Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten

Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten

Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten e.V. (MiKK e.V.) ist ein gemeinnütziger Verein, der bei grenzüberschreitenden Kindesentführungen sowie Umgangs- und Sorgerechtskonflikten beratend und vermittelnd tätig ist.

Logo des Vereins MiKK e.V.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines zu Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten

Ausgangslage

Im Zuge der Globalisierung gibt es immer mehr binationale Partnerschaften. In der Folge nehmen auch internationale Kindschafts- und Trennungskonflikte zu, die im Vergleich zu üblichen Scheidungs- oder Trennungsstreitigkeiten ein ganz besonderes Konfliktpotenzial aufweisen. Über die üblichen Enttäuschungen und Ängste hinaus, stehen ganz existenzielle Fragen im Raum: In welchem Land werden wir leben? Ist eine gemeinschaftlich ausgeübte Elternschaft auch über Landesgrenzen hinweg möglich? Und wenn ja, wer trägt die Kosten dafür? Nicht selten kehrt ein Elternteil in sein Heimatland zurück und nimmt das Kind ohne Erlaubnis des anderen Elternteils mit. Das dann folgende (besonders beschleunigte) Gerichtsverfahren nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) befasst sich jedoch nur mit der Thematik der Rückführung, nicht aber mit den weiteren die Zukunft der Familie betreffenden Fragen. Insbesondere ist der Fokus nicht auf das Kindeswohl gerichtet. In dieser Situation liegt der Vorteil einer Mediation darin, dass die Gefühls- und Interessenlage der Eltern und vor allem der Kinder Berücksichtigung findet. In vielen Fällen kommt es zu einer Einigung, die weit über die Beilegung der momentanen Konfliktsituation hinausgeht [1].

Besonderheiten für das Mediationsverfahren

Internationale Kindschaftsmediationen laufen anders ab als die übliche Scheidungs- oder Trennungsmediation. Das liegt zunächst an der oben geschilderten existenziellen Konfliktlage und dem damit verbundenen erhöhten Konfliktpotenzial. Zudem finden diese Mediationen häufig unter enormen Zeitdruck statt, beispielsweise während einer der Partner für kurze Zeit zur Gerichtsverhandlung in das Land reist, in das das Kind entführt wurde. Der enge juristische Rahmen, gepaart mit einem häufig äußerst unterschiedlichen Rechtsempfinden der Medianten, schafft zusätzlichen Druck auf alle Parteien [2].

Für den Ablauf der Mediation bedeutet das: Es finden meist mehrstündige Sitzungen an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen statt. Die Technik der Verlangsamung ist daher nur eingeschränkt einsetzbar. Einzelsitzungen werden öfter als üblich nötig, um die Parteien in ihrer Notlage emotional aufzufangen und verschiedene Lösungswege durchzuspielen. Nicht selten wird das Setting durch das Hinzuziehen von Dolmetschern verändert.

Auch die Interkulturalität des Konflikts spiegelt sich in der Mediation wider. Unterschiedliche Auffassungen von Recht und Gerechtigkeit, Familienplanung, Kindererziehung oder auch die Art und Weise sich zu streiten, bergen eine hohe Gefahr von Missverständnissen. Es empfiehlt sich daher eine Co-Mediation nach den Grundsätzen der Breslauer Erklärung zur binationalen Kindschaftsmediation von 2007 [3]. Dabei sollen die Mediatoren möglichst die gleiche nationale Herkunft wie die beiden Elternteile haben, also z.B. ein deutscher Mediator und eine französische Mediatorin (oder andersherum) in einem deutsch-französischen Entführungsfall. Möglichst soll es einen weiblichen und einen männlichen, sowie jeweils einen Mediator aus der psychologischen/pädagogischen wie der juristischen Berufsgruppe geben.

Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten e.V.

Geschichte

Seit 2002 wird von der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) ein Netzwerk von MediatorInnen geführt, die auf Grund ihrer internationalen Erfahrung, insbes. entsprechender Sprachkenntnisse (derzeit 17 Sprachen) zur Beilegung internationaler Kindschaftskonflikte, sowohl bei Kindesentführungen als auch bei Umgangskonflikten binationaler Eltern, besonders geeignet und kompetent sind. Zum Ausbau des internationalen Netzwerks beteiligte sich das von der BAFM ins Leben gerufene Projekt seither am Aufbau und der Weiterentwicklung eines deutsch-französischen Mediationsprojektes und kooperierte eng mit dem englischen reunite-Projekt. Maßgeblich war es am Aufbau und der Etablierung des deutsch-amerikanischen und an der Initiierung und Pflege des deutsch-polnischen Mediationsprojektes beteiligt. Vermittelnd tätig ist der Verein jedoch bei allen grenzüberschreitenden Kindschaftskonflikten unabhängig von der Herkunft der Eltern. Seit 2007 wird das internationale Mediationsprojekt in Kooperation mit dem Bundesverband Mediation (BM) durchgeführt. Aus dieser Zusammenarbeit folgte im Juli 2008 die Gründung des gemeinnützigen Vereins MiKK e.V. in Berlin. MiKK e.V. verfügt heute über ein Netzwerk von über 70 Mediatoren und Mediatorinnen und hat seit 2002 über 150 Fälle und Anfragen bearbeitet.

Aktivitäten

Zu den wichtigsten Aufgaben und Aktivitäten des Vereins gehören:

  • Vermittlung von Mediatoren und Mediatorinnen weltweit
  • Beratungs- und Informationsarbeit zum Thema Mediation bei grenzüberschreitenden Familienkonflikten
  • Organisation und Durchführung von Vorträgen und Seminaren zum Thema Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten

Auszeichnungen

Am 20. November 2009 wurde dem Ersten Vorsitzenden des Vereins, Rechtsanwalt und Notar Christoph C. Paul, das Bundesverdienstkreuz für sein Engagement in der Mediationsarbeit bei internationalen Kindschaftskonflikten verliehen [4] sowie am 29. April 2010 der Sokrates-Preis der Centrale für Mediation.

Kooperationen

Siehe auch

Literatur

  • Carl, Eberhard/ Copin, Jean-Pierre/ Ripke, Lis: Das deutsch-französische Modellprojekt professioneller Mediation. Ein Modell für die internationale Zusammenarbeit bei grenzübergreifenden Kindschaftskonflikten. In: Kind-Prax Spezial 2004, S. 25-28.
  • Carl Eberhard: Möglichkeiten der Verringerung von Konflikten in HKÜ-(Internationalen Kindesentführungs-)Verfahren. In: Familie, Partnerschaft und Recht 3/2001, S. 211.
  • Christoph C. Paul/Sybille Kiesewetter: Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten – Rechtliche Grundlagen, Interkulturelle Aspekte, Handwerkszeug für Mediatoren, Einbindung ins Verfahren, Muster und Arbeitshilfen. Verlag C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58733-7.
  • Paul, Christoph C. / Walker, Jamie: Familienmediation in internationalen Kindschaftskonflikten. In: Spektrum der Mediation 1/2007, S. 44-47.
  • Walker, Jamie / Kiesewetter, Sybille: Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten – MiKK e.V. In: Spektrum der Mediation, 33/2009, S. 43-44.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Walker, Jamie / Kiesewetter, Sybille: Mediation bei internationalen Kindschaftskonflikten – MiKK e.V. In: Spektrum der Mediation, 33/2009, S. 43.
  2. Paul, Christoph C. / Walker, Jamie: Familienmediation in internationalen Kindschaftskonflikten In: Spektrum der Mediation 1/2007, S. 44.
  3. Paul, Christoph C. / Walker, Jamie: Familienmediation in internationalen Kindschaftskonflikten In: Spektrum der Mediation 1/2007, S. 44.
  4. Pressemeldung des Landes Berlin

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