Irische Literatur

Irische Literatur

In diesem Artikel wird in groben Zügen die in Irland entstandene Literatur als ganzes behandelt. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Traditionen finden sich in den Artikeln Irischsprachige Literatur bzw. Anglo-Irische Literatur.


Als irische Literatur (engl. meist Irish literature, ir. Litríocht na hÉireann) wird im Allgemeinen die gesamte auf der Insel Irland entstandene Literatur bezeichnet. Bisweilen bezieht sich der Begriff auch nur auf einzelne größere Teile dieser Literatur.

Inhaltsverzeichnis

Sprachen und Traditionen

In Irland ist Literatur seit dem Frühmittelalter in verschiedenen Sprachen überliefert. Der Großteil liegt in irischer und englischer Sprache vor, kleinere Corpora sind auf Latein und Französisch entstanden. Dabei ist eine deutliche zeitliche Trennung hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen literarischen Traditionen festzustellen. Während im Mittelalter die Literatur in alt-, mittel- und frühneuirischer Sprache den Großteil des Korpus bildete, der von lateinischen Texten eher ergänzt wurde, entwickelte sich ab der Zeit der normannischen Eroberung nach und nach ein kleines französisches Korpus und vor allem ein bedeutendes englischsprachiges Korpus.

Entwicklung

Aus der Zeit vor der Christianisierung Irlands ist keine Literatur in schriftlicher Form überliefert. Wie im Falle vieler früher Kulturen wird jedoch von einer äußerst reichhaltigen mündlichen literarischen Tradition ausgegangen, die ihre Spuren in den literarischen Denkmälern der späteren Zeit jedoch mehr oder minder deutlich hinterlassen hat. Mit dem Einzug des Christentums und vor allem der Gründung von Klöstern wurde diese Literatur nach und nach in Teilen aufgezeichnet und – nach heute weithin anerkannter Lehrmeinung – stark christianisiert. Bereichert wurde diese einheimische Literatur um Werke aus dem Lateinischen und teilweise Griechischen, die zum Teil übersetzt und auch weiterentwickelt wurden. Es ist davon auszugehen, dass der mittelalterliche irische Schatz von Sagen und Erzählungen mit dem vorchristlichen Korpus nur noch entfernte Ähnlichkeiten hatte.

Mit der Eroberung der Insel durch die Normannen ab 1169 wurde nicht nur die irische Sprache in eine Konkurrenzsituation mit dem Anglo-Normannischen, später dem Englischen gebracht, die neuen Bewohner hinterlassen im Laufe der Zeit auch schriftliche Spuren in ihrer eigenen Sprache. Bis jedoch von einem nennenswerten literarischen Korpus die Rede sein kann, vergehen aufgrund der politischen und sozialen Entwicklung Irlands im Hoch- und Spätmittelalter Jahrhunderte. Erst ab dem 18. Jahrhundert kann sich das entwickeln, was heute als Anglo-Irische Literatur bezeichnet wird. Diese späte Entwicklung sollte jedoch im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu einer ungeahnten Blüte führen, als die irische Literatur für Erzählkunst und Innovation Weltruhm erlangte. Das 20. Jahrhundert sah dann eine Vielzahl irischer Schriftsteller englischer Sprache, die ihre eigene literarische Tradition wie die „Weltliteratur“ um einiges bereicherten.

Parallel zum Aufstieg der anglo-irischen Literatur fand der Abstieg der irischsprachigen Literatur statt. Nach einem erneuten Höhepunkt im 13. und 14. Jahrhundert (Klassisches Irisch) und allmählichem Niedergang bis etwa 1600 zerbrach mit der Vertreibung der irischen Adelsschicht ab 1607 die politische und kulturelle Grundlage dieser Literaturtradition. Die Literaturproduktion sank Mitte des 19. Jahrhunderts fest gegen null. Erst gegen Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts fand als Teil der Wiederbelebung der irischen Sprache auch ein literarischer Neuanfang statt, der mit Einschränkungen bis heute anhält.

Heute

Seit etwa den 1970er Jahren nehmen die anglo-irische und die irischsprachige Literatur in der irischen Kultur Positionen ein, die theoretisch häufig als gleich wichtig eingestuft werden. Praktisch dominiert die anglo-irische Literatur jedoch zahlenmäßig und in Bezug auf Wahrnehmung – sowohl in Irland als auch vor allem im Ausland – in hohem Maße. Festzustellen ist jedoch ein relativ hoher Grad der gegenseitigen Beeinflussung der beiden Traditionen. Während viele anglo-irische Autoren offen Anspruch auf ihren Teil der langen irischen Tradition (einschließlich beispielsweise der mittelalterlichen, irischsprachigen Literatur) erheben, orientieren sich viele moderne irischsprachige Autoren in internationalem Rahmen und dabei auch und vor allem an der einheimischen Literatur englischer Sprache (so Máirtín Ó Cadhain etwa an James Joyce).

Internationale Rolle

Irische Autoren wurden vielfach mit internationalen literarischen Auszeichnungen geehrt oder wurden in die engere Auswahl für Preise genommen. Zu den irischen Trägern des Literaturnobelpreises zählen William Butler Yeats (1923), George Bernard Shaw (1925), Samuel Beckett (1969) und Seamus Heaney (1995).

Seit den 1990er Jahren hat Irland zwei Gewinner des Booker Prize hervorgebracht. 1993 wurde Roddy Doyle für seinen Roman Paddy Clarke Ha Ha Ha ausgezeichnet. Im Jahre 2005 gewann John Banville mit dem sprachintensiven Roman The Sea (dt. Die See, 2006). Bereits im Jahr davor war der Roman The Master (dt. Porträt des Meisters in mittleren Jahren, 2005) von Colm Tóibín im Finale (Shortlist) vertreten, unterlag letztlich jedoch dem Werk The Line of Beauty (dt. Die Schönheitslinie, 2005) des Engländers Alan Hollinghurst. Bereits 1989 war ebenfalls John Banville mit The Book of Evidence (dt. Das Buch der Beweise) im Finale, verlor aber gegen Kazuo Ishiguros The Remains of the Day (dt. Was vom Tage übrig blieb).

Der irische Schriftsteller John Banville sagt dazu: „Neben vielen schlimmen Dingen haben uns die Briten mit Englisch eine wunderbare Sprache gebracht, und die irische Gesellschaft ist eine, die auf dem Geschichten-Erzählen aufgebaut ist. Anders gesagt: Wir sind immer für eine Geschichte gut, und wir haben die Sprache, um sie zu erzählen.“[1]

Siehe auch

Quellen

  1. John Banville 2005; zeit.de

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