Heilbronner Neckar-Ketten-Schleppschifffahrt

Heilbronner Neckar-Ketten-Schleppschifffahrt
Kettenschleppschiff mit Lastkähnen auf dem Neckar bei Heilbronn, vor 1885
Kettenschiff
Kettenschiff 1903

Die Heilbronner Neckar-Ketten-Schleppschifffahrt betrieb Gütertransport mit Kettenschleppzügen auf dem Neckar von Heilbronn bis Mannheim und bestand von 1878 bis etwa 1930.

Als nach 1850 die Eisenbahn in Konkurrenz zu Frachtschiffen trat, sahen die Heilbronner Kaufleute die Position ihrer Stadt als wichtigen Warenumschlagplatz am Neckar gefährdet und suchten nach einem wirtschaftlichen Transportmittel auf dem Wasserweg. 1872 wurde daraufhin ein provisorisches Komitee zur Einführung der Kettenschifffahrt auf dem Neckar gegründet. Die Idee kam ursprünglich aus Frankreich und wurde in Deutschland von Max Eyth auf Maas und Rhein erprobt. Im Gegensatz zu den Eythschen Versuchen mit Zug an Hanf- oder Drahtseilen schlug Baurat von Martens für den Neckar eine im Fluss versenkte Stahlkette vor, an der sich ein Kettendampfer entlangziehen und damit einen ganzen Schleppzug antreiben könne.

Die Initiative stieß auf Kritik und Widerwillen bei den längs der Strecke von Heilbronn nach Mannheim anliegenden Neckaranrainern, allen voran dem württembergischen Königshaus, von dem sich das Heilbronner Komitee einen Zuschuss erhoffte und von dem man die Konzession erlangen musste.

Nach vier Jahren Antragsverfahren wurde am 1. Juli 1876 das Garantiegesetz beschlossen, in dem die Haftungsübernahme für die Kettenschifffahrt auf dem Neckar geregelt wurde. Dieses Gesetz sah die Übernahme einer Staatsgarantie für eine Aktiengesellschaft zur Errichtung einer Ketten- und Kabelschifffahrt auf dem Neckar durch den württembergischen Staat vor. Daraufhin sandte der Oberbürgermeister Karl Wüst ein Dankschreiben an das Innenministerium und ließ durch den Vorstand des Comités anfragen, ob die Gründung der diesbezüglichen Aktiengesellschaft vonstatten gehen könne. Die Konzession ging am 6. April 1877 ein und hatte für 34 Jahre Bestand.

Bei der Gründung der AG wurde daraufhin in einer Subscription festgelegt, das Grundkapital in Höhe von 1.800.000 Reichsmark festzulegen, wobei Aktien mit einem Nennwert à 300,- Reichsmark für die Emission freigegeben wurden. Die Stadt Heilbronn erwarb dabei 600 Aktien. Den Vorstand der Aktiengesellschaft bildeten dabei Louis Link, Oberbürgermeister Karl Wüst sowie die Herren Ammann, Zech, Meißner und Stab.

Bereits 1878 ging auf dem Neckar der erste Kettenschlepper mit neun Kähnen im Anhang auf Fahrt zwischen Mannheim und Heilbronn. Die Schleppzüge waren unter Normalbedingungen sehr leistungsstark, doch bereiteten Hoch- und Niederwasser sowie Frost und Eisgang auf dem noch nicht kanalisierten Fluss große und wiederkehrende Probleme. 1892 wurden rund 142.000 Tonnen Ladung transportiert, im Folgejahr konnten bei Niedrigwasser wegen lang anhaltender Dürre nur rund 84.000 Tonnen transportiert werden.

Eine humorvolle historische Dokumentation finden wir heute bei Mark Twain, dem berühmten Neckarreisenden: "Es war ein Schlepper, und zwar einer von sehr merkwürdigem Bau und Aussehen. Ich hatte ihn oft vom Hotel aus beobachtet und mich gefragt, wie er wohl angetrieben werde, denn offenbar besaß er keine Schraube oder Schaufeln. Jetzt kam er dahergeschäumt, machte eine Menge Lärm verschiedener Art und steigerte ihn ab und zu noch dadurch, dass er ein heiseres Pfeifen ertönen ließ."

Im Jahr 1900 wurden auch Personenboote angeschafft. Als in den 1930er Jahren die Regulierung des Flusses durch Staustufen und damit der Ausbau zur großen Wasserstraße begann, bedeutete dies das Ende der bis dato noch rentablen Neckar-Kettenschleppschifffahrt und ihre Ablösung durch große Binnenschiffe.

Literatur

  • Willi Zimmermann: Heilbronn – der Neckar: Schicksalsfluß der Stadt. Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn 1985 (Reihe über Heilbronn, 10), ISBN 3-921923-02-6

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