- Haratin
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Haratin, arabisch حراطين, DMG ḥarāṭīn (Pl.; Sing. m.: حرطاني / ḥarṭānī), sind die schwarzen Arbeiter und Nachkommen von Sklaven in den Oasen der westlichen Sahara. Haratin leben überwiegend in Mauretanien, ferner in der Westsahara, im Süden Marokkos, im Senegal, in Algerien und in Mali.
Der Begriff Haratin wird volksetymologisch abgeleitet von ḥorr, „frei“ oder „Freie“ und ṯnān, „zwei“ oder ṯāni, „der Zweite“. Er lässt sich als „die nachträglich Befreiten“ übersetzen und wird als Unterscheidung zu den hellhäutigeren Mauren, den Beiḍān („Weiße“) verwendet.[1]
Die Haratin sind arabisch-, seltener berbersprachig. In Mauretanien stellten Haratin und andere dunkelhäutige Bevölkerungsgruppen in den 1960er Jahren 30 bis 35 Prozent der Bevölkerung.[2] Auch in der Westsahara stellen sie einen hohen Bevölkerungsanteil. Die Diskriminierung von Haratin in Mauretanien ist weit verbreitet. Die Herkunft der Haratin ist unklar. Haratin könnten Nachkommen eines schwarzen Volkes sein, das im Bereich der Sahara lebte, bevor die Sahara eine Wüste wurde und bevor die Berber kamen. Eine solche geschichtliche Herleitung lässt sich nicht beweisen. Möglicherweise gehören Haratin zu den Nachkommen von Sklaven aus dem südlichen Westafrika in der Großlandschaft Sudan.
In Marokko und Mauretanien werden Haratin häufig die dunkelhäutigen, in der Landwirtschaft tätigen Bewohner der Oasen genannt. Sie wären damit aus einer Vermischung von Berbern und Schwarzafrikanern hervorgegangen. Eine solche geografische und ethnische Abgrenzung berücksichtigt jedoch nicht die sozialen Schichten, die unabhängig von der Hautfarbe existieren. Haratin leben im gesamten Gebiet und können ebenso gut Hirten sein.
In manchen marokkanischen Traditionen der mündlichen Überlieferung waren die Haratin der südöstlichen Oasen die ursprünglichen Bewohner. Insgesamt ist in Marokko diese Bezeichnung weniger gebräuchlich; dunkelhäutige Menschen werden eher als Ait Dra (berberisch) oder Draoua (arabisch), also als „Leute aus dem Wadi Dara“ bezeichnet.[3]
Haratin sind in Marokko nicht zu verwechseln mit den Gnawa. So nennen sich die Mitglieder eines volksislamischen Sufi-Ordens (Tariqa) mit schwarzafrikanischen Wurzeln, die durch ihre Musik, Tänze und Besessenheitsrituale (Derdeba) bekannt sind. Da sich die marokkanische Gesellschaft modernisiert und urbanisiert hat, verringerte sich die Bedeutung der ethnischen und sozialen Zugehörigkeit durch Migration in die Stadt und durch Mischehen. In der bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts noch fast ausschließlich nomadischen Lebensweise in Mauretanien ist die Einteilung in gesellschaftliche Klassen dagegen noch präsent.
Literatur
- John Mercer: Die Haratin: Mauretaniens Sklaven. Gesellschaft für bedrohte Völker, 1982, ISBN 3922197108
- Hsain Ilahiane: The Power of the Dagger, the Seeds of the Koran, and the Sweat of the Ploughman: Ethnic Stratification and Agricultural Intensification in the Ziz Valley, Southeast Morocco. 107, 7, unveröffentlichte Dissertation, Univ. of Arizona, 1998
- Chouki El Hamel: „Race“, Slavery and Islam in the Maghribi Mediterranean Thought: The Question of the Haratin in Morocco, Journal of North African Studies 29 (38), 2002
- Aziz Abdalla Batrán: The 'Ulamá of Fas, Mulay Isma'il, and the Issue of the Haratin of Fas. in: John Ralph, Willis: Slaves and Slavery in Muslim Africa, 1: Islam and the Ideology of Enslavement. Frank Cass, London 1985, S. 125-59
- Remco Ensel: Saints and Servants in Southern Morocco. Brill, Leiden 1999
- J.O. Hunwick: Black Slaves in the Mediterranean World: introduction to a Neglected Aspect of the African Diaspora. Journal of African History
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Creyaufmüller: Nomadenkultur in der Westsahara. Die materielle Kultur der Mauren, ihre handwerklichen Techniken und ornamentalen Grundstrukturen. Burgfried-Verlag, Hallein (Österreich) 1983, S. 43, 58, 65
- ↑ Creyaufmüller, S. 53
- ↑ Rainer Oßwald: Die Handelsstädte der West-Sahara. Die Entwicklung der arabisch-maurischen Kultur von Šinqīt, Wādān, Tīšīt und Walāta. Marburger Studien zur Afrika- und Asienkunde. Bd. 39. Dietrich Reimer, Berlin 1986, S. 14–17
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