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Der Begriff Habesha (amharisch habäša, tigrinya ḥabäša; manchmal: amharisch Abesha, አበሻ abäša; arabisch al-aḥbāš الأحباش; im deutschen Sprachraum bisweilen Habescha) bezeichnet in seinem engeren, historischen Sinn Angehörige der semitischsprachigen Volksgruppen der Amharen und Tigray/Tigrinya im äthiopischen Hochland, wird aber auch im weiteren Sinne für alle Äthiopier und Eritreer verwendet. Die Ethnien sind sich zwar sehr ähnlich, sprechen aber verschiedene – wenngleich verwandte – Sprachen.
Inhaltsverzeichnis
Religion
Habesha sind überwiegend orthodoxe Christen. Der christliche Glaube wurde – anders als bei vielen anderen Völkern Afrikas – nicht durch europäische Kolonisierung verbreitet. Die Habesha-Christen gehören vielmehr zu den ältesten christlichen Gemeinden der Welt. In der Bibel finden sich Taufgeschichten (z.B. bei Phillippus die Geschichte des äthiopischen Eunuchen), die auf die Zeit um 50 n.Chr. datiert werden können. Anders als bei den Römischen Kirchen gibt es in Äthiopien und Eritrea eine ununterbrochene Sprachtradition des Christentums, da von jeher Ge'ez als Klerikalsprache benutzt wurde. Heute gibt es kleine evangelische bzw. protestantische Gemeinden vor allem in Eritrea und seit wenigen Jahren auch evangelikale Christen.
Der Islam ist seit ca. 615 n.Chr. in Äthiopien vertreten. Muslimische Habesha sind in der Regel Sunniten. Außerdem sind einige Sufi-Orden im Land vertreten.
Die Zahl jüdischer Habescha (siehe: Äthiopische Juden) ist heute sehr klein; nach israelischen Quellen weniger als 1300 Menschen. Im Zuge der Operation Moses siedelten sich viele jüdische Habesha in Israel an.
Kulturelle Gemeinsamkeiten
Grenzübergreifend teilen die Habesha viele kulturelle Elemente miteinander, am deutlichsten wird dies an der gemeinsamen Schrift Ge'ez.
Auch die Küche ist im wesentlichen identisch. Typisch sind großporige, weiche Brotfladen aus Sauerteig (Injera), die mit scharfen Fleisch- oder Gemüsesoßen gegessen werden. Getreide- und Honigbier sind ebenfalls besondere Spezialitäten.
Eine interessante Besonderheit ist, dass auch christliche Habesha sich an bestimmte Speiseregeln halten, die dem jüdischen Kashrut bzw. den islamischen Speiseregeln sehr ähnlich sind. Schweinefleisch wird daher bei Habesha nicht gegessen.
Markant ist auch die traditionelle Art der Habesha, Kaffee zuzubereiten. Dabei wird der Kaffee zunächst geröstet und gemahlen und anschließend in einem bauchigen Gefäß (Jabana) mehrfach aufgekocht. Aus einer Portion Kaffee wird anschließend mehrfach – in der Regel drei Mal – Kaffee gekocht. Die gesamte Zubereitung einschließlich der Röstung erfolgt dabei im Kreis der Gäste.
Bevölkerungszahl
Die Zahl der Habesha variiert – je nach Quelle – zwischen 32 und 75 Mio, wobei eine Zahl von unter 35 Mio wahrscheinlich ist (alle Amharen, Tigrinya und Tigray). Eine signifikante Anzahl Habesha lebt außerhalb von Äthiopien und Eritrea. Nach Angaben von joshuaproject.net ergeben sich folgende Zahlen: Äthiopien: 29.300.000, Eritrea: 2.300.000; Vereinigte Staaten von Amerika: 250.000; Sudan: 111.000; Vereinigtes Königreich: 75.000; Israel: 64.000; Italien: 53.000; Jemen: 18.000; Kanada: 16.000; Ägypten: 6000; Deutschland: 6000; Dschibuti: 3500; Saudi Arabien: 1900.
Etymologie des Begriffs Habesha
Die etymologische Herkunft des Begriffs ist unklar. Nach einer Theorie stammt der Begriff aus dem Arabischen, wo er im zweiten und dritten Jahrhundert mit Bezug zum aksumitischen Königreich benutzt wurde. Der Terminus könnte jedoch wesentlich älter sein. Eduard Glaser (Walter W. Müller: "Habashat", in: Uhlig (Hrsg.) Encyclopaedia Aethiopica: D-Ha. Seite. 948) behauptete, dass der Begriff "ḫbstjw", der bereits ca. 1460 v. Chr. in alt-ägyptischen Inschriften auftaucht, die Habesha bezeichnete. Letztlich – so Müller – lässt sich die Begriffsherkunft aber wegen der langen Zeitspanne der Verwendung heute überhaupt nicht mehr zuordnen (Encyclopaedia Aethiopica, a.a.O.). Der Begriff Habesha bildet die etymologische Wurzel des Wortes Abessinien.[1]
Geschichte
Die Habesha teilen ein gemeinsames geschichtliches Erbe. Sie sind im wesentlichen Nachfahren der Bevölkerung des Kerngebietes des aksumitischen Königreiches.
Über die Herkunft der Habesha gibt es verschiedene Theorien. Nach einer – heute wohl überholten – Theorie sind sie Nachfahren von südarabischen Stämmen, die das Rote Meer überquerten, um auf der afrikanischen Seite zu siedeln. Früher wurde als Indiz hierfür sowohl die Schrift Ge'ez als auch die Sprache Ge'ez angeführt. Nach neueren Erkenntnissen ist aber zumindest die Sprache Ge'ez nicht arabischen Ursprungs.[2]
Nach einer weiteren Meinung, die in Europa zuerst von dem deutschen Orientalisten Hiob Ludolf veröffentlicht wurde, entsprechen die Habesha der Bevölkerung des Königreichs von Saba, wie es im Alten Testament erwähnt ist. Die Königin von Saba gebar nach der biblischen Darstellung den Sohn von König Salomon Ebn Melek. Dieser sei später als Kaiser Menelik nach Israel zurückgekehrt, um seinen Vater zu besuchen. Dieser freute sich so sehr über den Besuch, dass er Menelik den Sohn von Zadok und mit diesem die heilige Bundeslade (nach anderen Quellen: eine Replik der heiligen Bundeslade) als Begleitung für die Heimreise mitschickte. Menelik I. war nach dieser Darstellung der Stammvater der Habescha. Diese Darstellung wurde bzw. wird auch von der äthiopischen Kaiserlichen Familie gestützt.
Einzelnachweise
- ↑ Rainer Voigt: Abyssini. In: Uhlig (Hrsg.) Encyclopaedia Aethiopica: A-C, S. 59-65
- ↑ Weninger: Ge'e. In: Uhlig (Hrsg.): Encyclopaedia Aethiopica: D-Ha, 2005, Seite 732
Literatur
- Eduard Glaser: Die Abessinier in Arabien und Afrika. München 1895, S. 8 f.
- Wilhelm Max Müller: Asien und Europa nach altägyptischen Denkmälern. Leipzig 1893, S. 116.
- Wolbert Smidt: Selbstbezeichnung von Təgrəñña-Sprechern (Habäša, Tägaru, Təgrəñña); in: Bogdan Burtea / Josef Tropper / Helen Younansardaroud, Studia Semitica et Semitohamitica [Festschrift für Rainer Voigt], Münster 2005, S. 385 ff., 391 f.
- Hatem Elliesie: Der zweite Band der Encyclopaedia Aethiopica im Vergleich; in: Orientalistische Literaturzeitung, Band 102, Heft 4-5, Berlin 2007, S. 397 ff. (398-401).
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