Harrison-Report

Harrison-Report

Der Harrison-Report war ein Untersuchungsbericht vom August 1945 zur Lage der Displaced Persons (abgekürzt DPs, Zwangsverschleppten, KZ-Häftlingen etc. in ganz Europa) nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Bericht über Deutschland und Österreich wurde von Earl G. Harrison (1899-1955), einem amerikanischen Juristen, im Auftrag des Intergovernmental Committee on Refugees (ICG) erstellt und war an den US-Präsidenten Harry S. Truman gerichtet, der sich darauf an General Eisenhower wandte.

Inhaltsverzeichnis

Ergebnisse

Harrison hatte in der Administration von Präsident Franklin D. Roosevelt zunächst von 1940 bis 1941 als Director of Alien Registration beim United States Department of Justice gearbeitet, anschließend von 1942 bis 1944 als Commissioner den Immigration and Naturalization Service geleitet und war schließlich von 1945 bis 1946 als Repräsentant der Vereinigten Staaten im ICG gewesen.

Harrison kam in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass die Lage der DPs in den DP-Lagern Deutschlands und Österreichs drei Monate nach Kriegsende erschreckend schlecht war und dringend einer Verbesserung bedurfte. Insbesondere kritisierte er die mangelhafte Versorgung der Lagerbewohner mit Essen und Medikamenten, die zu einer hohen Sterblichkeitsrate in den Lagern führte. Zudem beschrieb er die unzureichende Ausstattung der Bewohner mit ausreichend warmer Kleidung. Ehemalige KZ-Häftlinge seien gezwungen, entweder ihre Häftlingsuniform oder Uniformen der SS zu tragen. Außerdem seien die Gebäude, in denen die DPs untergebracht waren, nicht für den Winter geeignet. Es sei den zumeist jüdischen Vertriebenen nicht zuzumuten, dass sie auch nach ihrer Befreiung weiterhin in Einrichtungen wie ehemaligen Konzentrationslagern auf ihre Repatriierung warten sollten, während die deutsche Zivilbevölkerung in ländlichen Gebieten weitgehend ungestört in ihren eigenen Häusern leben dürften. Der deutschen Bevölkerung könne dies als nachträgliche Billigung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik durch die Alliierten erscheinen.

Trumans Reaktion

In der Konsequenz kritisierte Truman, dass die Politikvorgaben von General Eisenhowers Untergebenen nicht umgesetzt werden: Die Verschleppten müssten gegenüber der deutschen Bevölkerung bei der Wohnungsversorgung bevorzugt und nicht in den alten Lagern eingesperrt werden. Schließlich sollten „die Deutschen" entsprechend den Potsdamer Konferenz-Ergebnissen nicht von der Verantwortung für die Politik ihrer Regierung befreit werden. Er verlangte deutlich mehr Wohnungs-Requirierungen. Zu diesem Zeitpunkt versuchte Truman, von der britischen Regierung auch eine Verbesserung der Einwanderungsmöglichkeiten für jüdische Flüchtlinge ins Palästinensische Mandatsgebiet zu erreichen.

Der Harrison-Report führte zu einer Verbesserung der Lage der Displaced Persons. Die Verwaltung der Lager, die bisher der Militäradministration unterstanden, wurde der UNRRA, einer Hilfsorganisation der Vereinten Nationen übertragen.

Erst 1948 wurde mit dem US-Bundesgesetz Displaced Persons Act ca. 200 000 solchen betroffenen Personen (DPs) unabhängig von bestehenden Quoten für sonstige Einwanderer die Immigration in die USA ermöglicht.

Gliederung des Reports

Der relativ kurze Bericht war wie folgt gegliedert:

  • I. DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH
    • Beschreibung der Zustände (Conditions)
    • (1) Lebensbedingungen in den ursprünglich deutschen Lagern
    • (2) Sterbefälle, z. B. nur in Bergen Belsen 23000 Bestattungen (davon 90 % jüdische DPs) und mangelnde medizin. Versorgung.
    • (3) Bekleidung
    • (4) Fast keine Wiedereingliederungsprogramme sind angelaufen.
    • (5) Fehlende Familienzusammenführung und Vermisstensuche
    • (6) Nahrungsmittelversorgung
    • (7) Fehlende Heizung etc. für den kommenden Winter (Schätzung, dass eine Million DPs den Winter hier verbringen müssen)
  • II. Besondere Bedürfnisse der jüdischen DPs (NEEDS OF THE JEWS)
    • Trotz der Erfassungsschwierigkeiten nennt er eine Schätzzahl von maximal 100 Tsd. Juden in der amerikanischen Zone (Hauptnationalitäten seien Polen, Ungarn, Rumänen und Österr./Deutsche). Diese Personengruppen stellten meistens die von den Nazis am stärksten Geschädigten, die nun besonders behandelt werden soll (nicht entlang der Nationalitäten-Eingruppierung) um nicht zusätzliche Konflikte innerhalb der Nationalitäten herbeizuführen.
    • Außerdem nennt er die Wünsche über die künftigen Zielländer (Bestimmungsorte) und hält eine Planung dazu für dringend (1) Sie wollen vorrangig Deutschland verlassen.(2) Unterschiede dabei und dem Wunsch nach Rückkehr je nach Herkunftsländern. (3) Das Ziel Palästina - Zionismus; auch weil eine Aufnahme in den westl. Ländern unwahrscheinlich zu sein scheint. (4) Die Ziele USA, England, die Britischen Dominions oder Südamerika.
    • Kleidung, Schuhe, Diätnahrung, Medikamente, Betten, Lektürestoff. Er weist darauf hin, dass im Gegensatz dazu in ganz Europa die Deutschen am besten angezogen sind.
  • III. Weiteres Vorgehen (MANNER IN WHICH NEEDS ARE BEING MET)

Setzt sich auch mit Kritik am UNRRA-Personal (z. B. fehlende Englisch-Kenntnisse) und der Einbindung weiterer privater Wohlfahrtsorganisationen auseinander

  • IV. Empfehlungen (CONCLUSIONS AND RECOMMENDATIONS)
    • 1. Dringlichkeit, sich um die Gruppe der Juden zu sorgen
    • 2. Ausreise der Juden aus Deutschland - (a) Rückkehr je nach Herkunftsländern, wo gewünscht. Furcht, doch noch in Deutschland sterben zu müssen. (b) Andere Planungen auf humanitärer Basis voranzutreiben, wie den Zugang nach Palästina. (c) Einwanderungsquoten in die USA
    • 3. Maßnahmen, wenn sich die Rückführungen verzögern (z. B. TB-Heilstätten, Psychiatrische Langzeitkliniken, Rehabilitationslehrgänge)
    • 4. Nur in allen anderen Fällen separate Lager, bis eine bessere Lösung gefunden wird. Dies nicht als Bevorzugung, sondern um den am meisten erniedrigenden deutschen Misshandlungen angemessen begegnen zu können. Bemerkungen zur Frage der Staatenlosigkeit und zu Plünderungen.
    • 5. Überführung der Lager in UNRRA-Verwaltung
    • 6. Auswahl der zuständigen Armeeoffiziere
    • 7. Mehr Überprüfungen vor Ort
    • 8. Hilfe bei der Kommunikation und Familienzusammenführung
  • V. Weitere Bemerkungen

Weblinks


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