- Haustafel
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Die Haustafel ist eine Kompilation von neutestamentlichen Versen aus den Episteln des Paulus und des Petrus, die sich auf das christlich geforderte Verhalten verschiedener Stände beziehen. Diese Verse wurden von Luther im Jahre 1529 zusammengestellt, an seinen Kleinen Katechismus angehängt und mit diesem zusammen gedruckt. Luther prägte auch den Begriff Haustafel.
In Anschluss an Luther wurden dann auch zwei Stellen der Paulusbriefe, aus denen die Haustafelsprüche stammen (Epheser 5,22 - 6,5 und Kolosser 3,18 - 4,1), selbst als Haustafeln bezeichnet.
Geschichte
Da der Kleine Katechismus von allen lutherischen Christen auswendig gelernt werden sollte und regelmäßig in den Schulen und Kirchen gelehrt wurde, erfuhr die Haustafel vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine überaus große Verbreitung.
Luther wählte aus den Apostelbriefen Sprüche, die folgende elf Stände betreffen:
- Prediger und Bischöfe,
- Obrigkeit,
- Ehemann,
- Ehefrau,
- Eltern,
- Kinder,
- Hausherrschaft,
- Dienerschaft,
- junge Leute,
- Witwen
- alle Christen insgesamt
Bald darauf wurde diese Reihung von einem Mitarbeiter Luthers noch ergänzt durch die „Zuhörer“ (das ist die Kirchengemeinde) und die Untertanen, zu denen entsprechende Sprüche zwischen den Predigern und der Obrigkeit bzw. zwischen der Obrigkeit und dem Ehemann eingefügt wurden.
Man erkennt in diesem Aufbau die lutherische Dreiständelehre wieder, die die gesamte Gesellschaft in die Bereiche Kirche, weltliche Herrschaft und Haus (ecclesia, politia, oeconomia) einteilte. Die nachträglichen Einfügungen von "Zuhörern" und Untertanen hoben das dreiständische Gliederungsprinzip noch stärker hervor. Die Stände der jungen Leute und der Verwitweten, die aus dem System der Über- und Unterordnungen etwas herausfielen, wurden dem Bereich des Hauses zugerechnet.
In den von Luther herangezogenen Versen werden die untergeordneten Stände (Kirchengemeinde, Untertanen, Ehefrauen, Kinder, Gesinde) vor allen Dingen zum Gehorsam ermahnt, der in allen Angelegenheiten, die nicht direkt den Glauben betrafen, bedingungslos geleistet werden musste. Die übergeordneten Stände dagegen (Prediger, Obrigkeit, Ehemann, Eltern, Hausherrschaft) werden zur Fürsorge, Strenge, Gerechtigkeit und zu vorbildlichem Verhalten angehalten. Der letzte Stand ist der übergreifende Stand der gegenseitigen Liebe, der alle Christen miteinander verbinden soll.
Die ausgewählten Verse stammen vor allem aus zwei Stellen in den Briefen des Paulus an die Epheser und an die Kolosser (Epheser 5,22 - 6,5 und Kolosser 3,18 - 4,1), in denen in der Tradition der antiken griechischen Hauslehre von den verschiedenen Ständen des Hauses die Rede ist. Diese Passagen der Bibel wurden bald darauf nun selbst als Haustafeln bezeichnet (so noch heute in der Lutherbibel).
Bezeichnend für die Haustafel Luthers ist aber, das er sie durch Bibelverse mit Anweisungen für die Prediger und für die Obrigkeit (später ergänzt durch die Gemeinde und die Untertanen) erweiterte und dass die Haustafel somit nicht nur das Haus, sondern die gesamte Gesellschaft umfasste.
Das der Haustafel zugrunde liegende dreigliedrige Gesellschaftsbild wurde zwar, da Luther keine eigene Schrift dazu verfasst hat und auch im Zusammenhang der Haustafel nicht ausdrücklich davon spricht, erst nach dem Tod Luthers (1546) von weiteren Kreisen seiner Anhängerschaft rezipiert, wurde dann aber für das konservative Luthertum bis zum Ende des 19. Jahrhunderts prägend. Luther und seine Anhänger waren davon überzeugt, dass die dreiständische Gliederung der Gesellschaft der göttlichen Schöpfungsordnung entsprach, obwohl in der Bibel selbst an keiner Stelle davon die Rede ist.
Literatur
- Julius Hoffmann, Die Hausväterliteratur und die Predigten über den christlichen Hausstand. Lehre vom Haus und Bildung für das häusliche Leben im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Weinheim 1959.
- Albrecht Peters, Kommentar zu Luthers Katechismen, Bd. 5. Hrsg.: Gottfried Seebaß. Göttingen 1994, S. 95 -118.
Weblinks
- Walter Behrendt, Lehr-, Wehr- und Nährstand. Haustafelliteratur und Dreiständelehre im 16. Jahrhundert. Berlin 2009. (382 Seiten. 2,45 MB)
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