Induratio Penis plastica

Induratio Penis plastica
Klassifikation nach ICD-10
N48.6 Induratio Penis plastica
ICD-10 online (WHO-Version 2011)
Patient mit der Peyronie-Krankheit

Die Induratio Penis plastica (IPP, auch Peyronie-Krankheit) ist eine Erkrankung des Penis. Die Hauptursache, warum Männer ihren Urologen in diesem Zusammenhang aufsuchen, ist, dass sie bei ihrer Erektion Schmerzen oder eine „unnatürlich“ starke Biegung des Penis (ohne vorangegangene Verletzung), meist nach oben, aber auch nach unten oder einer Seite, beobachten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

François de la Peyronie, ein Arzt am Hofe von Ludwig XV., beschrieb als erster im Jahre 1743 diese Erkrankung, die seitdem als Peyronie-Krankheit oder in der medizinischen Sprache als Induratio Penis plastica (IPP) beschrieben wird. Das Phänomen wurde aber bereits in Pompeji 79 n. Chr. in Grabbeigaben und bei griechischen Skulpturen dargestellt. Im 16. Jahrhundert wurde das Krankheitsbild auch bereits von den Anatomen Fallopius und Vesalius beschrieben.[1]

Krankheitsbild

Der Penis besteht hauptsächlich aus zwei nebeneinander liegenden Schwellkörpern. Hinzu kommt ein unterer dritter, zu dem auch der Peniskopf gehört. Diese Schwellkörper sind schwammartige Hohlkörper, die bei einer Erektion mit Blut gefüllt und dadurch fest werden. Um dieses System dauerhaft zusammenzuhalten und vor den beim sexuellen Akt auftretenden Kräften zu schützen, sind die Schwellkörper von einer bindegewebigen Hülle, der sogenannten Tunica albuginea, umgeben.

Leitsymptom der Induratio Penis plastica (IPP) ist eine Entzündung unbekannter Ursache zwischen der Tunica und den oberen Schichten der Penisschwellkörper die, sollte keine Spontanheilung eingetreten sein, in einem gutartigen Tumor endet, einer umschrieben tastbaren – als Plaque bezeichneten – Verhärtung im Penis, die im erigierten Zustand eine Einziehung (Induration) des Penis bewirkt. Obwohl bereits seit dem 18. Jahrhundert bewusst als multisymptomatische Erkrankung beschrieben, wird die IPP noch heute fälschlicherweise als „krankhafte Penisverkrümmung“ bezeichnet. Der Effekt der Einziehung sind verschiedene Symptome. Neben der teils deutlichen Verkürzung kommt es am häufigsten zu einer Penisverkrümmung meist nach oben um bis zu 90 Grad. Wenn die Plaque sich mehr circumferent (den Umfang betreffend) als in Längsrichtung ausdehnt, resultieren sanduhrförmige Einschnürung oder flaschenhalsförmige Verjüngung. Je nach Umfang des betroffenen Areals können diese Symptome auch kombiniert auftreten. Die IPP kann, muss aber nicht zu (starken) Schmerzen bei der Erektion führen. Durch die Seitverdrängung und Verlagerung von Gefäßen und Nerven durch den Plaque kommt es oft entweder direkt oder mit einiger Verzögerung zu Erektionsstörungen und Gefühlsminderungen, speziell am Peniskopf. Dies führt in schweren Fällen zur Unmöglichkeit, den Geschlechtsverkehr auszuüben.

Die IPP löst durch die Dramatik ihrer Symptome und der Auswirkung auf Sexualität und Partnerschaft häufig sekundäre psychische Probleme hervor, wie z. B. nachlassendes Selbstwertgefühl, depressive Verstimmung und Reizbarkeit. 5

Da an der Übergangszone zwischen erkranktem, festen Gewebe und gesundem, flexiblen Gewebe bei jeder Erektion und insbesondere bei sexuellem Verkehr erhebliche Scherkräfte wirken, kommt es immer wieder zu kleinen Einrissen an dieser Übergangszone. Langsam und über viele Jahre wächst ein IPP-Plaque somit mechanisch weiter, also nicht etwa krankheitsbedingt.

Früher teilte man die IPP in ein akutes Stadium und ein chronisches Stadium ein. Diese Einteilung erfolgte völlig willkürlich und in Unkenntnis der genauen Abläufe der Erkrankung. Heute ist diese Aufteilung nicht mehr zu halten.

Der natürliche Verlauf ist in der überwiegenden Zahl der Fälle fortschreitend. Graduelle spontane Besserungen sind eher selten zu erwarten (etwa 20 %) und nach erfolgter endgültiger Plaquebildung nur sehr selten beschrieben.

Ursachen

Aus der Kenntnis heraus, dass die IPP in aller Regel nur ein einziges Mal im Leben eines Mannes auftritt schließt man zunehmend, dass die Ursache der Entzündung, die der besagten Narbenbildung zugrunde liegt, eine Infektion mit einem Erreger sein muss. Man geht in dieser Theorie davon aus, dass sich in der Folge Antikörper bilden und deshalb die Erkrankung nur einmal auftritt. Welcher Erreger es sein könnte, ist derzeit unbekannt.

Da die IPP nur fünf bis zehn Prozent aller Männer betrifft, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine vererbte Veranlagung zu dieser Erkrankung vor.

Patienten mit IPP haben ein leicht erhöhtes Prostatakrebsrisiko. Parallel dazu kann es zu ähnlichen Veränderungen an anderer Stelle kommen (etwa Dupuytren-Kontraktur der Hand).

Diagnose

Die Diagnose kann im Allgemeinen durch Erhebung der Krankengeschichte und Palpation der Plaque gesichert werden. Der Plaque kann mittels Ultraschall dargestellt werden. Die in früheren Jahren angewandte Röntgendarstellung der Schwellkörper mit Kontrastmittel ist medizinisch ohne zusätzlichen therapeutischen Effekt und sollte deshalb wegen der Strahlenbelastung des Penis und der Hoden unterlassen werden.

Behandlung

Konservative Behandlung

Die nicht-operative Therapie der Induratio Penis plastica gestaltet sich generell als schwierig. Problematisch ist, dass die meisten Patienten den Beginn der eigentlichen Erkrankung nicht bemerken und sich erst an ihren Urologen wenden, wenn sie Verhärtungen im Penis verspüren. Diese Verhärtungen stellen allerdings bereits den Endzustand der Erkrankung dar. An dieser Stelle ist das Ursprungsgewebe untergegangen, und es hat sich eine Narbe gebildet. Das heißt, eine Therapie mit Medikamenten hätte weit vor diesem Zustand einsetzen müssen. Bis heute ist der Auslöser der IPP unbekannt. Die Erfolge der derzeit zur Verfügung stehenden medikamentösen Therapieversuche sind deshalb unbefriedigend.

In der Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes vom 2. Februar 2007 haben Klotz/Mathers/Somme die gängigsten Behandlungsmethoden rückwirkend betrachtet und kommen zu folgendem Schluss:[2]

  • Medikamentöse Therapie: „[…] konnte in einer placebokontrollierten Studie kein Effekt […] nachgewiesen werden“ sowie „Die klinischen Endpunkte waren somit negativ“.
  • Stoßwellentherapie: „Trotz der raschen Verbreitung dieser Therapie konnte in prospektiven und randomisierten Studien kein Effekt […] nachgewiesen werden….“
  • Radiotherapie: „Die Ergebnisse ähneln denen der extrakorporalen Stoßwellentherapie […], so dass diese Therapie nicht empfohlen werden kann.“ Hier ist noch anzufügen, dass eine erhebliche Strahlenbelastung des Patienten auftritt.

Die Autoren Klotz/Mathers/Sommer kommen zu dem Schluss, dass nach Ablauf der ersten sechs Monate, in denen der Patient auf eine Spontanheilung hoffen darf, die operative Behandlung die einzig erfolgsversprechende ist. Zum selben Schluss kommt eine Klinik der Urologie in Frankfurt-Höchst im Jahr 2006.[3]

Operative Behandlung

Eine Operation sollte nicht innerhalb der ersten sechs Monate nach Erstauftreten erfolgen, da dann die Gefahr des Auftretens weiterer Plaques besteht. Diese sechs Monate sind nicht als absolut zu betrachten. Sie wurden in den 1960er Jahren willkürlich festgelegt und tragen der Tatsache Rechnung, dass es sich bei der IPP um eine gutartige Erkrankung handelt und insofern ein großzügiger Sicherheitsabstand dem Patienten nicht schadet. Dies ist bei vorliegenden Schmerzen oder starkem Leidensdruck allerdings relativ zu sehen.

Die operative Therapie teilt sich in einfachere Verfahren – die nicht den Erkrankungsherd selbst entfernen, sondern eines der möglichen Symptome behandeln – und komplexere Verfahren zur Behebung der Ursache.

Ein-Symptom-Behandlungen

  • Nesbit-Technik: Diese Technik dient der Begradigung des Penis bei vorliegender Penisverkrümmung. Bei dieser seit 1965 bestehenden Technik wird der kranke Anteil belassen und die gesunde Gegenseite geschädigt (verkürzt, dupliziert), um den Penis wieder zu begradigen. Es wird mittels Raffnaht ein künstlicher Plaque auf der dem Erkrankungsherd gegenüberliegenden Seite geschaffen. Beide Penisseiten sind somit gleichmäßig verkürzt und der Penis erigiert wieder gerade. Je nach Verkrümmungswinkel und Ausgangslänge resultiert eine Penisverkürzung bis zu 8 cm und nicht selten Schmerzen an der Raffnaht. Vor Durchführung dieser Technik muss also zusammen mit dem Patienten objektiv diskutiert werden, ob die zwangsläufige Penisverkürzung mit möglichen Schmerzen bei Erektion gegenüber der Verkrümmung eine Verbesserung darstellen würde.
  • Plaque-Trennschnitte: Bei diesem Verfahren, auch Incisions-Technik oder Technik des Ausdünnens genannt, wird der Plaque nicht entfernt, sondern lediglich eingeschnitten und mit Ersatzgewebe (Beinvene, Kollagenmaterial) gedeckt. Dieses Verfahren eignet sich als Alternative gegenüber der vollständigen Entfernung des Plaques bei sehr weichen Plaques bei jungen Patienten. Es besteht die Gefahr, dass die Plaqueränder wieder zusammenwachsen und es erneut zur Verkrümmung kommt.

Entfernung des IPP-Plaques

Plaqueentfernung: Dieses hochkomplexe, rekonstruktive Verfahren besteht seit 1941. Der IPP-Plaque wird entfernt und der beschädigte Schwellkörper wieder aufgebaut. Im Gegensatz zu der beschriebenen Nesbit-Technik kommt es nicht zu nennenswerter Penisverkürzung bei der Verkrümmungskorrektur. Es ist das bislang einzige Verfahren, welches in der Lage ist, alle möglichen IPP-Symptome zu beheben. Seit ca. 15 Jahren wird zur Rekonstruktion in darauf spezialisierten Zentren biokompatibles Kollagen eingesetzt, welches der Körper komplett in neues Schwellkörpergewebe umbaut. Es bietet gegenüber dem früheren Einsatz von Eigengewebe erhebliche Vorteile. Dieses hochkomplexe, mikrochirurgische Verfahren kann aufgrund des Schwierigkeitsgrades und der hohen Anforderungen an den Operateur nur von wenigen Zentren weltweit mit ausreichender Erfahrung angeboten werden. Im Gegensatz zu den einfacheren Ein-Symptom-Techniken ist die Plaque-Entfernung aufgrund der viel höheren Aufwandes für die durchführende Klinik unwirtschaftlich und unrentabel, so dass sich diese an sich optimale Technik nicht im Allgemeinen Gesundheitssystem durchsetzen konnte.

Eine operative Therapie sollte immer die Entfernung des Plaques und die nachfolgende vollständige Wiederherstellung der Funktion mittels geeignetem Transplantats als Ziel haben. Eine andere effektive Therapie der chronischen IPP gibt es bislang nicht.

Einzelnachweise

  1. a b induratio.com
  2. Klotz, Theodor; Mathers, Michael J.; Sommer, Frank: Induratio penis plastica – eine verschwiegene Erkrankung. Dtsch Arztebl 2007; 104(5): A-263 / B-234 / C-229
  3. thieme-journal 2006, DOI: 10.1055/s-2006-947477

Literatur

  • William P. Fitch u.a.: Topical Verapamil HCl, Topical Trifluoperazine, and Topical Magnesium Sulfate for the Treatment of Peyronie's Disease— A Placebo-Controlled Pilot Study. In: The Journal of Sexual Medicine. Volume 4, Number 2, März 2007 , S. 477-484(8).
  • Laurence A. Levine (Hrsg.): Peyronie's Disease: A Guide to Clinical Management (Current Clinical Urology). Springer Verlag, 2007.

Weblinks

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