Potsdamer Konferenz

Potsdamer Konferenz
Die „Großen Drei“: (von links nach rechts) der britische Premierminister Clement Attlee, der US-Präsident Harry S. Truman, der sowjetische Generalissimus Josef Stalin; stehend dahinter: der US-Admiral William Daniel Leahy, der britische Außenminister Ernest Bevin, der US-Außenminister James F. Byrnes und der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow

Die Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 im Potsdamer Schloss Cecilienhof, offiziell als Dreimächtekonferenz von Berlin bezeichnet, war ein Treffen der drei Hauptalliierten des Zweiten Weltkriegs nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa zur Beratung auf höchster Ebene über das weitere Vorgehen.

Die Ergebnisse wurden in Bezug auf Deutschland im Potsdamer Abkommen, in Bezug auf Japan in der Potsdamer Erklärung festgehalten.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Beginnend mit der Konferenz von Teheran hatten sich die Hauptalliierten der Anti-Hitler-Koalition des Zweiten Weltkriegs bereits mehrfach auf unterschiedlichen Ebenen getroffen, um eine Einigung über das Vorgehen für die Zeit nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland zu erzielen. Zuvor wurde in der Konferenz von Casablanca die Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation erhoben. In der Konferenz von Jalta wurde eine Einteilung in Besatzungszonen sowie eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine Zentrale Kontrollkommission beschlossen.

Nach dem militärischen Zusammenbruch des Großdeutschen Reiches, einhergehend mit dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte am 8. Mai 1945 und der Verhaftung der Geschäftsführenden Reichsregierung unter Karl Dönitz und Lutz von Krosigk am 23. Mai, hatten die Siegermächte am 5. Juni mit der Berliner Deklaration und der Feststellung der Besatzungszonen sowie der Einsetzung eines Alliierten Kontrollrates offiziell die Regierungsgewalt in Deutschland übernommen. Eine Konferenz im Juni, wie von Winston Churchill vorgeschlagen, wurde von Stalin verzögert. Dies geschah im Rahmen sowjetischer Bestrebungen, die Westmächte in Bezug auf die deutsche Ostgrenze vor vollendete Tatsachen (fait accompli) zu stellen.

Ursprüngliche Planungen sahen Berlin als Tagungsort vor, aber wegen der dortigen schweren Kriegsschäden wurden die Sitzungen in das unversehrte Potsdamer Schloss Cecilienhof verlegt.

Teilnehmer und Themen

Schloss Cecilienhof – Tagungsort der Potsdamer Konferenz
Zu Beginn der Potsdam-Konferenz: Winston Churchill, Harry S. Truman und Josef Stalin

Auf der Konferenz sollten die Grenzziehungen in Europa und die Reparationszahlungen, die Verwaltung des besetzten Deutschlands sowie der noch andauernde Pazifikkrieg besprochen werden.

Die Teilnehmer waren:

Zu den Delegationen gehörten außerdem der jeweilige Generalstab sowie weitere Berater, die ihre zeitweiligen Unterkünfte unweit des Tagungsortes in einigen Neubabelsberger Villen am Griebnitzsee nahmen. Die US-amerikanische Delegation wurde im ‘Haus Erlenkamp’ untergebracht.

Frankreich war an der Potsdamer Konferenz nicht beteiligt, stimmte aber den in der ‚Mitteilung‘ niedergelegten Grundsätzen und Gedanken unter bestimmten, in sechs Noten vom 7. August 1945 formulierten Vorbehalten zu.

Verlauf

Erste Phase vom 17. bis 25. Juli 1945

In der Periode vom 17. bis 25. Juli fanden neun Sitzungen statt. Darauf wurde die Konferenz für zwei Tage unterbrochen, an denen in Großbritannien die Wahlergebnisse verkündet wurden.[1]

Beginn

Als die „Großen Drei“ sich am 17. Juli 1945 um 17 Uhr am Tisch niederließen, machte Generalissimus Stalin seinen ersten geschickten taktischen Zug: Er schlug Präsident Truman als Vorsitzenden der Konferenz vor, brachte ihn damit in die Position eines Vermittlers zwischen der Sowjetunion und Großbritannien. Harry S. Truman trug daraufhin die wichtigsten amerikanischen Punkte vor:

  • Die Einrichtung eines „Rates der Außenminister“, die den Weg zu einer allgemeinen Friedenskonferenz ebnen sollten.
  • Klare Richtlinien für den Alliierten Kontrollrat.
  • Ein amerikanisches Memorandum, das das Abkommen von Jalta in Bezug auf die Behandlung der osteuropäischen Staaten infrage stellte.
  • Die politische Unabhängigkeit Italiens und seines wirtschaftlichen Wiederaufbaus.

Stalin fügte als weitere Diskussionspunkte hinzu:

  • Die Aufteilung der Bestände der deutschen Kriegs- und Handelsmarine.
  • Die deutschen Reparationsleistungen
  • Das Schicksal der deutschen Industrieregionen und eine sowjetische Beteiligung an deren Verwaltung.
  • Die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Deutschlands ehemaligen Satellitenstaaten.

Churchill machte keine Vorschläge.

Neuordnung Deutschlands

Die Errichtung des Rates der Außenminister wurde einstimmig akzeptiert. Die Grundprinzipien, von denen sich die Siegermächte bei der Potsdamer Konferenz leiten ließen, waren die „4 großen D“ – zuweilen wird auch von „5 D“ gesprochen (siehe Potsdamer Abkommen).

Das Kernanliegen der Grundsätze war die Aufteilung des Deutschen Reiches in Besatzungszonen. Jede der vier Mächte (USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich) sollte jeweils politische Handlungsfreiheit in ihrer Zone erhalten. In Verbindung mit dem Prinzip der Einstimmigkeit der Entscheidungen im Alliierten Kontrollrat bedeutete diese Formulierung, dass die einzelnen Besatzungsmächte in ihren jeweiligen Zonen in der Lage waren, eine völlig eigenständige Politik zu betreiben, ohne dass der Kontrollrat sie daran hindern konnte.

Iran

Am 21. Juli 1945 wurde die Frage des Truppenrückzugs aus dem Iran diskutiert. Im Zuge der anglo-sowjetischen Invasion Irans waren im August 1941 britische und sowjetische Truppen in den neutralen Iran einmarschiert, um einen Versorgungskorridor, den sogenannten Persischen Korridor, zur Unterstützung der sowjetischen Truppen einzurichten. Zwischen den Alliierten und der iranischen Regierung war im November 1943 anlässlich der Konferenz von Teheran vereinbart worden, dass alle fremden Truppen den Iran sechs Monate nach Ende der Kampfhandlungen verlassen sollten. Anthony Eden schlug vor, dass die britischen und sowjetischen Truppen zunächst aus Teheran und später aus ganz Iran abziehen sollten. Stalin stimmte dem Truppenabzug aus der Hauptstadt Teheran zu, bestand aber darauf, dass die Truppen sechs Monate bis zum Kriegsende mit Japan im Iran stationiert blieben.

Es sollte erst später klar werden, warum Stalin die sowjetischen Truppen im Norden Irans halten wollte. Die sowjetischen Truppen unterstützten separatistische Bewegungen im Norden Irans, die im August 1945 die kommunistisch orientierte Aserbaidschanische Volksregierung und die kurdische Republik Mahabad ausgerufen hatten. Churchill hatte gegen den Vorschlag Stalins nichts einzuwenden, da er mit den britischen Truppen die Ölfelder im Süden Irans kontrollieren wollte. Endgültig wurde die Frage des Truppenabzugs aus dem Iran erst beim Treffen des Rats der Außenminister in London im September 1945 geklärt.[2]

Polen

Churchill und Truman lehnten die von Josef Stalin und Polen geforderte Übertragung der Gebiete östlich der Oder und Lausitzer Neiße ab. Bei der fünften Sitzung am 21. Juli 1945 wies Truman auf den deutschen Charakter der Gebiete östlich von Oder und Neiße und auf die neun Millionen Deutschen hin, die dort ansässig waren. Churchill erklärte ebenfalls klar und deutlich, dass es für Polen nicht gut sei, „so viel deutsches Gebiet zu übernehmen“. Wie in Jalta betonte Churchill in der sechsten Sitzung am 22. Juli die moralischen Bedenken Großbritanniens gegen umfangreiche Bevölkerungsumsiedlungen. Man könne sich lediglich eine Ausweisung von ebenso vielen Deutschen vorstellen, wie Polen östlich der Curzon-Linie übersiedelten, das heißt zwei bis drei Millionen; doch eine Ausweisung von acht oder neun Millionen Deutschen, wie sie die polnischen Forderungen mit sich brächten, seien zu viel und völlig falsch. Stalin behauptete, dass die deutsche Bevölkerung aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches „fortgegangen“ sei. Um diese Behauptung glaubwürdig erscheinen zu lassen, hatte er jedoch im Juni in einem Streifen von 100 bis 200 km östlich von Oder und Neiße alle Deutschen vertreiben lassen.

Die Außenminister der drei Großmächte: Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow, James F. Byrnes und Anthony Eden in einer Tagungspause, Juli 1945
Attlee, Truman und Stalin; dahinter Bevin, Byrnes und Molotow

Am 24. Juli erschien die polnische Regierungsdelegation mit dem kommunistischen Präsident Bolesław Bierut, stellvertretende Ministerpräsident der polnischen Exilregierung Stanisław Mikołajczyk und polnische Außenminister Wincenty Rzymowski und minimierte die Zahl der Deutschen in den umstrittenen Gebieten auf höchstens anderthalb Millionen. Unbeugsam vertraten die polnische Regierungsdelegation ihren Anspruch auf Ostdeutschland bis zur Oder und Görlitzer Neiße; von den verbliebenen Deutschen erwartete man, dass sie „freiwillig“ gehen würden. Doch im Gegensatz zu diesen Schätzungen lebten zur Zeit der Potsdamer Konferenz noch mindestens vier Millionen Deutsche östlich von Oder und Neiße, während eine weitere Million dorthin zurückzukehren versuchten.

Die Potsdamer Konferenz musste hier unterbrochen werden, da in Großbritannien die Wahlen zum Unterhaus anstanden. Churchill verlor die Wahl. Sein Nachfolger im Amt des Premierministers wurde Clement Attlee.

Zweite Phase vom 28. Juli bis 2. August 1945

Am 28. Juli kehrte Clement Attlee in der Eigenschaft als Premierminister in Begleitung des neuen Außenministers, Ernest Bevin, zu der Konferenz zurück. Es wurden noch vier Sitzungen abgehalten. Während der Konferenz fanden regelmäßige Begegnungen der Häupter der drei Regierungen, von den Außenministern begleitet, und regelmäßige Beratungen der Außenminister statt.[1]

Mit dem neuen britischen Premierminister Attlee begann am 28. Juli ein neuer Abschnitt in der Potsdamer Konferenz. Churchills Abwahl stellte eine Schwächung des britischen Standpunktes dar.

Endphase der Konferenz

In Bezug auf die Westgrenze Polens ergab sich ein Problem: „Wie könne sie geregelt werden, wenn ein Teil des deutschen Gebietes schon vergeben ist, bevor wir uns geeinigt haben, was überhaupt als Reparationen gelten soll?“ fragte Truman.

Bis zum Konferenzende wurde über die polnische Westgrenze diskutiert. Trotz anfänglicher Widerstände kam es schließlich zum Artikel XIII der Potsdamer Deklaration über den „geordneten und humanen Transfer“ der Deutschen, die „in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind“.

Der Beginn des Kalten Krieges, mit dem auch bereits geschaffene Fakten weiter zementiert wurden, verhinderte jedoch die geplante Friedenskonferenz, auf der noch abschließend u. a. die offene Frage der Westgrenze Polens geklärt werden sollte.

Ergebnis und Folgen

Die Ergebnisse der „Potsdamer Konferenz“ in Bezug auf Europa wurden in einem später häufig als Potsdamer Abkommen oder Potsdamer Kommuniqué bezeichneten Protokoll festgehalten.

Zu den wichtigsten Beschlüssen zählen die Legitimierung des „geordneten und humanen Transfers“ deutscher „Bevölkerungsteile“ Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns sowie Polens Verwaltungshoheit über die deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie. Im August 1945 hatte Churchill im Unterhaus öffentlich gegen das Ausmaß der von Polen angestrebten Gebietserweiterung und gegen die Praxis der Massenaustreibung Protest erhoben.[3]

Die Grenze zwischen Polen und Deutschland sollte einer friedensvertraglichen Regelung mit Deutschland vorbehalten bleiben (→ Zwei-plus-Vier-Vertrag, deutsch-polnischer Grenzvertrag). Am 10. Oktober 1945 stellte der britische Außenminister Bevin fest, dass Großbritannien in keiner Weise verpflichtet sei, die Ansprüche Polens auf die Oder-Neiße-Grenze zu unterstützen. Die gleiche Feststellung traf der US-amerikanische Außenminister Byrnes am 6. September 1946 in einer Rede in Stuttgart.

Die Konferenz von Potsdam markiert das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und in gewisser Weise den Anfang des Kalten Krieges. Das Scheitern einer gemeinsamen Besatzungspolitik führte letztendlich zu der über 40 Jahre anhaltenden Deutschen Teilung.

Siehe auch

Literatur

  • Charles L. Mee: Die Teilung der Beute. Die Potsdamer Konferenz 1945. Fritz Molden, Wien 1975 (Originaltitel: Meeting at Potsdam, übersetzt von Renata Mettenheimer), ISBN 3-453-48060-0.
  • Niels von Redecker: Die polnischen Vertreibungsdekrete und die offenen Vermögensfragen zwischen Deutschland und Polen (Studien des Instituts für Ostrecht 44), 2. Auflage. Lang, Frankfurt am Main 2004.
  • James L. Gormly: From Potsdam to the Cold War: Big Three Diplomacy, 1945–1947. Scholarly Resources, 1990. (engl.)
  • J. R. Thackrah: Aspects of American and British Policy Towards Poland from the Yalta to the Potsdam Conferences, 1945. Polish Review 1976 21(4): 3–34. ISSN 0032-2970. (engl.)
  • Foreign Relations of the United States: Diplomatic Papers. The Conference of Berlin (Potsdam Conference, 1945), 2 vols., U.S. Government Printing Office, Washington D.C. 1960. (engl.)

Weblinks

 Commons: Potsdamer Konferenz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin („Potsdamer Abkommen“) vom 2. August 1945
  2. Kristen Blake: The U.S.-Soviet confrontation in Iran, 1945–1962. University Press of America, 2009, S. 22.
  3. Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland – Dokumente von 1945–1989 (Auswärtiges Amt, Hrsg.), Verlag Bonn Aktuell, München 1990, ISBN 3-87959-438-4, S. 128.

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