Internationale Kindesentführung

Internationale Kindesentführung
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Internationale Kindesentführung durch einen Elternteil ist die Entführung oder das widerrechtliche Zurückhalten eines Kindes durch einen Elternteil im Ausland. Neben dem Begriff Kindesentführung werden auch die Begriffe Kindesentziehung oder Kindesmitnahme verwendet. Formal handelt es sich bei diesem Tatbestand (Entziehung Minderjähriger) um eine Sorgerechtsverletzung des jeweils anderen Elternteils.[1]

Internationale Kindschaftskonflikte - Wenn Kinder vom einen Elternteil ins Ausland entführt werden

Inhaltsverzeichnis

Begriffsabgrenzung

Die Begriffe Kindesentführung, Kindesmitnahme, Kindesentzug unterscheiden sprachlich die Entführung durch einen fremden Täter (Entführung) von der Tat eines Elternteils, der im Zusammenhang mit familiären Krisen und Konflikten das gemeinsame Kind ins Ausland bringt (Kindesentzug und Kindesmitnahme). Eine Kindesmitnahme oder ein Kindesentzug erfüllen jedoch ebenfalls den Tatbestand einer Kindesentführung und ziehen daher auch die entsprechenden strafrechtliche Konsequenzen nach sich.[1]

Bei elterlicher Kindesentführung spricht man von folgenden "Akteuren":

  • das entführte/widerrechtlich zurückgehaltene Kind (engl. aducted child)
  • der entführende Elternteil (engl. taking parent) und
  • der zurückgebliebene Elternteil (engl. left-behind parent).

Während elterliche Kindesentführung innerhalb einer gleichen Stadt/Gemeinde oder Region (also innerdeutsch) stattfinden kann, so versteht man unter internationaler Kindesentführung das Verbringen eines Kindes ins Ausland. Die Rückführung von Kindern aus dem Ausland gestaltet sich nicht selten schwierig, da in diesen Fällen mehr als ein rechtsstaatliches System beteiligt ist. Kinder aus binationalen Ehen/Partnerschaften, haben ein größeres Risiko von einem Elternteil ins Ausland entführt werden.

Elterliche Kindesentführung ist ein klarer Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention:[2]

  • Artikel 9 der Konvention legt fest, dass die Vertragsstaaten sicher stellen sollen, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, es sei denn, dass die zuständigen Behörden in einer gerichtlich nachprüfbaren Entscheidung nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften und Verfahren bestimmen, dass diese Trennung zum Wohl des Kindes notwendig ist. Eine solche Entscheidung kann im Einzelfall notwendig werden, wie etwa wenn das Kind durch die Eltern misshandelt oder vernachlässigt wird oder wenn bei getrennt lebenden Eltern eine Entscheidung über den Aufenthaltsort des Kindes zu treffen ist.
  • Artikel 11 der Konvention beschreibt, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen gegen die rechtswidrige Verbringung von Kindern ins Ausland und die rechtswidrige Nichtrückgabe zu bekämpfen.
  • Zusammenfassend bedeutet dies: "Kinderrechte sind Menschenrechte" [3], womit Kinder das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen haben.

Eine Kindesentführung kann zu Eltern-Kind-Entfremdung führen. Elterliche Kindesentführung widerspricht den ethischen Grundvorstellungen, die dem Kind Geborgenheit, Liebe, Verständnis und Zuneigung beider Elternteile ermöglichen sollen. Dagegen wird durch den entführenden Elternteil das Kind als sein eigener Besitz angesehen und es wird grob die Menschenwürde des Kindes verletzt. Kinder sind Schutzbefohlene und benötigen die Unterstützung beider Elternteile. Auch wenn eine Partnerschaft bzw. Ehe endet, endet nicht die Verantwortung als Elternteile.

Strafrecht

Nach § 235 StGB [4] kann Kindesentführung in Deutschland mit bis zu 5 Jahren Strafe bewährt werden. Die strafrechtliche Verfolgung erfolgt auf Antrag oder bei Vorhandensein eines öffentlichen Interesses. Jedoch zeigt die derzeitige Praxis, dass deutsche Staatsanwaltschaften sehr zögerlich mit diesem Thema umgehen. Meist werden die Fälle nach kurzer Zeit eingestellt, wenn der Beschuldigte oder die Beschuldigte seit längerer Zeit außer Landes sind. Besonders schwer ist es, einen internationalen Haftbefehl zu erlangen.[5]

Ursachen

Häufigste Ursachen für internationale Kindesentführung sind:

  • Der entführende Elternteil versucht im Rahmen einer Trennung/Scheidung/Sorgerechtsstreit einen Vorteil zu schaffen und stellt somit dem zurückgebliebenen Elternteil vor vollendete Tatsachen.
  • Ein Elternteil verweigert die Rückgabe des Kindes nach der Ausübung des Besuchsrechts.
  • Ein Elternteil flüchtet, um den anderen Elternteil am Besuchsrecht zu hindern.
  • Der entführende ausländische Elternteil hat Furcht davor, dass er Nachteile in einem Sorgerechtsstreit haben könnte und sieht sich im eigenen Land im Vorteil.
  • Der entführende ausländische Elternteil hat besondere Bindungen zu seinem Heimatland.

Prävention von Kindesentführung

Vor einer Kindesentführung wird die Absicht in manchen Fällen durch einen Elternteil unterschwellig angedeutet oder gar ausdrücklich erklärt. Solche Hinweise sollten ernst genommen werden. Die Ausführung der Straftat wird erschwert, indem die Reisedokumente des Kindes sicher aufbewahrt und das alleinige Sorgerecht beim zuständigen Familiengericht erwirkt wird. Ergänzend ist eine Registrierung gefährdeter Kinder bei den Grenzbehörden möglich, um die Ausreise zu verhindern. Zudem kann die Botschaft des Heimatlandes des drohenden Elternteils informiert werden, mit der Bitte, den Kindern keine Pässe auszustellen. [6]

Maßnahmen nach erfolgter Kindesentführung

Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ)

Das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980[7] hat das Ziel, Kinder vor den schädlichen Folgen einer Entziehung oder Zurückhaltens über internationale Grenzen hinweg zu beschützen, indem dieses multilaterale Abkommen Verfahren anwendet, die die unverzügliche Rückführung anordnen. Das Abkommen schreibt vor, dass die Vertragsstaaten innerhalb von 6 Wochen eine Rückführung anordnen müssen. Der Antrag auf Rückführung muss innerhalb eines Jahres nach Verbringen des Kindes ins Ausland gestellt werden. Andernfalls kann die Rückführung mit der Begründung abgelehnt werden, dass das Kind sich in die neue Umgebung eingelebt habe. Entscheidend für den HKÜ-Antrag ist, wie die Sorgerechtsverhältnisse vor der Entführung waren und ob das entführte Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Land hatte, von wo es entführt wurde. Im Rahmen des Rückführungsverfahren kann das ausländische Gericht eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung nach Artikel 15 des HKÜ-Abkommens verlangen. Diese Bescheinigung wird kostenlos durch die jeweiligen Familiengerichte an den Amtsgerichten ausgestellt.

Die Antragsstellung erfolgt über die Zentrale Behörde in Bonn. Der Antrag ist in Deutsch und in der Sprache des jeweiligen ersuchten Landes zu stellen. Die Formulare sind in zahlreichen Sprachen vorhanden.[8] Neben dem HKÜ gibt es europäische Rechtsvorschriften, die für die betroffenen Elternteile deutliche Erleichterungen in der Lösung eines internationalen Kindschaftskonfliktes bedeuten. Am 1. März 2005 trat die sogenannte Brüssel II a-Verordnung der Europäischen Union in Kraft.

Zusammenfassend sind es drei Grundsäulen des internationalen Familienrechts:[9]

  • das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (BGBl. 1990 II S. 207) - im Folgenden: Haager Kindesentführungsübereinkommen - HKÜ,
  • das Luxemburger Europäische Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses (BGBl. 1990 II S. 220) - im Folgenden: Europäisches Sorgerechtsübereinkommen - ESÜ,
  • die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in den Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. EU Nr. L 338 S. 1) - im Folgenden: Brüssel II a-Verordnung.

Strafanzeige

Das HKÜ-Verfahren ist ausschließlich ein zivilrechtliches Verfahren. Jedem Betroffenen steht frei, eine Strafanzeige zu machen. Jedoch könnte dies in dem Rückführungsverfahren nachteilig sein. Es besteht die Gefahr, dass nach etwaiger Rückführung des Kindes der entführende Elternteil noch einer Strafverfolgung ausgesetzt wird und eventuell dadurch sein Umgangsrecht nicht ausüben kann. Weiterhin wird eine gütliche außergerichtliche Einigung im Rahmen eine Mediation nicht ermöglicht. Eine Strafanzeige sollte nur im äußersten Falle gemacht werden, wenn ersichtlich ist, dass der entführende Elternteil sich den Verpflichtungen aus dem Abkommen entzieht und mit dem Kind untertaucht.

Im Falle einer Strafverfolgung werden gegebenenfalls folgende Fahndungsmaßnahmen ergriffen:[10]

  • Interpol-Rotecke (engl. Red Notice): Hier wird der entführende Elternteil über Interpol zur Fahndung aufgeschrieben. Die Rotecke stellt ein Auslieferungsersuchen dar. Im Rahmen des zivilrechtlichen Rückführungsverfahren kann aus den oben genannten Gründen der internationale Haftbefehl ausgesetzt werden. Man spricht hier von einer "safe harbour order".[11] Hiermit wird dem entführenden Elternteil das Besuchs- und Umgangsrecht mit dem Kind nach der Rückkehr in das ersuchende Land ermöglicht.
  • Interpol-Gelbecke (engl. Yellow Notice): Diese dient zur Lokalisierung und Ingewahrsamnahme des vermissten Kindes.

Suche nach vermissten Kindern bei unbekanntem Aufenthaltsort

Ein großer Albtraum für alle Betroffene ist, wenn der Aufenthaltsort des entführten Kindes unbekannt ist.
Verschiedene Anlaufstellen bieten betroffenen Elternteile Unterstützung:

  • Internationale Suchseiten von vermissten Kindern (zum Beispiel: Vermisste Kinder)
  • Kontaktaufnahme mit dem BKA-Verbindungsmann sowie der Rechtsabteilung der Deutschen Botschaft im Ausland
  • Staatsanwaltschaft: Ausschreibung des Kindes zur Fahndung (Gelbecke)
  • Age Progession: Sind seit der Entführung mehrere Jahre vergangen, kann über eine Bildbearbeitungssoftware
    das Aussehen eines Kindes auf das heutige Alter angepasst werden.[12]
  • Internationale Sozialdienste[13] oder kirchliche Organisationen (z.B. Vatikan) können unter Umständen behilflich sein.

Beantragung des alleinigen Sorgerechtes / Aufenthaltbestimmungsrecht

Die Beantragung des alleinigen Sorgerechts oder Aufenthaltsbestimmungsrechtes stärkt die Verhandlungsposition. Im Rahmen dieser Sorgerechtsverfahren, die auch bei Abwesenheit des entführenden Elternteils über eine öffentliche Zustellung geführt werden, erlassen die Familiengerichte auf Antrag einen Herausgabebeschluss.

Fälle von internationale Kindesentführungen in den Medien

Das Thema Internationale Kindesentführung wird aktuell zunehmend auf die Agenda der Medien gesetzt, da sich mehr und mehr Fälle in Deutschland ereignen:[14]

  • Guatemala: Fall Luna Tinnemann[15]
  • Jordanien: Fall Laura Bihl[16]
  • Tunesien: Fall Amin und Sofian Rajah[17]
  • Tunesien: Fall Faris Kranz - (Rückführung war erfolgreich)[18]
  • Afghanistan: Fall Timur [19]
  • Spanien: Rückführung von zwei Kindern aus Spanien ins schwäbische Burladingen[20]

Am Tag der vermissten Kinder erhalten die Betroffenen besondere Aufmerksamkeit durch die Medien.

Politische Reaktionen

"1000 bis 1500 Kinder werden jedes Jahr entführt, knapp die Hälfte davon in Länder, deren Regierungen die Haager Konvention zur Kindesentführung nicht unterzeichnet haben. Das sind vor allem arabische Länder in denen nur in etwa zehn Prozent dieser Fälle eine Rückführung erfolgreich ist (Einschätzung von Christiane Hirts, Direktorin des europäischen "Committee for Missing Children").[21]

Durch das politische Engagement von Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck kam Ende November 2008 eine Kindesrückführung aus Tunesien zustande.[22] Die zurückgebliebene Kindesmutter und das entführte Kind kamen aus ihrem Wahlkreis. Im Januar brachte Beck das Thematik bei der 77. Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe an in die Tagesordnung: "Unterrichtung durch die Bundesregierung zum Umgang mit Fällen entführter Kinder deutscher Staatsangehörigkeit im Ausland"[23]

Ende März 2009 fand im Rahmen der Haager Konferenz für internationales Privatrecht die dritte Maltakonferenz statt: "Third Malta Judicial Conference on Cross-Frontier Family Law Issues, hosted by the Government of Malta in collaboration with the Hague Conference on Private International Law St. Julian’s (Malta)"[24]. Die Konferenz setzte im Rahmen des "Malta-Prozesses" den Dialog fort, der im März 2004 mit der ersten Konferenz begann und die zweite Konferenz im März 2006 folgte. In der "Malta-Deklaration" wurden Beschlüsse und Empfehlungen festgehalten. Die thematische Fokusierung bestand darin, den Kontakt zwischen Kindern und Elternteilen, die in verschiedenen Ländern wohnen, sicherzustellen sowie auf die Probleme der elterlichen Kindesentführungen zwischen den Ländern einzugehen.

Länder, die an der Malta-Konferenz teilnahmen waren Australien, Bangladesh, Belgien, Kanada, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Indien, Israel, Jordanien, Malaysia, Malta, Morokko, Niederlande, Oman, Pakistan, Qatar, Spanien, Schweden, Sschweiz, Tunesien, Turkei, Grossbritannien und die USA.

Hilfe für zurückgebliebene Elternteile

Nach einer erfolgten Kindesentführung sind die zurückgebliebenen Elternteile zunächst mit all ihren Sorgen und Nöten überfordert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es kaum eine geeignete Organisation in Deutschland gibt, die konsequent den betroffenen Elternteile hilft. Meist sind die Betroffenen auf sich alleine gestellt. Die Initiative Auslandsliste - binationale Sorgerechtsprobleme bietet den Betroffenen ein Forum, um sich gegenseitig auszutauschen.[25]

Neben dem anstrengenden Rückführungsverfahren sind die Betroffenen mit vielen bürokratischen Dingen beschäftigt:

  • Kindergeld, das zu Unrecht von der Familienkasse gestrichen wird
  • Widerrechtliche Abmeldung des entführten Kindes beim Einwohnermeldeamt
  • Sonstige steuerrechtliche und gebührenrechtliche Problematiken
  • Probleme mit der Staatsanwaltschaft bezüglich Strafanzeige und internationaler Haftbefehl
  • Probleme im Rahmen des HKÜ-Verfahrens
  • Juristische Probleme

Kindergeldanspruch bei vermissten Kindern

Die Familienkassen sind schnell dabei dran, das Kindergeld zu streichen, wenn das Kind sich im Ausland befindet. Jedoch ist diese Streichung widerrechtlich. Viele Familienkassen kennen die gesetzliche Sachlage nur unzureichend. Jedoch gelten hier Sonderregeln:

  • Die Familienkasse Nagold [26] schreibt: „Bei einer widerrechtlichen Kindesentziehung gelten jedoch Besonderheiten (BFH-Urteile vom 19.03.2002 VIII R52/01; vom 30.10.2002 VIII R86/00). Bei Entführung des Kindes ins Ausland kommt es nur zur Beendigung des inländischen Wohnsitzes, wenn die Umstände darauf schließen lassen, dass das Kind nicht zurückkehren wird. Auch bei längerer Abwesenheit des Kindes bleibt der inländische Wohnsitz und damit die Zugehörigkeit zum Haushalt des inländischen Elternteils erhalten, wenn dieser umgehend die erforderlichen Schritte für die Rückführung des Kindes einleitet und die sonstigen Umstände eine Rückkehr des Kindes erfolgsversprechend erscheinen lassen.“ Das Wort „erfolgsversprechend“ ist ein dehnbarer Begriff, bei dem sich die Frage stellt, ob HKÜ-Verfahren erfolgsversprechender sind als Verfahren bzw. eigenständige Bemühungen mit HKÜ-Nicht-Vertragsstaaten (wie z.B. Ägypten oder Tunesien). Aber auch bei HKÜ-Nicht-Vertragsstaaten gilt die UN-Kinderrechtskonvention, die die Kindesentführung verurteilt und eine sofortige Rückführung fordert.
  • Laut "Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) Stand August 2004" (Seite 15)[27] haben Eltern das Recht auf Kindergeld, solange das Kind als vermisst gilt. Diese Regelung gilt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
  • Zusammenfassend gilt: Auch wenn das Kindergeld nicht direkt dem Kind zugute kommt, bietet es dem zurückgebliebenen Elternteil eine finanzielle Grundlage, um das kostenintensive Rückführungsverfahren voranzutreiben.

Einwohnermelderecht bei vermissten Kindern

Nach § 11 BGB "Wohnsitz des Kindes" gilt folgendes: "Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem dieses Recht zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt." Folglich muss das entführte Kind bei dem zurückgebliebenen Elternteil weiterhin angemeldet bleiben. Oft argumentieren die Einwohnermeldebehörden mit dem Einwohnermelderecht der jeweiligen Bundesländer (Meldegesetz), was Ländersache ist. Jedoch steht das BGB über den Ländermeldegesetzen.

Im Übrigen hat der Bundesfinanzhof für einen Entführungsfall entschieden, daß es bei der Kindergeldberechtigtung, die ja an das Zusammenleben mit dem Elternteil gebunden ist, die Kindergeldbezugsberechtigung bleibt (vgl. FamRZ 2002, 1558 = BFH/NV 2002, 1148 = HFR 2002, 1025). Was der BFH für das Kindergeld entschieden hat, gilt natürlich in gleicher Weise für die Meldung gem. MRRG und Meldegesetz des Landes. Wenn die Meldebehörde das nicht macht, bleibt jedem Betroffenen der Rechtsweg auf der Verwaltungsgerichtsebene mit Verweis auf die BFH-Entscheidung offen.

Administrative Folgen einer Anmeldung eines Kindes beim Einwohnermeldeamt:

  • Schulbehörde: Ist das vermisste Kind im Schulalter oder wird es demnächst eingeschult, muss die Schulbehörde gesondert informiert werden, dass sich das Kind derzeit nicht im Inland befindet.
  • Abfallwirtschaftsbetrieb: Die Abfallentsorgungsgebühren, die nach der Anzahl der Personen im Haushalt gezählt wird, reduzieren sich gegebenenfalls, da das vermisste Kind nicht in der Zeit der ungewollten Abwesenheit zum abfallerzeugenden Haushalt gezählt werden kann.

Steuerrecht bei vermissten Kindern

Die zurückgebliebenen Elternteile haben das Recht auf einen Freibetrag für Alleinerziehende, solange das vermisste Kind beim zurückgebliebenen Elternteil weiterhin einwohnermelderechtlich angemeldet bleibt. Weiterhin können bei der Jahreseinkommenssteuererklärung die Kosten im Rahmen des Rückführungsverfahren (Rechtskosten, Reisekosten, etc.) als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.[28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Auszug aus dem Buch Tennung und Scheidung binationaler Paare. Ein Ratgeber. Hrsg. Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., Verlag Brandes & Apsel; siehe hierzu: http://www.verband-binationaler.de/kindesmitnahme/kindesmitnahmedruck.htm
  2. www.national-coalition.de: UN-Kinderrechtskonvention, pdf
  3. siehe hierzu das Logo der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland: http://www.national-coalition.de
  4. dejure.org: §235 StGB, [1]
  5. Erfahrungen eines zurückgebliebenen Elternteils
  6. www.verband-binationaler.de: Kindesmitnahme", hier online; zuletzt eingesehen am 18. April 2009
  7. http://hcch.e-vision.nl/upload/text28d.pdf
  8. www.bundesjustizamt.de: HKÜ-Antragstellung, hier online; zuletzt eingesehen am 18. April 2009
  9. www.bundesjustizamt.de: HKÜ-Allgemeinhinweise, hier online; zuletzt eingesehen am 18. April 2009
  10. Bundeskriminalamt - Thema Interpol, siehe hierzu auch: Interpol Notices (engl.)
  11. www.vaeterfuerkinder.de: Kindesentführung bei Trennung/Scheidung hier online; zuletzt eingesehen am 21. April 2009
  12. www.missingkids.com: Age Progession of Children - National Center for Missing & Exploited Children hier online; zuletzt eingesehen am 19. April 2009
  13. Zum Beispiel: http://www.iss-ger.de/: ISD Internationaler Sozialdienst
  14. spiegel.de: "Ich will doch nur meinen Sohn zurück", hier online; zuletzt eingesehen am 19. April 2009
  15. http://www.luna-tinnemann.org: ZDF-Mediathek, hier online
  16. http://www.wz-newsline.de: "Wuppertaler entführt seine Tochter (8) nach Jordanien", hier online; zuletzt eingesehen am 19. April 2009
  17. spiegel.de: "Holen Sie die mit Gewalt", hier online; zuletzt eingesehen am 18. April 2009
  18. www.sueddeutsche.de: Verschleppte Kinder - machtlose Mütter, hier online; zuletzt eingesehen am 18. April 2009
  19. www.sueddeutsche.de: Ende einer Odyssee hier online; zuletzt eingesehen am 19. April 2009
  20. Artikel aus dem Schwarzwälder Boten vom 07. März 2009: Väter holen Benni und Michelle heim hier online; zuletzt abgerufen am 18. April 2009
  21. http://www.sueddeutsche.de/politik/190/345029/text/
  22. http://www.sueddeutsche.de/politik/190/345029/text/
  23. http://www.bundestag.de/ausschuesse/a17/tagesordnungen/archiv/a17_to77.pdf
  24. http://www.hcch.net/index_en?act=events.details&year=2009&varevent=161
  25. Initiative Auslandsliste -binationale Sorgerechtsprobleme
  26. Anmerkung: Schreiben an einen zurückgebliebenen Elternteil
  27. www.bzst.bund.de: Dienstanweisung-FamESt 2004, pdf
  28. Gemäß Erfahrung eines Betroffenen
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