- Josef Görres
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Johann Joseph Görres (seit 1839 von Görres) (* 25. Januar 1776 in Koblenz; † 29. Januar 1848 in München) war ein deutscher Gymnasial- und Hochschullehrer und katholischer Publizist.
Inhaltsverzeichnis
Sein Leben
Görres war ein großer Anhänger der Französischen Revolution und begeistert von der demokratischen Bewegung, die im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts immer stärker wurde. Schon im Alter von 22 Jahren war er Herausgeber der Zeitschrift Das rote Blatt, das die Revolution feierte und die Errichtung einer Republik im Rheinland forderte. Nach einem Paris-Aufenthalt, bei dem er zusammen mit anderen Delegierten die Angliederung der linksrheinischen deutschen Gebiete an Frankreich vorbereiten sollte, zeigte sich Görres jedoch angewidert von Despotie, Willkür und Schrecken, die in dieser Zeit im Zentrum der Republik herrschten. Die Machtergreifung Napoléons war für Görres der Höhepunkt einer Fehlentwicklung, durch die sich Frankreich von den Idealen der Revolution zunehmend entfernt habe. Besonders die Kriegspolitik des Kaisers, die hohen Verluste an Menschenleben, die Besetzung und Ausbeutung deutscher Territorien, stießen auf Görres' Widerstand. Nach seinem Frankreich-Aufenthalt zog er sich zunächst aus der politischen Aktivität zurück, begann dann jedoch, gegen die Fehlentwicklungen der Revolution anzuschreiben.
In diese politische inaktive Phase fiel seine Arbeit als Privatdozent von 1806 bis 1808 in Heidelberg. Dort lernte er Clemens Brentano und Achim von Arnim kennen. Unter dem Einfluss dieser Romantiker gab er die Teutschen Volksbücher heraus. Während der Befreiungskriege veröffentlichte Görres auch wieder politische Schriften, nun bestimmt von der Romantik und der deutschen Nationalbewegung. Am 23. Januar 1814 gründete er in Koblenz den Rheinischen Merkur. Das Blatt bot unter anderem Heinrich Friedrich Karl vom Stein sowie dem Generalstab Blüchers ein Forum und wurde von Napoléon als „fünfte feindliche Großmacht“ bezeichnet.
In seiner Publizistik warb Görres für die Einheit, Selbstbestimmung und Demokratisierung Deutschlands, die aber die Traditionen und Eigenheiten der Vergangenheit auf dem Fundament des Christentums erhalten sollte (Teutschland und die Revolution).
Nach dem Einsetzen der Restauration propagierte der Rheinische Merkur liberale Forderungen und die Großdeutsche Lösung. Am 3. Januar 1816 verbot eine Kabinettsorder Preußens das weitere Erscheinen der Zeitung und Görres gab am 10. Januar 1816 die letzte Ausgabe des Blattes heraus. Schließlich wurde ihm auch der Posten des Leiters des Unterrichtswesens im Generalgouvernement Mittelrhein entzogen. Görres floh darauf 1819 nach Straßburg. Unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen vollzog sich dort seine Wandlung vom liberalen zum religiösen und zunehmend weniger politischen Autor.
Dieser Wandel öffnete Görres 1827 den Weg zu einer Berufung an die Universität München durch Ludwig von Bayern. Kurz darauf wurde er von Ludwig geadelt. In München scharte Görres einen Anhängerkreis um sich, der zu einem geistigen Zentrum des Politischen Katholizismus' wurde. 1837 verfasste er im Kölner Kirchenstreit eine heftige Kampfschrift gegen den preußischen Staat (Athanasius), ab 1838 gab er die Historisch-Politischen Blätter für das katholische Deutschland heraus. Sein Spätwerk wendete sich der christlichen Mystik zu. 1841/1842 war Joseph Görres neben Sulpiz Boisserée und August Reichensperger einer der Initiatoren bei der Gründung des Zentral-Dombau-Vereins zu Köln. 1842 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt.
Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Alten Südfriedhof in München.
Wirkungsgeschichte
Görres war einer der einflussreichsten (katholischen) politischen Publizisten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seine Motivation, eine christlich inspirierte Demokratie in einem vereinten Deutschland zu schaffen, veranlasste Görres in einer späten Publikation, eine anti-judaistische Position einzunehmen. In dem von ihm gemeinsam mit dem Kirchenrechtler Georg Phillips herausgegebenen Pamphlet Der ewige Jude in Sachsen und das Concil in Schwaben sind entsprechende Tendenzen zu erkennen (in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, Bd. 16, 1845, S. 503–505). Sie wurden nach Görres' Tod kaum mehr beachtet, da sie in seinem Gesamtwerk keine Rolle spielen. Hier zeigte sich Görres vielmehr tolerant und aufgeschlossen gegenüber andersartigen Kulturen, die er systematisch und mit großen Eifer erforschte (Mythengeschichte der asiatischen Welt). Der Katholik vertrat dabei die These, dass sich kulturelle Besonderheiten und Mentalitäten in den politischen Systemen widerspiegeln sollten.
Ehrungen
- Die 1876 gegründete Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft wurde nach ihm benannt;
- drei Schulen tragen seinen Namen:
- das Görres-Gymnasium in Koblenz,
- das Görres-Gymnasium in Düsseldorf und
- die Joseph-Görres-Grundschule in Müden;
- das Joseph-Görres-Denkmal in den Rheinanlagen von Koblenz;
- eine Büste von Joseph Görres steht in der Walhalla;
- sein Einsatz für den Dombau wurde durch eine Darstellung seiner Person in einem Glasbild des Kölner Doms gewürdigt.
Zahlreiche öffentliche Verkehrsflächen sind nach ihm benannt:
- Aachen: Joseph-von-Görres-Straße,
- Alfter: Görreshof,
- Augsburg-Pfersee: Von-Görres-Straße,
- Berlin-Friedenau: Görresstraße,
- Bonn: Görresstraße im Ortsteil Mehlem,[1]
- Düsseldorf-Benrath: Görresstraße,
- Eppelheim: Görresstraße,
- Karlsruhe-West: Görresstraße,
- Koblenz: in der Altstadt eine Straße und ein Platz,
- Krefeld-Uerdingen: Joseph-Görres-Straße,
- München-Schwabing West: Görresstraße,
- Müden: Görresstraße.
Veröffentlichungen
- Der allgemeine Frieden, ein Ideal, 1798
- Aphorismen über Kunst, 1802
- Über den Fall Teutschlands und die Bedingungen seiner Wiedergeburt, 1810
- Mythengeschichten der asiatischen Welt, 1810
- Lohengrin, ein altteutsches Gedicht, 1813
- Rheinischer Merkur (Hrsg.), 1814–1816
- Teutschland und die Revolution, 1819
- Beantwortung der in den jetzigen Zeiten für jeden Teutschen besonders wichtigen Frage: Was haben wir zu erwarten?, 1814
- Europa und die Revolution, 1821
- Athanasius, 1838
- Die christliche Mystik, 1840–1842
- Der Dom von Köln und das Münster von Strasburg, 1842
- Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland (Hrsg.)
- Aspecten an der Zeitwende – Zum neuen Jahre 1848, 1848
Literatur
- Otto Roegele: Görres, Joseph von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, S. 532–536.
- Uwe Daher: Die Staats- und Gesellschaftsauffassung von Joseph Görres im Kontext von Revolution und Restauration. München 2007, ISBN 978-3638735285
- Heribert Raab: Joseph Görres. Ein Leben für Freiheit und Recht. Auswahl aus seinem Werk. Paderborn 1978, ISBN 978-3506770011
- Esther-Beate Körber: Görres und die Revolution. Husum 1986, ISBN 978-3786814412
Weblinks
- Literatur von und über Joseph Görres im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Joseph Görres bei Zeno.org
- Friedrich: Görres, Joseph v. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 378–389.
- Anke Manuwald: Umfangreiche Biographie auf den Seiten des Düsseldorfer Görres-Gymnasiums
- Görres-Biografie – Ideengeschichtlicher Hintergrund
- Kurzbiographie
- Franziska Augstein: Der Publizist Joseph von Görres wurde zum Artilleriedirektor der katholischen Sache (SZ-Serie über große Journalisten)
Anmerkungen
- ↑ Die Görresstraße am ehemaligen Bundeskanzleramt wurde umbenannt, siehe Stadt Bonn: „Platz der Vereinten Nationen“ wird neue Adresse von UN-Campus, WorldCCBonn und Bundesrat
Personendaten NAME Görres, Joseph ALTERNATIVNAMEN Görres, Johann Joseph KURZBESCHREIBUNG deutscher Gymnasial- und Hochschullehrer und katholischer Publizist GEBURTSDATUM 25. Januar 1776 GEBURTSORT Koblenz STERBEDATUM 29. Januar 1848 STERBEORT München
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