Hamburger Du

Hamburger Du

Das so genannte Hamburger Sie (selten auch Hamburger Du, Zeit-Sie) ist eine Form der Anrede in der deutschen Sprache, bei der man jemanden beim Vornamen nennt und dazu siezt (Beispiel: „Frank, kommen Sie bitte mal?“).

Ein Gegenstück des Hamburger Sies ist das Berliner Du, bei dem geduzt und mit dem Familiennamen angesprochen wird („Gruber, mach mal das Fenster zu.“), oder auch das Münchner Du (auch Kassiererinnen-Du), bei dem zudem noch Herr bzw. Frau angefügt werden („Frau Müller, weißt du, wie viel die Tomaten kosten?“; wie etwa im Film Herr Lehmann). Weiterhin gibt es noch das Berliner Er.

Etymologie

Die Herkunft der Bezeichnung wird auf die ursprünglich besonders in Hamburg von Kaufleuten gebrauchte Anrede für das Ladenpersonal zurückgeführt, doch kann es auch einer der typischen Anglizismen der Hamburger Oberschicht sein (siehe auch Duzen im internationalen Vergleich). Nach anderen Theorien stammt der Begriff von den Redakteuren der Zeitung Die Zeit (Zeit-Sie), deren Sitz sich in Hamburg befindet oder vom Kolumnisten Max Goldt, der in seinem Text Darf man den Herbst duzen die Begriffe verwendete.

Verwendung

Das Hamburger Sie wird auch oft im Alltag verwendet. Viele Hamburger verfallen in dieses spezielle Sie, wenn ihnen eine Person vertraut und sympathisch ist, sie aber kein privates Verhältnis zu ihr haben. Außerhalb dieser hanseatischen Tradition wirkt das Hamburger Sie oft hochgestochen.

Ein wesentlicher Grund für das Auseinanderlaufen der Anredeformen findet sich im Berufsalltag, bei der jeweils eine Form – Vorname oder Nachname – betrieblich universell (auch schriftlich) verwendet wird, die Verwendung der Höflichkeitsanrede jedoch entsprechend der persönlichen Distanz der Sprecher erfolgt, bei Anwesenheit von Kunden jedoch auch wahlweise in ein formales Siezen gewechselt wird.

Geistliche Gemeinschaften verwenden intern oft Anreden der Form Bruder/Schwester + Vorname (katholisch) oder Bruder/Schwester + Nachname (manche Freikirchen) in Verbindung mit dem höflichen Sie. Häufig wird das Sie + Vorname auch als Anrede für Angehörige bestimmter Dienstleistungsberufe verwendet, insbesondere für Hauspersonal, Krankenschwestern und Friseurinnen, die auch in den Arbeitslisten häufig nach Vornamen geführt werden. Dieses kann jedoch auch genau andersherum auftreten, was zur Bezeichnung Kassiererinnen-Du führte, wo die Mitarbeiter häufig Namensschilder mit dem Nachnamen tragen, sich untereinander jedoch duzen. Entsprechendes findet man auch an anderen Arbeitsplätzen, insbesondere in Büros.

Die Verbindung von Vornamen und Siezen wird regelmäßig von Lehrern zur Anrede von Schülern in der gymnasialen Oberstufe verwandt, da zu den allgemein verwendeten Vornamen bei Schulkindern im Verlauf der Adoleszenz die Anrede in die bürgerliche Sie-Form wechselt, um die erreichte Mündigkeit des Angesprochenen zu betonen. Dieser Wechsel ist vielfach vorgeschrieben, ist jedoch insgesamt rückgängig, besonders im Mündlichen, und oft wird von so Angeredeten sogar gewünscht, weiterhin beim schon gewohnten Du zu bleiben.

Zum Teil wird das Hamburger Sie auch von Eltern zur Anrede von erwachsenen Freunden eigener Kinder verwendet, die aus den Erzählungen nur unter dem Vornamen bekannt sind, jedoch die bürgerlich distante Sie-Form bei Volljährigkeit nahelegen – oft wird allerdings von den so Angeredeten unmittelbar das gewohnte Du erbeten. Umgekehrt findet sich in vielen größeren Jugendgruppen, in denen der Vorname oft nicht eindeutig ist, die Bevorzugung des Nachnamens zur Anrede, was mit einem freundschaftlichen Duzen kombiniert wird.

In der Synchronisation von englischsprachigen Filmen wird häufig die Nennung des Vornamens bei noch nicht sehr miteinander vertrauten Gesprächspartnern übernommen. Um die Distanz im Deutschen zum Ausdruck zu bringen, lautet die Anrede dann Sie.

Im Französischen, wo weniger als im Deutschen geduzt wird, ist vous (also das Ihrzen) mit Vornamen im Berufsleben eine übliche Anrede unter Kollegen.

Siehe auch


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