- Hermine Hug-Hellmuth
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Hermine Hug-Hellmuth (* 31. August 1871 in Wien als Hermine Hug Edle von Hugenstein; † 9. September 1924 ebenda) war eine österreichische Wegbereiterin der Kinderpsychoanalyse. Als Leiterein der Erziehungsberatungsstelle in Wien setzte sie schon in den späten 10er und frühen 20er Jahren das Spielen im diagnostischen und therapeutischen Prozess ein; sie wurde von Sigmund Freud gefördert. Ihre Ermordung durch ihren Ziehsohn Rudolf erregte seinerzeit großes Aufsehen, da der Mörder die Psychoanalyse als Motiv für sein Handeln angab.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Hermines Vater Hugo Hug Ritter von Hugenstein war Oberstleutnant im Kriegsministerium (†1898), die Mutter Ludowica, geb. Leiner, Lehrerin und Musikerin, starb 1883. Im Gründerkrach von 1873 verlor die Familie Hugenstein ihr Vermögen.
Ab 1897 studierte Hug-Hellmuth an der Universität Wien Philosophie. Nach einem Wechsel ins Fach Physik schloss sie dieses Studium 1908 mit einer Promotion mit dem Titel Untersuchungen über die physikalischen und chemischen Eigenschaften der radioaktiven Niederschläge an der Anode und Kathode ab. Nach dem Tod ihrer Halbschwester Antonie 1915 nahm sich Hermine Hug-Hellmuth deren Sohnes Rudolf an. Da es Frauen seinerzeit nicht möglich war, die Vormundschaft für ein Kind zu übernehmen, wurde Isidor Sadger, ihr früherer Analytiker, als Vormund eingesetzt. Zuvor waren bereits drei andere Vormunde eingesetzt gewesen, unter ihnen der 1919 verstorbene Psychoanalytiker Victor Tausk. Das Verhältnis von Tante und Neffe war von starker Ambivalenz geprägt. Nachdem der Neffe vier Jahre bei ihr gewohnt hatte, verwies sie ihn des Hauses, da er ihr Geld gestohlen hatte [1].
Tagebuch-Skandal
1919 erschien anonym das Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens, das von Hug-Hellmuth herausgegeben wurde. In der Öffentlichkeit breit diskutiert, wurde seine Authentizität jedoch unter anderem von Charlotte Bühler angezweifelt. Es wurde nachgewiesen, dass das Tagebuch auf den Aufzeichnungen der Hug-Hellmuth selbst beruhte; sie selbst räumte ihre Autorschaft jedoch niemals ein. Das Buch, erschienen im Internationalen Psychoanalytischen Verlag, war mit einer Gesamtauflage von 10.000 Exemplaren sehr erfolgreich. 1927 wurde es aus dem Buchhandel zurückgezogen.
Todesumstände
Kurz nach Vollendung ihrer Arbeit Neue Wege zum Verständnis der Jugend wurde Hermine Hug-Hellmuth von ihrem Neffen und Ziehsohn Rudolf erdrosselt, als dieser auf der Suche nach Geld in ihre Wohnung einbrach. Er wurde zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Prozess sagte der Mörder aus, dass es einerseits um Geldforderungen, andererseits um die Beschäftigung der Hug-Hellmuth mit der Psychoanalyse gegangen sei. Die Tante habe ihn in seiner Kindheit und Jugend analysiert. Nach seiner Entlassung versuchte er, als Opfer der Psychoanalyse von der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung eine Entschädigung zu erwirken.
In der psychoanalytischen Szene führte der Mord zu großem Entsetzen. Da Hug-Hellmuth keine Ärztin war und damit als Laienanalytikerin galt, verwandten die Gegner der Laienanalyse den Mord als Argument für ihre Position.[2] Hermine Hug-Hellmuth geriet samt ihrer Arbeiten in Vergessenheit.
Die Pionierarbeiten der Hermine Hug-Hellmuth auf dem Gebiet der Kinderanalyse beruhten vielfach auf ihren Untersuchungen an ihrem Neffen, den sie "prophilaktisch" analysierte, obwohl sie eine nahe Angehörige des Kindes war. Auch Melanie Klein, die sich später als eine der Gründungsfiguren der Kinderanalyse einen Ruf erwarb, analysierte ihre eigenen Kinder. Eine derartige Vermischung von Elternschaft und Therapeut/Therapeutin ist inzwischen ein undenkbares Vorgehen.
Werke
Hermine Hug-Hellmuth: Aus dem Seelenleben des Kindes. Eine psychoanalytische Studie. - Leipzig & Wien, 1913.
Hermine Hug-Hellmuth [Hrg.]: Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig, Wien, 1919. (19212, 19223)
Hermine Hug-Hellmuth: Neue Wege zum Verständnis der Jugend. Psychoanalytische Vorlesungen für Eltern, Lehrer, Erzieher, Schulärzte, Kindergärtnerinnen und Fürsorgerinnen. Fr. Deuticke, Leipzig/Wien 1924.
Literatur
Angela Graf-Nold: Der Fall Hermine Hug-Hellmuth. Eine Geschichte der frühen Kinder-Psychoanalyse. München/Wien 1988, ISBN 3-621-26507-4.
Belege
- ↑ "--als käm ich heim zu Vater und Schwester": Lou Andreas Salomé - Anna Freud: Briefwechsel 1919-1937, Band 2
- ↑ Christian Scharfetter: Eugen Bleuler: Polyphrenie und Schizophrenie, ISBN 3-7281-3037-0, 9783728130372
Weblinks
- Literatur von und über Hermine Hug-Hellmuth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lebenslauf und Werke von Hermine Hug-Hellmuth im ARIADNE-Projekt Frauen in Bewegung der Österreichischen Nationalbibliothek
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