutz konfrontiert ist. Grundsätzlich gilt, dass eine Supply Chain in diesem Zusammenhang von verschiedenen Einflussfaktoren betroffen ist. Die wesentlichen Einflussfaktoren sind die Anspruchsgruppen beziehungsweise Stakeholder eines Unternehmens und zum anderen die steigenden Energie- und Rohstoffpreise, die sich teilweise durch die globale Verknappung von Rohstoffen ergeben.

Zu den wichtigsten Anspruchsgruppen in diesem Kontext gehören

  • der Staat mit zunehmenden internationalen und nationalen Regulierungen,
  • Kunden und Konsumenten mit zunehmendem Bewusstsein und zunehmender Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten und (Logistik-)Dienstleistungen.
  • Damit eng verbunden die Mitarbeiter eines Unternehmens, die in einem umwelt- und sozialverantwortlichen Unternehmen arbeiten wollen,
  • die Gesellschaft mit zunehmender Forderung nach mehr Unternehmensverantwortung („Corporate Social Responsibility“). Diese Forderungen treten vor allem über NGOs oder Nichtregierungsunternehmen als Anspruchsgruppe in Erscheinung.
  • Und schließlich die Unternehmen selbst, die sich aus eigener Motivation heraus mit der Thematik beschäftigen.

In zunehmendem Maße steigt auch der Druck durch Fremdkapitalgeber, Investoren, Versicherungen und Anleger. Ein Indiz hierfür sind beispielsweise neue Anlageformen am Kapitalmarkt, wie z. B. der Dow Jones Sustainability Index, der bei der Auswahl von Unternehmen vor allem auf ökonomische, ökologische und soziale Kriterien achtet.

Aufgrund der vielschichtigen und unterschiedlichen Relevanz und Fristigkeit dieser Einflussfaktoren wird die ökologische Betroffenheit eines Unternehmens als Produkt vieler kontextspezifischer Faktoren gesehen.

Handlungsmaßnahmen

In Theorie und Praxis verfügt die Logistik über eine ganze Palette von Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Ressourcen. Einige sind neu, andere bereits bekannt. Diese Maßnahmen lassen sich verschiedenen Ebenen zuordnen – und zwar nach Fristigkeit, Reichweite, Tragweite sowie nach Kapital- und Ressourcen-Einsatz.

Entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz "grüner" Logistik (siehe Definition) kann die Logistik auf fünf Ebenen ansetzen, wenn sie Maßnahmen im Bereich Umwelt- und Ressourcenschutz umsetzt:

  • Kunde, Markt und Produkt (Ebene 1)
  • Strukturen und Planung (Ebene 2)
  • Prozesse, Steuerung und Messung (Ebene 3)
  • Technologien und Ressourcen (Ebene 4)
  • Mitarbeiter, Lieferanten und Dienstleister

Die ersten vier Ebenen bilden eine Hierarchie und beeinflussen sich sequenziell. Entscheidungen auf einer Ebene definieren den Handlungsspielraum für weitere Entscheidungen auf den folgenden Ebenen. Denn Entscheidungen auf höheren Ebenen reduzieren die Freiheitsgerade auf den folgenden Ebenen.

Ein Beispiel: Die Festlegung der Verpackungsmaße eines Produktes auf der Ebene 1 definiert das Volumen und das Gewicht eines Produktes und folglich die maximale Anzahl der Produkte pro Ladungsträger, zum Beispiel pro Containerladung. Somit beeinflusst die Entscheidung auf der Ebene 1 die theoretisch maximale Auslastung eines Containers und folglich die eines einzelnen Transportes, die der Ebene 3 zuzuordnen wäre. Die Auswirkungen auf die Umwelt – als CO2-Ausstoß je transportiertem Stück des Produkts – sind somit stark beeinflusst von der Entscheidung über die Verpackungsmaße auf der Ebene 1. Maßnahmen auf der Ebene 2 und 3 wie beispielsweise Routenoptimierungen mögen sicher auch Einfluss auf den CO2-Ausstoß haben, müssen aber mit den Fixgrößen Volumen und Gewicht operieren und sind daher von geringerer Reichweite im Hinblick auf den Umwelt- und Ressourcenschutz.

Ein weiteres Beispiel ist die Entscheidung eines Unternehmens für eine Zentrallagerstrategie in der Distribution. Diese strukturelle Entscheidung stellt eine Fixgröße auf der Ebene 3 dar und bestimmt maßgeblich die Transportkilometer innerhalb des Logistiknetzwerkes, die einen wesentlichen Einfluss auf die Treibstoffmenge haben, die dieses Unternehmens benötigt. Selbstverständlich kann es seine Treibstoff-Gesamtkosten reduzieren durch Optimierungsmaßnahmen auf den folgenden Ebenen, etwa durch den Einsatz von Routenplanungssoftware oder Flottensteuerungssystemen sowie die Nutzung alternativer Treibstoffe. Aber die Entscheidung mit der größeren Trag- und Reichweite fiel schon vorher auf der Ebene 2.

Dieser Logik folgend lässt sich behaupten: Umwelt- und Ressourcenschutzmaßnahmen auf Ebene der Produkte, Strukturen, Planung und Partner versprechen theoretisch höhere Wirkungspotenziale.

Literatur

  • Straube, F., Cetinkaya, B (2008): Umwelt und Logistik, S.62-81 in Straube, F.; Pfohl, H.-Chr.: Trends und Strategien in der Logistik – Globale Netzwerke im Wandel, Deutscher Verkehrs-Verlag, Bremen, 2008, ISBN 978-3-87154-388-3

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