Johannes Jacobsohn

Johannes Jacobsohn

Johannes Jacobsohn alias Hanns John (* 23. Januar 1890 in Schmiegel; † 28. Mai 1942 im KZ Sachsenhausen) war ein deutscher Chasan (Kantor) in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Sein Vater David Jacobsohn war als Vorbeter tätig, und Johannes Jacobsohn tradierte einige seiner liturgischen Kompositionen. Über die Herkunft von Johannes Jacobsohn ist bisher nur wenig Genaues bekannt.Informationen aus erster Hand sind nicht mehr zugänglich, da keine Nachkommen erster oder zweiter Generation mehr existieren. Jacobsohn zog mit 15 Jahren zunächst nach Breslau [1], wo er als Buchhändler arbeitete, und kam nach dem Ersten Weltkrieg nach Berlin, wie viele andere Juden aus dem ehemaligen Westpreussen, da sich in den Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die politisch-soziale Lage der deutsch Juden in ländlichen Regionen zunehmend verschlechterte. Die Posener Juden zum Beispiel, zogen überwiegend nach Berlin und bildeten hier innerhalb der Jüdischen Gemeinde eine eigene Landsmannschaft, wie Anzeigen im Gemeindeblatt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin belegen. Nachdem Jacobsohn, bereits in Berlin, den Entschluss gefasst hatte, sich zum Opernsänger, bzw. Kantor ausbilden zu lassen, trat er unter dem Künstlernamen Hanns John auf. 1927 trat er eine Stelle an einer Reformsynagoge in Berlin Wilmersdorf an. Ab Januar 1930 wirkte er als Oberkantor in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, unter anderem wohl an der Neuen Synagoge, hauptsächlich jedoch in der Berliner Gemeindesynagoge in der Lützowstrasse 16, an die heute nur noch eine Gedenktafel erinnert. Es haben nur vereinzelte Tondokumente dieser Zeit überdauert, die bereits 1929 auf Electrola aufgenommen wurden. Kantor Jacobsohn war darüber hinaus auch Bearbeiter synagogaler Musik und publizierte einen musikalischen Wegweiser für die jüdischen Feiertage. An der Synagoge Lützowstrasse führte John die Gottesdienste begleitet von einem von Arno Nadel geleiteten Knabenchor durch.

Jacobsohn hatte einen Bruder, Ludwig Jacobsohn beziehungsweise Eliezer Ben David.

Nach dem Verbot vom 1. Januar 1936, das allen jüdischen Künstlern untersagte einen Künstlernamen zu führen, musste Hanns John nunmehr offiziell unter dem Namen Hanns John Jacobsohn auftreten. Jacobsohn wohnte in Berlin unter der Anschrift Lipaer Straße 2 in Berlin-Lichterfelde. Er beschäftigte sich noch in der Zeit von 1939 bis 1941, wenn die Zeit es zuließ, mit der Abfassung liturgischer Noten. Der Großteil seiner Musikalien wurde von seinen Erben der Klau-Library des Hebrew Union College zur Verfügung gestellt, wo das Material bis heute lagert.[2] Ein geringer Teil seines Nachlasses blieb jedoch nach seinem Tod in Berlin erhalten und überdauerte auf geradezu abentheuerliche Weise die Ära des Nationalsozialismus. Hierzu gehört auch eine bislang unveröffentlichte Notenhandschrift mit dem Titel „Otzar Schirei Beit Haknesset - Sammlung von Synagogengesängen, Berlin 1940/41“. In dieser Notenhandschrift, deren erste Komposition (1.Zum Anzünden der Chanukka-Lichter) auf den 15. November 1939 datiert, und deren letzte („24.Tikanto schabboss, für Vorbeter und Orgel“) auf den 17. August 1941, also weniger als ein Jahr vor Jacobsohns Ermordung notiert wurde. J. nimmt in der Handschrift Bezug auf seinen Vater David Jacobsohn (David Ben Joel), den er als Urheber einiger der notierten Melodien bezeichnet.Eine Komposition („9.Tachanun“ widmete er dem gesegneten „Andenken meines seligen Bruders Ludwig/ L'Secher Achi R. Elieser B. HCh.R. David“). Am 27./28. Mai 1942 führten die Nazis in Berlin die sogenannte „Sonderaktion“ als Vergeltung des von dem jüdischen Widerstandskämpfer Herbert Baum organisierten Brandanschlags auf die antisowjetische Ausstellung Das Sowjetparadies durch. Unter den dabei inhaftierten 500 jüdischen Männern befand sich Johannes Jacobsohn, der noch am 28. Mai 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen erschossen wurde[3].

Die Vor einigen Jahren veröffentlichte CD "Es wird nicht untergehen" mit Aufnahmen von Berliner Kantoren aus der Vorkriegszeit, enthält unter anderem den Gesang "U'w Nuchau Jaumar, gesungen von Hanns John. Diese einzigartige Aufnahme rief den bereits völlig vergessenen Namen von Hanns John in das Bewusstsein der Freunde jüdisch liturgischer Musik zurück und war Auslöser der seither durchgeführten Recherchen über Hanns John.

Schriften

  • Sabbathklang und Festessang. Ein musikalischer Wegweiser für die häusliche Sabbath- und Festesfeier. Philo-Verlag, 1937

Aufnahmen

  • Auf der CD Es wird nicht untergehen, EdBa 01317-2 befinden sich zwei Stücke gesungen von Kantor Hanns John:
  • U'w Nuchau Jaumar (ובנחה יאמר), aufgenommen 1929
  • Chanukkah-Segensspruch und Hymne (ברכה ומעוז צור), aufgenommen 1929

Literatur

  • Begleitheft zur CD Es wird nicht untergehen, EdBa 01317-2, 1996 BARBrossa Musikverlag, Textautor Rymond Wolff

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Universität Hamburg
  2. Enthält: Kopie des Nachlasses von Hanns John Jacobsohn (REF ML 113.H21 R 23 V.1.)
  3. Gedenkbuch. Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945. Bundesarchiv, Koblenz 1986

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