- Henry Wickham Steed
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Henry Wickham Steed (* 10. Oktober 1871, Long Melford, England; † 13. Januar 1956 in Wootton bei Woodstock, Oxfordshire) war ein britischer Journalist (Chefredakteur der Londoner Times) und Historiker. Er war Experte für Osteuropa und arbeitete propagandistisch sowohl im Ersten Weltkrieg (Ministry of Information (MoI)) als auch im Zweiten Weltkrieg (BBC) für die britische Regierung.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Steed war für Joseph Pulitzer als Paris-Korrespondent für die New York World tätig. Er schrieb 1913 ein Werk über Österreich-Ungarn, welches er kurz vor Kriegsausbruch beendete. In den folgenden Jahren lernte er unter anderen diverse Emigranten, wie Edvard Beneš, Tomáš Masaryk und Roman Dmowski kennen und kam zu dem Schluss, dass Österreich-Ungarn um ein rasches Ende des Ersten Weltkrieges zu erreichen, aufgelöst und seine Völker unabhängig werden sollten.
Ab 1914 war er der Leiter der Abteilung Außenpolitik bei der Times in London. Als persönlicher Bekannter von Theodor Herzl förderte er die zionistische Sache und setzte 1917/18 das publizistische Gewicht der „Times“ zur Förderung der Balfour-Deklaration ein. Zu dieser Zeit leitete er die Österreich-Ungarn-Abteilung des Direktorats für Propaganda in Feindländern des Ministry of Information im Crewe House unter Alfred Harmsworth.
Am 24. Februar 1918 sandte Harmsworth ein, bei Steed in Auftrag gegebenes Memorandum an Außenminister Balfour. Da der Versuch eines Separatfriedens gescheitert sei, heißt es darin, müsse eine Politik forciert werden, die durch Propagandatätigkeiten der Exilorganisationen eine Zerstörung des Vielvölkerstaates herbeiführen sollte. Balfour stimmte dieser neuen Politik zu, wollte aber weiterhin versuchen, durch einen Separatfrieden Kaiser Karl von Deutschland zu lösen.[1] Die offizielle Politik ermutigte daraufhin die Separatisten, doch vorerst ohne ihnen die Unabhängigkeit zu versprechen.[2]
Steed und sein wichtigster Mitarbeiter Robert William Seton-Watson stellten die Monarchie als Vasall und Besitz Deutschlands dar. Die habsburgische Dynastie sei skrupellos, man müsse die für Freiheit kämpfenden Völker unterstützen, bei einem Separatfrieden wären die Völker Zentraleuropas zur Sklaverei verdammt.[3] Steed und seine Propagandaabteilung machten die slawischen Unabhängigkeitsbewegungen der Monarchie in Großbritannien überhaupt erst populär und machten Druck auf das Foreign Office wegen der Anerkennung der Selbstbestimmungsrechte der Völker Österreich-Ungarns, nicht innerhalb der Monarchie, sondern durch deren Auflösung.[4] Selbst im August 1918 war Balfour als einziger im War Cabinet unbedingt für die Zerstörung des Vielvölkerstaates.[5]
Nach dem Krieg leitete Steed von 1919 bis 1922 die Times als Chefredakteur. Er warnte vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges schon früh vor Hitler und dessen Ambitionen. Zwischen 1937 und 1947 lehrte Steed Osteuropäische Geschichte am Londoner King’s College. Daneben war er beim BBC Overseas Service angestellt (1937–47), das zu dieser Zeit dem Ministry of Information unterstand.
Werke
- The Hapsburg Monarchy (1913) The Hapsburg Monarchy. London 1913.
- A Short History of Austria-Hungary and Poland (1914) A Short History of Austria-Hungary and Poland. London 1914.
- The Press 1938.
Literatur
- Peter Schuster: Henry Wickham Steed und die Habsburgermonarchie. Verlag Böhlau, Wien/Graz 1970, ISBN 3-205-08560-4.
Weblinks
- Campbell Stuart: Secrets of Crewe House. The story of a famous campaign. 1920 online.
Einzelnachweise
- ↑ Harry Hanak: Great Britain and Austria-Hungary during the First World War. A Study in the Formation of Public Opinion. London/New York/Toronto 1962. S. 277f.
- ↑ Harry Hanak: Die Einstellung Großbritanniens und der Vereinigten Staaten zu Österreich(-Ungarn) . In: Adam Wandruszka, Walter Urbanitsch (Hrsg.): Die Habsburgermonarchie 1848-1918. Band 6: Die Habsburgermonarchie im System der internationalen Beziehungen. 2. Teilband, Wien 1993, ISBN 3-7001-2084-2, S. 539-585; hier: S. 581.
- ↑ Arthur J. May: The Passing of the Habsburg Monarchy 1914-1918. Philadelphia 1967. Band 2: S. 533f.
- ↑ John W. Mason: The Dissolution of the Austro-Hungarian Empire, 1867–1918. London/New York 1985, ISBN 0-582-35393-9. S. 75.
- ↑ Harry Hanak: The Government, the Foreign Office and Austria-Hungary, 1914-1918. In: The Slavonic and East European Review. 47 (1969), S. 161–197, hier: S. 196.
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