Haufenparadox

Haufenparadox

Die Paradoxie des Haufens soll auf Zenon von Elea zurückgehen, wie eine Reihe weiterer berühmter Paradoxien, oder auf Eubulides (Sorites-Argument).

Es gibt davon eine Reihe verschiedener Formen.

Inhaltsverzeichnis

Getreidehaufen

50 Getreidekörner bilden einen Haufen. Nimmt man von den 50 Körnern eines weg, bleiben 49 übrig, die einen Haufen bilden. Nimmt man weitere weg, eins nach dem anderen, so hat man schließlich beispielsweise zwei Getreidekörner, die einen Haufen bilden sollen. Dies erscheint paradox, solange (für dieses Beispiel) der Begriff „Haufen“ nicht konkret definiert ist. Wenn man „Haufen“ als die Anzahl von mindestens 40 beieinander liegenden Getreidekörnern definieren würde, wären 39 Körner kein Haufen mehr.

Sandhaufen

Behauptung: Ein Sandhaufen kann nicht entstehen.

Beweis mit Hilfe der Methode der vollständigen Induktion

  1. Ein Sandkorn ist kein Haufen.
  2. Durch das Hinzufügen eines Sandkorns lässt sich kein Sandhaufen nicht in einen Sandhaufen verwandeln.

Aus (1) und (2) folgt, egal wie viele Sandkörner man dazulegt, nie entsteht ein Haufen.

Paradoxerweise gibt es aber Haufen.

Auflösung

Das Paradoxon kann recht einfach aufgelöst werden. Zum einen kann man ein Sandkorn bereits als Haufen definieren, was wenig problematisch ist, da es sich um eine semantische und nicht um eine mathematische Definition handelt. Zum anderen ist die Induktion in (2) falsch ausgeführt, da es sich um eine unbewiesene Behauptung handelt und daher für einen Beweis nicht angeführt werden kann.

Damit ist das Sandhaufen-Paradox ein gutes Beispiel für ein Scheinparadoxon, das aus ungenauen oder falschen Voraussetzungen oder Regelanwendungen entstehen kann.

Kritik der Auflösung

Die Auflösung ist eine mathematisch exakte Lösung, die das Paradoxon näher erläutert und darum interessant ist. Gegenargumente sind leicht zu finden:

  • Gerade die Behauptung, ein Sandkorn sei ein Haufen, erscheint paradox.
  • Die unbewiesene Behauptung ist in Wahrheit ein Axiom, das (relativ) anschaulich erscheint und den Erfahrungen entspricht. Man kann einfach nicht sagen, dass ein bestimmtes Sandkorn den Haufen zum Haufen macht, es sei denn, auf triviale Weise, indem man sich einem Fixpunkt nähert: Ein Sandkorn ist ein Haufen, es gibt keine Haufen, oder der kleinste Haufen ist eine Pyramide aus 4 Sandkörnern oder ähnlich, aber alles der Intuition widersprechend und deshalb paradox.

Kritik der Problemstellung

Natürlichsprachliche Begriffe – in diesem Fall das Wort Haufen – bestimmten mathematischen Methoden und Forderungen auszusetzen, produziert fast zwangsläufig falsche Ergebnisse und Scheinprobleme. Umgangssprachliche Begriffe haben einen sehr weiten Bedeutungsumfang und müssen für ihre Verwendung in formalen Systemen, wie sie für Mathematik und Logik typisch sind, in ihrer Bedeutung stark eingeschränkt oder neu definiert werden. Eine notwendige, ideale Definition lässt sich naturwissenschaftlich kaum begründen, sondern bleibt der Nützlichkeit im gewünschten System geschuldet.

Innerhalb eines formalen Systems besitzt ein "Begriff" auch nur eine formale Bedeutung. Nur der Mensch besitzt die Fähigkeit, einem formalen Gebilde eine weitere realweltliche, semantische Bedeutung zuzuerkennen. Dem formalen Symbol Haufen ordnet der Mensch unweigerlich eine realweltiche Bedeutung zu, die er in dem formalen System nicht besitzt. Hierin entsteht das Paradoxon. Tauschte man das Symbol Haufen durch Berg aus, das die gleiche formale Bedeutung trüge, ergäbe sich kein Paradoxon, sondern eine Menge von (realweltlich) nutzlosen Aussagen. Es darf nicht Vergessen werden, dass die o.g. Aussagen sich in einem rein formal-abstrakten System befinden und per se nichts mit der realen Welt zu tun haben.

In den vorangegangenen Ausführungen zum angeblichen Haufen-Paradoxon wird ohne weiteres vorausgesetzt, dass allein die Anzahl der Sandkörner darüber entscheidet, was ein Sandhaufen ist. Aber selbst 100 Sandkörner, wenn sie in einer Reihe nebeneinander liegen, bilden eben gar keinen Haufen, d. h., eine bestimmte geometrische Anordnung im Raum sowie die Anwesenheit der Gravitationskraft sind notwendig, um etwas herzustellen, was umgangssprachlich dem Begriff Haufen entspricht.

Hier wird der Versuch einer strukturellen Induktion, d.h. einer Induktion über die Struktur des Haufens unternommen. Dies ist nicht möglich, da die Struktur eines Haufens nicht definiert wurde. Somit kann auch keine gültige Aussage über einen Haufen gemacht werden.


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