Ju-Jutsu

Ju-Jutsu

Deutsches Ju-Jutsu ist ein modernes, offenes Selbstverteidigungssystem für die Praxis des täglichen Lebens sowie klassische Kampfkunst in einem.

Ju-Jutsu als (übersetzt) „sanfte Kunst“ basiert hauptsächlich auf Selbstverteidigungstechniken. Jede Verteidigungstechnik ist gegen mehrere Angriffsarten anwendbar. Durch beständiges Üben werden die Bewegungsabläufe automatisiert. In Kombinationen können die Techniken sinnvoll verbunden und in der freien Verteidigung gegen freie Angriffe als echte Selbstverteidigung angewendet werden. Bei dieser Methode wird bereits mit einer kleinen Auswahl von Verteidigungstechniken von Anfang an ein größtmöglicher Nutzeffekt durch variable Anwendung erzielt. Bestehende Konzepte werden kontinuierlich erweitert und optimiert, ohne sich an die Einschränkungen bestimmter Stile oder Philosophien zu halten (Vergleiche Jeet Kune Do). Deshalb ist Ju-Jutsu auch eine Selbstverteidigungsart, die für jedermann geeignet ist, egal ob klein oder groß, jung oder alt. Jeder kann sich im Ju-Jutsu auf für ihn geeignete Techniken spezialisieren.

Der Sport wird durch den Dachverband Deutscher Ju-Jutsu-Verband (DJJV) im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) organisiert. Dieser entwickelt das Regelsystem und die Prüfungsvorschriften weiter, regelt die Verleihung von Gürtelgraden und übernimmt die Organisation von Wettkämpfen. Darüber hinaus gibt es noch Sportverbände, welche Ju-Jutsu praktizieren. Diese sind jedoch nicht im Deutschen Olympischen Sportbund organisiert und haben ihre eigenen Ordnungen, Satzungen und Prüfungsordnungen. Der bekannteste Verband ist das Deutsche Dan Kollegium.

Ju-Jutsuka im traditionellen Keikogi beim Üben

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünge

Die Wurzeln des Ju-Jutsu sind Aikidō und Judo (die wiederum aus Jiu Jitsu entstanden sind) sowie Karate. Aus jeder dieser Kampfkünste wurden die für das System Ju-Jutsu besten Techniken vereint. Die Techniken wurden auf die Bedürfnisse des Ju-Jutsu abgestimmt und werden deshalb nicht zwingend genau so ausgeführt wie in der Original-Budōsportart, der sie entstammen.

Aikidō Hebel- und Wurftechniken
Judo Fall-, Wurf-, Hebel und Bodentechniken
Karate Atemi-Techniken (Schläge und Tritte)

Durch die Reformierung im Jahr 2000 sind über die drei oben genannten Kampfstile hinaus Techniken aus Kampfsportarten wie Kick- bzw. Thaiboxen, philippinischen Kampfkünsten oder Ringen aufgenommen worden. Die Messer- und Stockabwehr wurde zum Großteil den philippinischen Kampfkünsten entnommen. Es werden aus jedem Kampfsport und jeder Kampfkunst die effektivsten Techniken zur Selbstverteidigung verwendet und auf den Ju-Jutsuka zugeschnitten und mit anderen Techniken verschiedenster Kampfsport- und Kampfkunstarten kombiniert. So gelten die Ju-Jutsukas als die Zehnkämpfer der Kampfsportarten.

Entstehung

1967 wurden Franz-Josef Gresch, Werner Heim, Otto Brief, Richard Unterberger, Klaus Münstermann und weitere Dan-Träger vom Deutschen Dan-Kollegium damit beauftragt, Techniken aus Jiu Jitsu, Judo, Karate, Aikidō und anderen Kampfsportarten zu einem neuen Selbstverteidigungssystem zusammenzustellen. Auftraggeber war das Bundesinnenministerium, das für Polizei, Zoll, Justiz und Streitkräfte ein effektives, stiloffenes und stilübergreifendes System der waffenlosen Selbstverteidigung suchte. So fasste man aus den erwähnten Kampfkunststilen diejenigen Techniken zusammen, die für die tägliche Praxis dieser Berufsgruppen am besten erschienen. Da die „sanften“ Techniken gegenüber Tritten und Schlägen überwogen, nannte man das Ganze „Sanfte Kunst“, Ju-Jutsu. Die erste vollständige Fassung des neuen Regelsystems wurde am 22. April 1969 veröffentlicht.

1990 wurde der eigenständige Dachverband „Deutscher Ju-Jutsu-Verband“ gegründet, welcher unabhängig vom Deutschen Judo-Bund und dem Deutschen Dan-Kollegium ist. Die Bundesgruppe Ju-Jutsu im Deutschen Dan-Kollegium hat sich im Jahr 1992 aufgelöst. Im Jahr 2000 setzte der DJJV eine neue Prüfungsordnung in Kraft. Unter der Leitung von Bernd Hillebrand, 6. Dan und damaliger Technischer Direktor im DJJV, hat eine Arbeitsgruppe das Programm grundsätzlich überarbeitet. Aspekte des methodischen Aufbaus, Verbesserung des Zweikampfverhaltens und eine deutlich breitensportlichere Ausrichtung standen dabei im Vordergrund.

Entwicklung

Wegen seines offenen Konzepts fand Ju-Jutsu schnell Anhänger unter den Bediensteten der Sicherheitsbehörden (Polizei, Justiz, Bundespolizei, Zoll), die es als waffenlose Selbstverteidigung in ihrer Behörde kennen gelernt hatten. Diese trugen es aus den Behörden in Sportvereine, und bald entstanden unterschiedlichste Dachverbände, in denen Ju-Jutsu betrieben wurde. Um organisiert Sport in Form von Wettkämpfen zu betreiben und um einheitliche und vergleichbare Graduierungsstandards zu haben, erließen diese Verbände für ihre Bereiche gültige Prüfungs- und Wettkampfordnungen. So ist Ju-Jutsu in der Folge nicht mehr das so gänzlich offene System wie ehedem. Auch wenn diese Prüfungsordnungen den Umfang der Techniken nicht beschnitten, sondern lediglich festlegten, welche Techniken mindestens für eine Graduierung erbracht werden müssen, entstand für viele, auch viele Ju-Jutsuka, der Eindruck, dass es sich nur bei diesen Techniken um die „amtlichen“ Techniken handele. Verschiedenste Prüfungs- und Wettkampfvorschriften waren bundesweit verbreitet.

Prinzip und Technik

Ju-Jutsu besteht aus folgenden Elementen:

Ju bedeutet nachgeben oder ausweichen, wörtlich „sanft“ und Jutsu „Kunst“ oder „Kunstgriff“. Ju-Jutsu ist also die Kunst, durch Nachgeben oder Ausweichen mit der Kraft des Angreifers zu siegen. Falls erforderlich, kann ein Angriff jedoch auch in direkter Form mit „Atemi-Techniken“ (Schlag-, Tritt- und Blocktechniken) abgewehrt werden. Alle Angriffe werden in harter oder weicher Form nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit genutzt. Die freie Übersetzung von Ju erfolgt somit besser mit „flexibel“, Ju-Jutsu ist die Kunst, flexibel und vielseitig auf einen Angriff zu reagieren.

Gürtelgrade

Der Gürtelgrad zeigt den Fortschritt einer Person im Ju-Jutsu an. Erworben wird der Gürtel durch Bestehen einer Prüfung oder durch Verleihung. Dan-Grade, die höher als 5. Dan sind, können nur noch verliehen werden. Man unterscheidet gemeinhin in Schüler- (Kyū-) und Meister- (Dan-)Grade. Träger des 6. Dan oder höher werden auch als Großmeister bezeichnet.

Schülergrade

Mit Kyū werden die Schülergrade bezeichnet. Prüfungen bis zum 3. Kyū werden im Verein durchgeführt. Die Prüfungen zum 1. und 2. Kyū werden in manchen Bundesländern auch noch im Verein, in anderen jedoch auf Bezirks- bzw. Landesebene durchgeführt. Grundsätzlich wird bei einer Prüfung zum 1. oder 2. Kyū ein zweiter, vereinsfremder Prüfer hinzugezogen.

Kyū Grad 6. Kyū 5. Kyū 4. Kyū 3. Kyū 2. Kyū 1. Kyū

Gürtelfarbe

weiß gelb orange grün blau braun

Schülergrade unter 14 Jahren

Für Kinder wurde, um sie zu motivieren und zum nächsten Vollgurt hinzuführen, eine Kinderprüfungsordnung erstellt. Bei Kindern werden die Grade wie folgt aufgeteilt:

Kyū Grad 6. Kyū 6.1 Kyū 6.2 Kyū 5. Kyū 5.1 Kyū 5.2 Kyū 4. Kyū 4.1 Kyū 3. Kyū 2. Kyū
Gürtel Weißgurt Weißgurt mit gelbem Aufnäher Weiß-Gelb-Gurt Gelbgurt Gelbgurt mit orangefarbenem Aufnäher Gelb-Orange-Gurt Orangegurt Orange-Grün-Gurt Grüngurt Blaugurt
Mindestalter frei 7 Jahre 8 Jahre 9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre 11 Jahre 12 Jahre 13 Jahre 14 Jahre

Meistergrade

Den Kyū, den Schülern, folgen die Dan-Grade für den „Meister“.

Dan Grad 1. Dan 2. Dan 3. Dan 4. Dan 5. Dan 6. Dan 7. Dan 8. Dan 9. Dan 10. Dan
Gürtelfarbe schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz rot- rot- rot- rot rot
weiß weiß weiß

Am Gürtelende können Streifen zur Unterscheidung der Dan-Grade getragen werden. Es ist auch möglich, Rot-Schwarz oder weiterhin den schwarzen Gurt anstatt Rot-Weiß zu tragen.

Wettkampfsysteme

Im Ju-Jutsu finden verschiedene Wettkämpfe statt, welche von unterschiedlichen Gruppen und Verbänden ausgerichtet werden. Die Disziplinen sind

  • Duo-System
  • Fighting-System
  • Formenwettkampf
  • Allkampf
  • Bundesliga

Das Fighting-System und das Duo-System unterscheiden sich in erster Linie darin, dass beim Fighting jeder für sich („Mann gegen Mann“ mit frei wählbaren Techniken und Taktiken) kämpft. Beim Duo geht ein Kämpferpaar an den Start und präsentiert gemeinsam einstudierte Selbstverteidigungskombinationen, die (vergleichbar dem Eiskunstlauf) von fünf Kampfrichtern mit einem bis zehn Punkten bewertet werden. Beide Kampfformen werden auf einer Mattenfläche von 12 x 12 Metern ausgetragen. Beim Fighting sind ein Haupt- oder Mattenkampfrichter (HK) und zwei Seitenkampfrichter (SK) sowie ein Tischkampfrichter im Einsatz. Beim Duo gibt es einen Haupt- oder Mattenkampfrichter und das Kampfgericht, bestehend aus fünf lizenzierten Kampfrichtern.

Ju-Jutsu Fighting

Kampfverlauf und allgemeine Regelungen

Die Kampfzeit eines Kampfes beträgt 1 x 3 Minuten, in den jüngeren Altersklassen 1 x 2 Minuten. Bis ins Jahr 2000 waren es noch 2 x 2 Minuten mit einer Minute Kampfpause. Es wird gemäß der internationalen Vorgaben mit rotem oder blauem Gürtel gekämpft. Das Tragen einer Schutzausrüstung, bestehend aus Schienbein- und Spannschützer, Handschützer ist Pflicht, bei der Jugend sind ebenfalls der Zahnschutz und bei Jungen ein Tiefschutz Pflicht. Schienbein- und Spannschützer sowie Handschützer müssen in der Gürtelfarbe getragen werden. Erstaufgerufener bei einem Kampf trägt rot, Zweitaufgerufener blau.

Die drei Teile

Der Ju-Jutsu-Fighting-Wettkampf besteht aus drei Teilen.

Im ersten Teil

versuchen die Kämpfer, durch Schläge und Tritte (Atemitechniken) zu punkten. Dabei dürfen nur runde, das heißt seitlich ankommende Tritte und Schläge verwendet werden, welche den Kopf nur leicht berühren dürfen (Leichtkontakt). Bei Atemitechniken zum Kopf wird auf eine kontrollierte Ausführung geachtet. Zum ersten Teil gehören auch Atemitechniken zum Körper, welche ebenfalls kontrolliert ausgeführt werden müssen, jedoch mit etwas stärkerem Kontakt erlaubt sind (Halbkontakt). Hier sind gerade Techniken erlaubt.

In den zweiten Teil

sollten beide Kämpfer nach ca. 20 Sekunden mit dem Griffkontakt übergegangen sein, andernfalls gibt es eine Strafe. In diesem Teil wird versucht, den Gegner ausschließlich durch einen Wurf oder einen Hebel zu Boden zu bringen.

Den dritten Teil

bildet der Bodenkampf. Hier ist das Ziel, seinen Gegner 15 Sekunden mit Hilfe einer Festlegetechnik zu halten oder ihn durch eine Würge- oder Hebeltechnik vorzeitig zur Aufgabe zu bringen. Sollte nach drei Minuten kein Gewinner feststehen (Punktegleichstand Wazaari und Ippon), so wird nach einer Pause von einer Minute eine zweite Kampfzeit von drei Minuten gekämpft. Die minimale Erholungszeit zwischen zwei Kämpfen liegt bei fünf Minuten.

Zwischen den drei Teilen kann beliebig gewechselt werden:

  • Lösen des Griffes im Teil 2 führt zum Übergang in den Teil 1
  • Aufstehen aus Teil 3 führt bei Griff zum Übergang in den Teil 2, ohne Griff in den Teil 1

Kampfrichter

Es gibt drei Mattenkampfrichter (einen Hauptkampfrichter und zwei Seitenkampfrichter) und einen Tischkampfrichter. Der Tischkampfrichter ist für die richtige Zählung der Wertungen, Punkte und Bestrafungen verantwortlich. Ihm zur Seite stehen zwei Kampfrichterassistenten, welche die Zeit nehmen, die Punkte schriftlich festhalten und die nächsten Kämpfer aufrufen. In einigen Bundesländern werden die Kampfrichterassistenten durch einen Lizenz-Lehrgang ausgebildet (zum Beispiel beim Hamburgischen Ju-Jutsu-Verband). Der Hauptkampfrichter vergibt zusammen mit den Seitenkampfrichtern die Wertungen und leitet den Kampf; so signalisiert er beispielsweise den Beginn und das Ende einer Haltezeit.

Wertung im Ju-Jutsu-Fighting-Wettkampf

Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Wertungen:

  • Wazaari: kleine Wertung, ein Punkt
  • Ippon: große Wertung, zwei oder drei Punkte

Kleine Wertungen bekommen die Kämpfer für zum teilgeblockte Atemitechniken (Teil 1), für unsaubere Würfe und Übergänge vom Stand zum Boden (Teil 2) sowie für das kontrollierte Halten des Gegners am Boden über zehn bis 14 Sekunden. Große Wertungen erhalten Kämpfer für in Kombination geschlagene und ungeblockte Atemitechniken (Teil 1). In Teil 2 erhält der Kämpfer einen Ippon für Hebel- oder Würgetechnik im Stand, bei denen der Gegner abklopft, oder für perfekte Würfe. In Teil 3 erhält der Kämpfer einen Ippon für das kontrollierte 15 Sekunden lange Halten des Gegners. Für Hebel- und Würgetechniken am Boden, bei denen der Gegner abklopft, erhält der Kämpfer einen Ippon mit drei Punkten.

Punktezählung und Full-Ippon

Die drei Kampfrichter signalisieren durch farbige Armbinden und das senkrechte (Ippon) oder waagrechte (Wazaari) Heben des entsprechenden Armes ihre Wertung. Diese werden mehrheitlich durch alle drei Kampfrichter getroffen, und die Punkte werden addiert. Erreicht ein Kämpfer in allen drei Teilen einen Ippon (Full Ippon) so gewinnt er unabhängig vom Punktestand den Kampf vorzeitig mit 14:0.

Strafpunkte

Verstößt ein Kämpfer gegen Regeln, wird er wie folgt bestraft:

  • Shido: für leichte Vergehen; Gegner erhält einen Punkt
  • Chui: für schwere Vergehen; Gegner erhält zwei Punkte
  • Hansokumake: für besonders schwere Vergehen; Disqualifikation, der Gegner gewinnt

Shido werden nicht summiert, jedoch ergeben zwei Chui ein Hansokumake und haben somit die Disqualifikation zur Folge. Beispiele für leichte Vergehen ist zu passive oder selbstgefährdende Kampfweise, Tieftritte oder Schlagen des Gegners am Boden oder während des Griffkontaktes. Schwere Vergehen sind beispielsweise eine zu harte Kampfweise oder das Werfen des Gegners aus der Kampffläche heraus. Hebel auf die Wirbelsäule oder das Genick sowie die absichtliche Verletzung des Gegners sind Beispiele für besonders schwere Vergehen und führen zur Disqualifikation.

Ziel des Wettkampfes

Das Ziel des Wettkampfsystems ist es, eine möglichst realistische Verteidigungssituation zu symbolisieren. Ein Wettkämpfer ist im Kampf einer Stresssituation ausgesetzt, in der er sich behaupten muss. In einer Wettkampfsituation werden Reaktionsfähigkeit, Ausdauer, Schnelligkeit, mentale und körperliche Belastbarkeit und eine optimale Technikausführung gefordert. Ebenfalls muss ein Kämpfer taktisch kämpfen können und sekundenschnell seine Techniken umstellen können. Daher müssen genau diese für die Selbstverteidigung notwendigen Eigenschaften speziell trainiert werden. Die Kampfrichter sind angewiesen, darauf zu achten, dass die Techniken von den Kämpfern kontrolliert ausgeführt werden. Natürlich hat das Ju-Jutsu-Wettkampfsystem außer dem nützlichen Selbstverteidigungsaspekt noch mehr zu bieten. Dank der Vielfältigkeit der erlaubten Techniken hat jeder Kämpfer die Möglichkeit seinen individuellen Stil und Taktik zu entwickeln und umzusetzen. Das wichtigste am Sport sollte jedoch immer im Vordergrund stehen, und das ist der Spaß am Sport und damit auch das Fairplay.

In Deutschland gibt es verschiedene Arten von Turnieren, auf denen sich die Kampfsportler messen können.

  • Nachwuchsturniere (Pader Fighting Cup in Paderborn, Geldener Challenge Cup in Geldern)
  • Qualifikationsturniere (Landesmeisterschaften, Gruppenmeisterschaften West, Süd, Nord und Ost sowie Deutsche Einzelmeisterschaften)
  • Internationale Turniere (German Open, Hamburg Open)
  • Bundesliga

Die deutschen internationalen Turniere sind ebenfalls Qualifikationsturniere, allerdings für die Weltmeisterschaften. Mitglieder des Landes- und Bundeskader sind auf Nachwuchsturnieren nicht startberechtigt; diese Turniere haben die Funktion, den Nachwuchs zu fördern und nicht durch überlegene Gegner zu verschrecken. Weiter gibt es Turnierformen, die nur innerhalb der Polizei oder nur durch immatrikulierte Studenten ausgetragen werden dürfen (Polizeimeisterschaften, Hochschulmeisterschaften).

Kampfklassen

Die Kampfklassen unterscheiden sich nach Alter, Gewicht und Geschlecht. Bei den Altersklassen wird zwischen Senioren, U 21, U 18, U 15, U 12, U 10 unterschieden. Ausschlaggebend für die Einordnung in die Altersklassen ist das Geburtsjahr des Kämpfers, also der Jahrgang.

Folgende Gewichtsklassen gelten für Frauen (Senioren):

  • bis 55 kg
  • bis 62 kg
  • bis 70 kg
  • über 70 kg

Folgende Gewichtsklassen gelten für Männer (Senioren):

  • bis 62 kg
  • bis 69 kg
  • bis 77 kg
  • bis 85 kg
  • bis 94 kg
  • über 94 kg

In der U12 und jünger gibt es keine festen Gewichtsklassen, sondern es erfolgt eine Aufteilung, bei der die Kämpfer maximal 5 kg Unterschied haben dürfen.

Duo-System

In einem Duo-Wettkampf treten je zwei Partner gemeinsam an und führen nach vorgegebenen Angriffen einen Schaukampf vor. Bewertet werden hierbei u. a. die Sauberkeit und Präzision, mit der die gezeigten Techniken angewendet werden, sowie der dynamische Gesamteindruck. Für einen Betrachter ist es oft nicht erkennbar, dass es sich um einen einstudierten Schaukampf handelt, da geübte Duo-Kämpfer eine einer wirklichen Auseinandersetzung entsprechende Dynamik an den Tag legen.

Es gibt 20 Angriffe, die sich in 4 Serien zu je 5 Angriffen gliedern:

Serie A: Festhalte-Angriffe

  1. Griff zum Handgelenk
  2. Griff ins Revers
  3. Würgen von vorn oder von hinten
  4. Würgen von der Seite
  5. Griff zur Schulter von hinten

Serie B: Umklammerungsangriffe

  1. Körperumklammerung von vorn über oder unter den Armen
  2. Körperumklammerung von hinten über oder unter den Armen
  3. Schwitzkasten von der Seite
  4. Schwitzkasten von vorn
  5. Würgen von hinten mit dem Unterarm

Serie C: Schläge und Tritte

  1. Fauststoß zum Kopf
  2. Fauststoß zur Körpermitte
  3. Handaußenkantenschlag zum Hals
  4. Fußtritt vorwärts zur Körpermitte
  5. Halbkreisfußtritt zur Körpermitte

Serie D: Waffenangriffe

  1. Messer von oben außen, rechtshändig geführt
  2. Gerader Messerstich zur Körpermitte, rechtshändig geführt
  3. Messerstich von oben innen in Dolchhaltung
  4. Stockschlag von oben
  5. Stockschlag diagonal von oben außen

Aus jeder Serie müssen die Duo-Paare abwechselnd je 3 Angriffe vorführen. Das Kampfgericht besteht in der Regel aus 5 Kampfrichtern und dem Mattenkampfrichter, der die Angriffe ansagt. Das Kampfgericht bewertet die gezeigten Techniken mit 0 bis 10 Punkten. Die höchste und die niedrigste Punktzahl fallen aus der Wertung, so dass 3 Wertungen verbleiben. Welche Techniken die Kämpfer zeigen müssen, lost der Mattenkampfrichter vor der Kampfbegegnung aus; beide Teams müssen diese Techniken zeigen. Das zweite Kampfpaar erhält die gleichen Angriffe in einer anderen Reihenfolge.

Ju-Jutsu-Bundesliga

Die Ju-Jutsu-Bundesliga ist 2009 nach einer Idee von Stefan Jacobs[1] eingerichtet worden. Es kämpfen acht Mannschaften in zwei Gruppen (Nord und Süd) zu je vier Mannschaften. Bei der Finalveranstaltung kämpfen der Erste der Gruppe Nord gegen den Zweiten der Gruppe Süd und der Erste der Gruppe Süd gegen den Zweiten der Gruppe Nord. Die Gruppenletzten treten in der Relegationsrunde gegen andere Mannschaften um den Einzug in die Bundesliga an.

Formenwettkampf

Beim Formenwettkampf werden Kampfkunsttechniken mit Showeffekten zu einem Gesamtkunstwerk vereinigt. Hier wird in der Tat die Show bewertet. Sehr bekannt sind etwa die Red Tigers des DJJV.

Wettkampfsystem Ju-Jutsu-Allkampf

Ju-Jutsu Allkampf war seit den 1970er Jahren das offizielle Wettkampfsystem des Ju-Jutsu, erst im DJB und ab 1992 im DJJV. 1998 wurde es im DJJV durch das JJ-Fighting ersetzt und findet seitdem außerhalb des DJJV und im Vollkontakt statt.

Ju-Jutsu Allkampf verfügt über ein Kampfrichtersystem. Kampfrichter können nach absolvierter, umfangreicher Schulung und bestandener Prüfung eine Lizenz erwerben. Derzeit sind zwei Lizenzstufen vorgesehen:

  • B-Lizenzen dienen als Einstiegslizenz. Sie werden als Lizenzen für Seiten-, Punkt und Tischkampfrichter ausgestellt.
  • Die A-Lizenz stellt die höchste Lizenzstufe des JJ-Allkampf dar. Hauptkampfrichter auf größeren Allkampfveranstaltungen (insbes. Hamburg Cup, Deutsche Meisterschaft etc.) müssen diese Lizenz innehaben.

Im Ju-Jutsu-Allkampf gibt es folgende Punktwertung, dabei werden nur gezielte und kontrolliert ausgeführte Techniken bewertet.

  • Atemitechniken:
    • Treffer mit Hand oder Fuß: ein Punkt
    • gut erkennbarer, schön ausgeführter Treffer mit dem Fuß zum Kopf: drei Punkte
  • Wurftechniken:
    • klar erkennbare und sauber ausgeführte Wurftechnik: drei Punkte
    • zu Boden bringen ohne erkennbare Technik oder unsauberer Wurf: ein Punkt
  • Bodentechniken
    • Erlaubte Atemitechniken zum Kopf oder Körper: ein Punkt (maximal fünf Punkte möglich)
    • Haltetechnik in der Bodenlage 15 Sekunden lang: drei Punkte

Haltetechniken in der Bodenlage werden nur bewertet, wenn der haltende Kämpfer a) den Gegner kontrolliert, so dass dieser keine wirksamen Atemi mehr anwenden kann und b) die Situation beherrscht, so dass er die Haltetechnik unterbrechen und den Bodenkampf verlassen kann, also nicht unter dem Gehaltenden liegt, geklammert wird etc.

Es wird in folgenden Gewichtsklassen gekämpft:

Jugend B, U 16 (Jahrgang: 13, 14, 15 Jahre) männlich: -45, -50, -55, -60, -65, +65kg weiblich: -40, -45, -50, -55, -60, +60kg
Jugend A, U19 (Jahrgang: 15, 16, 17, 18 Jahre)   männlich: -60, -65, -70, -75, -80, +80kg weiblich: -50, -55, -60, -65, +65kg
Senioren, ab 18 Jahre (Jahrgang!) männlich: -60, -65, -70, -75, -80, -85, -90, +90kg   weiblich: -50, -55, -60, -65, -70, +70kg

Es ist möglich, zusätzlich jüngere Altersklassen zuzulassen oder Gewichtsklassen bei Bedarf zusammenzulegen.

Ein Kampf geht über zwei Runden zu je zwei Minuten mit einer Pause von einer Minute. Der Kampf kann jedoch frühzeitig durch einen Kämpfer beendet werden, indem dieser seinen Gegner zur Aufgabe zwingt (durch Anwendung von Hebel- oder Würgetechniken), durch technische Überlegenheit (zwölf Punkte Vorsprung) oder durch Auszählen des Gegners siegt (KO). Zudem sind Disqualifikationen und in besonderen Fällen Abbrüche durch das Kampfgericht möglich (auf Anraten eines Arztes).

Ebenfalls gibt es das sogenannte „Ju-Jutsu-Allkampf-Pro-Regelwerk“. Nach diesem wird ebenfalls wie im Ju-Jutsu-Allkampf im Vollkontakt zum Körper gekämpft, aber auch zum Kopf. Hierbei dauert ein Kampf jedoch drei Runden (zwei Minuten pro Runde mit jeweils einer Minute Pause zwischen den Runden).

Anmerkung: Neben dem offiziellen Ju-Jutsu-Allkampf werden auch auf Vereinsebene kleinere Turniere mit angepasstem Regelwerk durchgeführt.

Praxis

Ju-Jutsu war bis vor einigen Jahren Ausbildungsinhalt vieler deutscher Polizeibehörden, der Justiz (Strafvollzug) sowie des Zolls. In den 1990er Jahren fand im Bereich des DJJV eine Neuausrichtung des Ju-Jutsus weg vom reinen Selbstverteidigungssystem zu einer deutlich breitensportlicheren und wettkampforientierteren Sportart statt. Gleichwohl blieb die effektive Selbstverteidigung der Hauptschwerpunkt. Mit Ausnahme des Strafvollzuges NRW wird Ju-Jutsu auch noch heute bei allen anderen deutschen Sicherheitsbehörden praktiziert, allerdings nicht als „reines“ Ju-Jutsu, sondern als sog. „waffenlose Selbstverteidigung“. Dabei fallen eher „sportliche“ Elemente weg und andere praxisgerechtere (aber „unsportlichere“) Techniken sind hinzugekommen. Die Selbstverteidungstechniken werden innerhalb des DJJV ständig auf besonderen Bezirks-, Landes- und Bundeslehrgängen, zu denen nur Angehörige der Sicherheitsbehörden zugelassen sind, aktualisiert und weiterentwickelt.

Ju-Jutsu hat in diesen Bereichen des öffentlichen Dienstes vor allem deswegen eine hohe Verbreitung, weil es durch sein offenes Konzept viele Techniken aus anderen Systemen enthält. Zudem enthält es als „sanfte Kunst“ eben ein breites Repertoire an Zugriffs- und Sicherungstechniken, bei denen der Angreifer unverletzt bleibt. Diese Erfahrungen aus der Praxis (vorwiegend aus dem Polizei- und Strafvollzugsalltag) werden im Ju-Jutsu wie erwähnt bis hin zur Bundesebene ständig ausgetauscht, aktualisiert und angepasst. In nahezu allen Vereinen sind demzufolge entsprechende Amtsträger zu finden. Viele (ehemalige) Angehörige von Spezialeinheiten sind als Trainer oder Funktionär tätig.

Literatur

  • Deutscher Ju-Jutsu-Verband e.V.: Ju-Jutsu 1x1. Satzung, Ordnungen, Prüfungs- und Verfahrensordnungen, Wettkampfregeln, Kaderordnung, Anschriftenverzeichnis.
  • Herbert Velte: Ju-Jutsu Wörterbuch. 2001.
  • Jürgen Wedding, Dieter Rast: Ju-Jutsu Allkampf. Boorberg, 2003, ISBN 3-415-03195-0.
  • Michael Korn: Ju-Jutsu kompakt für Kinder und Jugendliche. Pietsch, 2008, ASIN: B001AXMLVW.

Einzelnachweise

  1. Anne Pamperin: Bundesligapremiere im Ju-Jutsu. Hamburger Abendblatt, 22. Oktober 2010.

Weblinks


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