- Interparlamentarische Union
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Die Interparlamentarische Union (IPU, gegründet als „Interparlamentarische Union für internationale Schiedsgerichtsbarkeit“, frz.: Union interparlementaire, kurz UIP) ist eine 1889 gegründete internationale Vereinigung von Parlamenten, mit dem Ziel der Sicherung des Friedens, der Förderung des Demokratieverständnisses in allen Teilen der Welt und der Wahrung der Menschenrechte. Sie wurde von William Randal Cremer aus Großbritannien und Frédéric Passy aus Frankreich ins Leben gerufen. In der IPU sind aktuell 147[1] Parlamente souveräner Staaten vertreten. Der Sitz des Sekretariats ist in Genf. Finanziert wird die Union ausschließlich durch die Beiträge der Mitgliedsparlamente. Präsident der IPU ist seit 2008 der Namibier Theo-Ben Gurirab.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die erste Idee zur Gründung einer Friedensorganisation von Parlamentariern hatte der Franzose Frédéric Passy in den 1870er und 1880er Jahren. Er war zeit seines Lebens engagierter Pazifist und seit 1881 Mitglied des französischen Parlaments. Passy entwickelte die Idee der Verhinderung von Kriegen und Konflikten durch eine internationale, staatliche Schiedsgerichtsbarkeit. Nationen sollten sich statt der Anwendung von Waffengewalt einer neutralen Instanz unterwerfen. 1888 lernten sich Passy und der britische Gewerkschafter William Randal Cremer in Paris kennen, der eine friedenssichernde britisch-amerikanische Koalition unter Einbeziehung Frankreichs herstellen wollte. Nachdem im Juni der US-amerikanische Senat diesem Vertrag zustimmte, nahmen Passy und Cremer Kontakt zu verschiedenen europäischen Parlamenten auf.
Ein Jahr später kam es auf deren Initiative zur Gründung der „Interparlamentarischen Union für internationale Schiedsgerichtsbarkeit“ in Paris als Versammlung von Abgeordneten aus den Parlamenten zunächst europäischer Staaten. Ein weiteres Mitglied bei der Gründungskonferenz am 29. und 30. Juni 1889 war der schweizer Jurist Élie Ducommun.
Die zweite Konferenz fand 1890 in London statt. Auf dieser erhielt die Union erstmals einen repräsentativen Charakter: 111 Abgeordnete vertraten 11 europäische Staaten, über 1000 weitere Parlamentarier hatten Zustimmungserklärungen geschrieben.
Auf der 3. Konferenz am 13. November 1891 in Rom wurde das „Internationale Ständige Friedensbüro“ (frz.: Bureau International Permanent de la Paix) mit Sitz in Bern eingerichtet, dessen erster Vorsitzender Ducommun bis zu seinem Tod 1906 wurde. Die Aufgabe des Büros war vor allem die Koordinierung der vielfältigen Aktionen nationaler, teilweise rivalisierender Friedensorganisationen. Ducommun bekam für diese ehrenamtliche Arbeit als „Geschäftsführer des Friedens“ 1902 den Friedensnobelpreis.
1892 wurde auf der Folgekonferenz in Bern - organisiert von Charles Gobat - das Zentralbüro der Union ins Leben gerufen, an deren Spitze Charles Gobat gestellt wurde.
Den ersten Erfolg konnte die Union mit dem wesentlichen Beitrag zur Einberufung der Ersten Haager Friedenskonferenz 1899 leisten. In der Folgezeit wurden auf Anregung und Vermittlung viele zwischenstaatliche Schiedsverträge abgeschlossen.
1905 wurde der Name auf „Interparlamentarische Union“ verkürzt.
Ab 1920 hat das Sekretariat der Union seinen ständigen Sitz in Genf. Zuvor wechselte der Sitz von Bern (1892-1911) nach Brüssel (1911-1914) und nach Oslo (1914-1920).
Arbeitsweise
Die Interparlamentarische Union tagt in der Regel zweimal jährlich (Interparlamentarische Konferenz), auf denen sich die Delegationen der Parlamente austauschen. In erster Linie werden in diesem Plenum der Parlamentarier politische, wirtschaftliche und soziale Fragen von internationalem Interesse erörtert und gegebenenfalls themenbezogene Entschließungen erarbeitet. Auf die nationalen Parlamente haben diese Entschließungen aber keine direkten Auswirkungen oder Verpflichtungen.
Die Gesamtzahl der Delegierten variiert, denn es können maximal acht Vertreter aus Ländern mit weniger als 100 Millionen Einwohnern und maximal zehn aus Ländern mit mehr als 100 Millionen Einwohnern von den Parlamenten bestimmt werden.
Zusätzlich werden Sonderkonferenzen veranstaltet, die in erster Linie Fragen aus den Bereichen Abrüstung sowie Natur und Umwelt betreffen.
Mit der Planung und Durchführung der Konferenzen betraut ist der Interparlamentarische Rat, dem jeweils zwei Parlamentarier jedes Mitgliedslandes angehören. Aus seiner Mitte wird ein Präsident mit einer Amtszeit von drei Jahren gewählt. Präsident ist derzeit Theo-Ben Gurirab, Sprecher der Nationalversammlung von Namibia.[2]
Eine Schlüsselstellung bei der Vorbereitung der Tagesordnung und bei der Einrichtung neuer Ausschüsse hat der Exekutivausschuss. Ihm gehören neben dem Präsidenten des Interparlamentarischen Rates zwölf weitere Mitglieder an. Seine Aufgabe ist die Unterstützung des Rates.
Die inhaltliche Arbeit wird übernommen von den Ausschüssen, die mindestens zweimal im Jahr tagen. Aktuell gibt es vier Ausschüsse: „Ausschuss für politische Fragen, internationale Sicherheit und Abrüstung“, „Ausschuss für Parlaments- und Rechtsangelegenheiten sowie Menschenrechtsfragen“, „Ausschuss für wirtschaftliche und soziale Fragen“, „Ausschuss für Erziehung, Wissenschaft, Kultur und Umwelt“.
Bisherige und geplante Konferenzen
# Stadt Land Zeitraum 1. Paris Frankreich 29./30. 6. 1889 2. London Großbritannien 1890 3. Rom Italien 1891 4. Bern Schweiz 1892 5. Den Haag Niederlande 1894 6. Brüssel Belgien 1895 7. Budapest Ungarn 1896 8. Brüssel Belgien 1897 9. Kristiania Norwegen 1899 10. Paris Frankreich 1900 11. Wien Österreich 1903 12. Saint Louis USA 1904 13. Brüssel Belgien 1905 14. London Großbritannien 1906 15. Berlin Deutschland 1908 16. Brüssel Belgien 1910 17. Genf Schweiz 1912 18. Den Haag Niederlande 1913 19. Stockholm Schweden 1921 20. Wien Österreich 1922 21. Kopenhagen Dänemark 1923 22. Bern Schweiz 1924 23. Washington/Ottawa USA/Kanada 1925 24. Paris Frankreich 1927 25. Berlin Deutschland 1928 26. London Großbritannien 1930 27. Bukarest Rumänien 1931 28. Genf Schweiz 1932 29. Madrid Spanien 1933 30. Istanbul Türkei 1934 31. Brüssel Belgien 1935 32. Budapest Ungarn 1936 33. Paris Frankreich 1937 34. Den Haag Niederlande 1938 35. Oslo Norwegen 1939 36. Kairo Ägypten 1947 37. Rom Italien 1948 38. Stockholm Schweden 1949 39. Dublin Irland 1950 40. Istanbul Türkei 1951 41. Bern Schweiz 1952 42. Washington USA 1953 43. Wien Österreich 1954 44. Helsinki Finnland 1955 45. Bangkok Thailand 1956 46. London Großbritannien 1957 47. Rio de Janeiro Brasilien 1958 48. Warschau Polen 1959 49. Tokio Japan 1960 50. Brüssel Belgien 1961 51. Brasília Brasilien 1962 52. Belgrad Jugoslawien 1963 53. Kopenhagen Dänemark 1964 54. Ottawa Kanada 1965 55. Teheran Iran 1966 56. Lima Peru 1968 57. Neu-Delhi Indien 1969 58. Den Haag Niederlande 1970 59. Paris Frankreich 1971 60. Rom Italien 1972 61. Tokio Japan 1974 62. London Großbritannien 1975 63. Madrid Spanien 1976 64. Sofia Bulgarien 1977 65. Bonn BRD 1978 66. Caracas Venezuela 1979 67. Ost-Berlin DDR 1980 68. Havanna Kuba 1981 69. Rom Italien 1982 70. Seoul Südkorea 1983 71. Genf Schweiz 1984 72. Genf Schweiz 1984 73. Lomé Togo 1985 74. Ottawa Kanada 1985 75. Mexiko-Stadt Mexiko 1986 76. Buenos Aires Argentinien 1986 77. Managua Nicaragua 1987 78. Bangkok Thailand 1987 79. Guatemala-Stadt Guatemala 1988 80. Sofia Bulgarien 1988 81. Budapest Ungarn 1989 82. London Großbritannien 1989 83. Nikosia Zypern 1990 84. Punta del Este Uruguay 1990 85. Pjöngjang Nordkorea 1991 86. Santiago de Chile Chile 7. - 12. 10. 1991 87. Yaoundé Kamerun 6. - 11. 4. 1992 88. Stockholm Schweden 7. - 12. 9. 1992 89. Neu-Delhi Indien 12. - 17. 4. 1993 90. Canberra Australien 13. - 18. 9. 1993 91. Paris Frankreich 21. - 26. 3. 1994 92. Kopenhagen Dänemark 12. - 17. 9. 1994 93. Madrid Spanien 27. 3. - 1. 4. 1995 94. Bukarest Rumänien 9. - 14. 10. 1995 95. Istanbul Türkei 5. - 19. 4. 1996 96. Peking China 16. - 20. 9. 1996 97. Seoul Südkorea 10. - 14. 4. 1997 98. Kairo Ägypten 11. - 15. 9. 1997 99. Windhuk Namibia 6. - 10. 4. 1998 100. Moskau Russland 7. - 11. 9. 1998 101. Brüssel Belgien 11. - 15. 4. 1999 102. Berlin Deutschland 10. - 15. 10. 1999 103. Amman Jordanien 30. 4. - 5. 5. 2000 104. Jakarta Indonesien 15. - 21. 10. 2000 105. Havanna Kuba 1. - 6. 4. 2001 106. Ouagadougou Burkina Faso 9. - 14. 9. 2001 107. Marrakesch Marokko 17. - 22. 3. 2002 108. Santiago de Chile Chile 6. - 11. 4. 2003 109. Genf Schweiz 1. - 3. 10. 2003 110. Mexiko-Stadt Mexiko 18. - 23. 4. 2004 111. Genf Schweiz 28. 9. - 1. 10. 2004 112. Manila Philippinen 3. - 8. 4. 2005 113. Genf Schweiz 17. - 19. 10. 2005 114. Nairobi Kenia 7. - 12. 5. 2006 115. Genf Schweiz 16. - 18. 10. 2006 116. Nusa Dua Indonesien 29. 4. - 4. 5. 2007 117. Genf Schweiz 8. - 10. 10. 2007 118. Kapstadt Südafrika 13. - 18. 4. 2008 119. Genf Schweiz 13. - 15. 10. 2008 120. Addis Ababa Äthiopien 5. - 10. 4. 2009 121. Genf Schweiz 18. - 21. 10. 2009 122. Bangkok Thailand 27.3. - 1. 4. 2010 123. Genf Schweiz 4. - 6. 10. 2010 124. Panama-Stadt Panama 15. - 24. 4. 2011 125. Bern Schweiz 16. - 19. 10. 2011 126. Kampala Uganda 31.3 - 5. 4. 2012 127. Quebec City Kanada 21. - 26. 10. 2012 128. Quito Ecuador Weblinks
- Literatur zum Schlagwort Interparlamentarische Union im Katalog der DNB und in den Bibliotheksverbünden GBV und SWB
- offizielle Website der IPU (englisch und französisch)
- Deutsche Delegation in der IPU
- Schweizerische Delegation in der IPU
Referenzen
Kategorien:- Internationale Organisation
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