Institutioneller Rassismus

Institutioneller Rassismus

Als institutioneller Rassismus (auch: struktureller Rassismus) werden Rassismen bezeichnet, die von Institutionen der Gesellschaft, von ihren Gesetzen, Normen und internen Logik ausgehen. Er kann als ein Gegensatz zum personellen Rassismus verstanden werden, der sich beispielsweise im alltäglichem Rassismus und im Rechtsextremismus in Vorurteilen oder Gewalt ausdrückt.

Institutionellen Rassismus erfahren Menschen durch Ausgrenzung, Benachteiligung oder Herabsetzung in gesellschaftlich relevanten Einrichtungen wie beispielsweise:

  • bei der politische Beteiligung (Wahlrecht, Fehlende Repräsentanz in politischen Einrichtungen)
  • im Bildungssystem
  • auf dem Arbeitsmarkt,
  • auf dem Wohnungsmarkt

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Begriff wurde erstmals 1967 von Stokely Carmichael und Charles V. Hamilton in "Black Power" verwendet, einem grundlegenden Werk der Schwarzenbewegung. Da dieser Form von Rassismus nicht unbedingt ein Rassebegriff zugrunde liegt, kann hierbei oft auch von einem Rassismus ohne Rassen gesprochen werden. Die Psychologin Ute Osterkamp stellt fest, „dass rassistische Denk- und Handlungsweisen nicht Sache der persönlichen Einstellungen von Individuen, sondern in der Organisation des gesellschaftlichen Miteinanders verortet sind, welche die Angehörigen der eigenen Gruppe systematisch gegenüber den Nicht-Dazugehörigen privilegieren."[1]

Studien

In ihrer Untersuchung über institutionelle Diskriminierung haben Mechthild Gomolla und Frank-Olaf Radtke festgestellt, dass schlechtere Deutschkenntnisse von Migrantenkindern in Deutschland häufiger dazu führen, dass diese unangemessen in Sonderschulen eingewiesen werden, eine Schulform die in der Regel schlechtere Voraussetzungen für das spätere Leben schafft. Auch bei der Schullaufbahnempfehlung (also die Grundlage für den Übergang in die Sekundarschule) werden sie aufgrund der institutionellen Logik tendenziell schlechter gestellt.[2]

Intersektionelle Unterschiede

Laut Cátia Candeias zeigten sich Unterschiede, wenn die Überschneidungen (Fachbegriff: Intersektionen) von Rassismus und Geschlecht betrachte. Männer erführen eher eine Institutionalisierte Diskriminierung, Frauen eher eine interpersonelle Diskriminierung.[3]

Institutioneller Rassismus in der BRD

2009 besuchte der Sonderberichterstatter zu Rassismus der United Nations Githu Muigai Deutschland und bemängelte bei Politik und Gesellschaft Defizite im Kampf gegen den Alltagsrassismus. So werde in Deutschland immer noch Rassismus mit Rechtsextremismus gleichgesetzt und damit nicht ausreichend wahrgenommen. Hier seien ähnliche Mängel wirksam wie beim institutionellen Rassismus in Deutschland: „Polizei, Behörden und Gerichte müssen noch einiges tun“.[4] Als einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnete der UN-Sonderberichterstatter die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Das Gesetz sei jedoch noch reformbedürftig.[4] Muigai kritisierte auch die bessere personelle Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.[4] Kritisiert wurde auch die geringe Präsenz von People of Colour im öffentlichen Leben der Republik und ihre geringe politische Teilhabe.[4] Ein ausführlicher Bericht soll 2010 vorgestellt werden. Mit Muigai besuchte nach 14 Jahren zum ersten Mal wieder ein UN-Sonderberichterstatter zu Rassismus die BRD.[4]

Siehe auch

Literatur

  • M. Gomolla, F.-O. Radtke: Institutionelle Diskriminierung. Die Herstellung ethnischer Differenz in der Schule, Opladen: Leske + Budrich, 2002, ISBN 3-8100-1987-9.
  • Mechthild Gomolla: Schulentwicklung in der Einwanderungsgesellschaft. Strategien gegen Diskriminierung in England, Deutschland und in der Schweiz Waxmann Verlag, Münster 2005. ISBN 3-8309-1520-9
  • U. Osterkamp: Rassismus als Selbstentmächtigung, Hamburg: Argument, 1996.

Einzelnachweise

  1. U. Osterkamp: Rassismus als Selbstentmächtigung, Hamburg: Argument, 1996, S.201
  2. M. Gomolla, F.-O. Radtke: Institutionelle Diskriminierung. Die Herstellung ethnischer Differenz in der Schule, Opladen: Leske + Budrich, 2002, S.270ff
  3. Cátia Candeias: Institutionelle Diskriminierung: Die rechtliche Stellung der Migrantinnen[1]
  4. a b c d e UN kritisiert Alltagsrassismus. Von Sabine am Orde. taz 1. Juli 2009 [2]

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