Johann Michael Freiherr von Herbert

Johann Michael Freiherr von Herbert
Freiherr von Herberts Grabstein auf dem aufgelassenen Friedhof von Klagenfurt-Sankt Peter an der Kirchenwand

Johann Michael Freiherr von Herbert (* 2. Oktober 1726 in Klagenfurt; † 4. September 1806) war ein österreichischer Fabrikant.

Leben

Kaiserin Maria Theresia rief ihre Untertanen auf, Industriebetriebe zu gründen und das Land in eine wirtschaftlich gesicherte Zukunft zu führen. Johann Michael von Herbert hatte damals in Klagenfurt das staatliche Kommerzialreferat inne und in diese Richtung zu wirken. Er wollte aber auch persönlich seinen Beitrag zur Wirtschaftsbelebung leisten. Er wurde selbst ein Pionier der Industrie, indem er 1761 die erste Bleiweißfabrik Österreichs errichtete. Anlässlich der Durchreise des kaiserlichen Hofes im Jahr 1765 stattete die Kaiserin mit ihrem Gemahl sowie den Söhnen Josef und Leopold am 12. Juli der Herbertschen Fabrik sogar einen Besuch ab, und zwei Jahre danach erhob sie den nun 4ljährigen Fabrikanten in Anerkennung seiner Verdienste in den Freiherrnstand. Herbert zählte weiters zu den Begründern der Kärntner Landwirtschaftsgesellschaft am 1. Oktober 1764, die auf dem Gebiet der Landwirtschaft um Fortschritt bemüht war.

Herberts Lebensweg hatte am 2. Oktober 1726 begonnen. Im Alter von 23 Jahren heiratete er im Herbst 1749 Maria Fux, Tochter des Wiener Großkaufmannes Paul Fux. Am 22. Mai 1750 erhielt er als Besitzer des Schlosses Niedertrixen die Kärntner Landstandschaft. In der staatlichen Kärntner Zentralstelle bekleidete er ab 1754 eine Ratsstelle.

1754 setzte er bereits den ersten Schritt zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Forcierung der Industrie, indem er mit Kompagnons in Paternion eine Leinwandfabrik gründete, um industriell erzeugte Ware auf den Markt zu bringen und den Landwirten die Möglichkeit zum vermehrten Flachs- und Hanfanbau zu geben. Die Firma musste jedoch 1758 mit enormen Verlusten abgestoßen werden. Unterdessen hatte Herbert auch den Plan einer Fabrik für Schiffsseile in Klagenfurt wieder fallengelassen.

Gegen Ende der fünfziger Jahre fasste er den Entschluss, aus heimischem Blei, dessen Absatz in jener Zeit zu wünschen übrig ließ, Malerfarben herzustellen. Ihre Erzeugung würde nicht nur mit einer hohen Wertschöpfung verbunden sein, sondern auch gute Umsätze bringen, da solche Produkte bislang eingeführt werden mussten.

Herbert reiste nach Holland und England, um das Produktionsverfahren zu studieren und tiefere Einblicke zu gewinnen. Wieder nach Klagenfurt zurückgekehrt, startete er 1760 die ersten Versuchsserien. Um einen entsprechenden Standort für eine zu errichtende Fabriksanlage zur Verfügung zu haben, erwarb Herbert am 1. Jänner 1761 Schloss und Herrschaft Ehrental.

Im Herbst 1762 ging die Produktionsstätte voll in Betrieb. Herbert besaß zu dieser Zeit zwar eigene Bleigruben, da sie vermutlich aber nicht sehr ergiebig waren, bezog er ab 1763 den Rohstoff für seine Bleiweißerzeugung von Bleiberger Grubenbesitzern. Dennoch gab er den Plan, sich aus eigenen Abbaustellen mit Blei zu versorgen, lange nicht auf. So begegnet man ihm 1775 als Gewerken in Rubland. Die Gewinnung von Bleiweiß erfolgte in Klagenfurt nach dem holländischen Verfahren. Zu diesem Zweck wurde das Blei in eisernen Kesseln erhitzt, in flüssigem Zustand mit Pfannen herausgeschöpft und auf kalte Eisenplatten gegossen, damit sich dünne Bleitafeln bildeten. Diese wurden sodann in schmale Streifen geschnitten, eingerollt und zur Gärung in mit Essig gefüllte glasierte Krüge gegeben, die wiederum in mit Mist gefüllte Gruben gesetzt wurden. Für die Essigbereitung verwendete Herbert zunächst steirischen Wein, dann einen schweren Wein aus Venetien.

1763 kaufte der Klagenfurter Unternehmer in St. Veit an der Glan eine Papiermühle, er brauchte nämlich blaues Packpapier zum Einschlagen der Bleiweißhütchen. In diesem Jahr schickte er an Händler und Apotheker erstmals gedruckte Warenofferte.

Da die Qualität stimmte, hatte sich wohl auch das Geschäft gut entwickelt. Die steigende Nachfrage ermutigte Herbert 1765 zur Verlegung der Produktionsstätte und zum Bau eines zweigeschossigen Fabriksgebäudes in größerer Stadtnähe (am Beginn der heutigen Radetzkystraße), dem er schon 1766 einen weiteren Gebäudeflügel anfügte. An die Stelle der Töpfe traten gemauerte große Kammern, in welche Wasserdampf, Kohlensäure und Essigsäure eingeleitet wurden.

Die erzeugten Produkte waren in drei Sorten unterteilt. Die feinste war das Kremser Weiß, dann folgten Bleiweiß und Bleizucker (im Volksmund wegen seiner schleichenden Giftwirkung als Erbschaftspulver bezeichnet).

Die Investitionen lohnten sich, die Fabrik warf pro Jahr einen Gewinn von 6000 Gulden ab.

Am 24. April 1781 übergab der erfolgreiche Baron die Klagenfurter Fabrik seinem ältesten Sohn, Franz Paul (1759-1811). Da der Seniorchef damals erst im 55. Lebensjahr stand, wird er sich kaum ganz aus dem Geschäftsleben zurückgezogen haben.

An der Verbesserung der Qualität des Miniums wurde laufend gearbeitet. Dies brachte der Fabrikant auch den staatlichen Stellen zur Kenntnis, wobei er erläuterte, worin die Qualitätsunterschiede zu ausländischen Produkten bestanden. Wießner in seiner Geschichte des Kärntner Bergbaus:

„1800 berichtete er an die Hofkammer, es sei ihm nach 14 Jahren kostspieliger Versuche gelungen, ein inländisches Fabrikat herzustellen, das dem ausländischen nahezu gleich sei. Die neu erfundene Kalziniermaschine setzte ihn instand, soviel Mennige zu erzeugen, als der Verschleiß betrage, zumal die böhmische Fabrik bereits zu arbeiten aufgehört habe. Holländer und Engländer lieferten den inländischen Kaufleuten verfälschte Mennige. Englische Mennige enthalte bloß 70 Pfund gute Mennige und 30 Pfund Rötelstein, die holländische gar nur 10 Pfund echtes Bleiweiß und 90 Pfund schweren weißen Spatstein, daher rühre der billige Preis. Ohne Zollschutz müsse er die Erzeugung einstellen. Die Herbertschen Fabriken könnten jährlich 1000 Zentner erzeugen."

Die Koalitionskriege und die dreimalige Besetzung Klagenfurts beeinträchtigten natürlich die Aktivitäten des Bleiweißfabrikanten. Wießner:

„I802 bat Herbert um den Nachlass seiner ärarischen Bleischulden im Betrage von 2387 fl, wurde aber abgewiesen, ebenso mit einer neuerlichen Eingabe auf Erhöhung des Einfuhrzolles auf Mennige pro Zentner von 5 fl. Die Ärarialschuld wurde ihm aber mit Rücksicht darauf, dass er zur Zeit der französischen Invasion (1797) die Flammöfen in Klagenfurt abgetragen habe, erlassen."

Der Aufwand war in der Tat beträchtlich. „Groß war der Bedarf an Essig, wofür in den Jahren 1818 bis 1836 jährlich etwa 10.000 fl aufgewendet werden mussten. Den Essig brauchte man zur Fabrikation von Bleizucker und zur Erzeugung von Grünspan. Nicht minder groß war der Bedarf an Früchten, und zwar an Karoben (Johannisbrotgerste), Rosinen, Feigen und Zwetschken, den Grundstoff lieferte natürlich Blei, von dem man im Jahre 1831 z. B. 480.994 Pfund verbrauchte."

Herbert kam also gut über die Inflationszeit und die Jahre der wirtschaftlichen Depression. Ein Beweis dafür war die Bilanz von 1826: Franz Paul von Herbert erzielte einen Jahresgewinn von mehr als 35.000 Gulden.

Franz Paul von Herbert war ein Schöngeist und typischer Repräsentant des Kärntner Mäzenatentums. Friedrich Schiller war sein Freund. Er ließ dem großen Dichter Deutschlands während dessen Siechtums finanzielle Unterstützung zukommen und machte in Kärnten Werbung für die „Horen", die 1794/95 erschienen.

Die mehrfache Erwähnung Kärntens in „Wallenstein" könnte eine Art von Dankabstattung gewesen sein. Die beiden, Schiller und Herbert, waren übrigens Jahrgangskollegen. Schiller starb jedoch schon 1805 im 46. Lebensjahr.

Im Wintersemester 1790 hörte der Kärntner Baron an der Universität von Jena Vorlesungen über Kantsche Philosophie. Dies und seine Mitgliedschaft bei der Freimaurerei erregten das Misstrauen des Polizeistaates. Man ließ ihn bis zu seinem Tod bespitzeln. Der Freiherr wurde schließlich ein Opfer des Kantschen Rigorismus, indem er den Freitod wählte und sich am 13. März 1811 in Triest erschoss. Erich Nußbaumer in seinem Werk „Geistiges Kärnten": „In der Kärntner Geistesgeschichte symbolisiert sein Leben und Sterben den ersten Versuch des Ausbruches aus provinzieller Enge, das tragische Scheitern eines sehnsuchtserfüllten Fluges in die höchsten Bereiche menschlichen Denkens."

Nicht weniger erschütternd war das Schicksal einer Schwester, sie schied ebenfalls freiwillig aus dem Leben. Noch zu Lebzeiten des Vaters ging Maria Freiin von Herbert am 23. Mai 1803 bei der Hollenburg in die Drau.

Der Firmengründer Johann Michael Freiherr von Herbert verschied 1806 im Alter von 80 Jahren. Aus zwei Ehen stammten nicht weniger als 32 Kinder, dennoch starb das Geschlecht gegen Ende des letzten Jahrhunderts aus. Die Klagenfurter Bleiweißfabrik gelangte 1890 in den Besitz der Bleiberger Bergwerksunion.

Ins Wasser ging am 26. September 1847 in Maria Wörth auch die erst 22jährige Baronesse Ottilie von Herbert

Literatur

  • Anton Kreuzer: Kärntner Porträts, Klagenfurt, Kreuzer Buch, Einigkeitsstraße Nr. 3, 9020 Klagenfurt, Österreich

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