Anachronismus

Anachronismus
Ein Dinosaurier (starb vor ca. 65 Mio. Jahren aus) betrachtet den Schädel eines Menschen (existiert seit ca. 0,2 Mio. Jahren). Cartoon Anachronism von Gerhard Gepp

Ein Anachronismus (gr. ἀναχρονισμός anachronismós „Verwechslung der Zeiten“, aus ἀνα ana „gegen“ und χρόνος chrónos „Zeit“) bezeichnet die falsche zeitliche Einordnung von Vorstellungen, Ereignissen, Dingen oder Personen in einen Zusammenhang. Jemand bzw. etwas wird in einen historischen Kontext gestellt, in der er/es nicht mehr existierte (rückgreifender Anachronismus) oder noch nicht existierte (vorgreifender Anachronismus). Dies kann irrtümlich oder aus Unkenntnis des geschichtlichen Sachverhalts geschehen, in der Kunst aber auch als beabsichtigtes Mittel eingesetzt werden (um etwa eine komische Wirkung zu erreichen). Das Wort wird auch im Sinne von „obsolet“ verwendet, wenn man meint, dass etwas nicht mehr zeitgemäß/inzwischen ‚überholt‘ ist und daher seine Existenzberechtigung verloren hat, wobei meist eine historizistische Fortschrittskonzeption unterstellt ist.

Das entsprechende Adjektiv „anachronistisch“ meint „nicht zu einer bestimmten Zeit gehörig“, „zeitwidrig“ oder „unzeitgemäß“.

Beispiele

In einer fiktionalen Darstellung der Kunst können Anachronismen z.B. Gegenstände sein, die in der falschen Zeit angesiedelt werden. Häufig sind vorgreifende Anachronismen: In Novalis’ Romanfragment Heinrich von Ofterdingen kommt eine Wanduhr vor, die es zur Zeit der Handlung noch nicht gab. Gleiches gilt für Shakespeares Tragödie Julius Caesar. In mehreren Asterix-Bänden, die ausdrücklich 50 v. Chr. spielen, sieht man das für das heutige Stadtbild von Rom charakteristische Kolosseum stehen, das erst ab 70 n. Chr. erbaut wurde.

Ebenfalls vorausgreifend lässt Christoph Hein in seinem Stück Die Ritter der Tafelrunde Parzival als sensationshungrigen Zeitschriftenredakteur auftreten und schafft so aus der Verbindung einer frühmittelalterlichen Sagengestalt mit einem modernen Berufsbild eine komische Figur.

Weniger leicht erkennbar sind abstrakte oder geistige Zustände, die eine spätere Entwicklung vorwegnehmen. Das Konzept der modernen Nationalität ist z.B. eine relativ neue Entwicklung, so dass es als anachronistisch betrachtet werden kann, einem Menschen der vormodernen Zeit eine solche Nationalität zuzuweisen.

Es gibt gesellschaftliche Gruppierungen, die im Rollenspiel den Anachronismus pflegen, indem sie Berufe, Sozialstrukturen, Kleidung und Waffen vergangener (auch teilweise fiktiver) Zeiten wiederbeleben wollen; so etwa die Society for Creative Anachronism.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Anachronismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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  • Anachronismus — Ana|chro|nịs|mus 〈[ kro ] m.; , nịs|men〉 1. einem bestimmten Zeitabschnitt nicht Entsprechendes 2. etwas, das sich überholt hat, nicht mehr in die Gegenwart passt 3. 〈in der Dichtung〉 das Verlegen von Erscheinungen der Gegenwart in die… …   Universal-Lexikon

  • Anachronismus — A·na·chro·nịs·mus [ kro ] der; , A·na·chro·nis·men; geschr; 1 eine Einrichtung oder Erscheinung, die nicht mehr zu einer bestimmten Zeit passt <etwas ist zu einem Anachronismus geworden> 2 eine Aussage, die nicht wahr sein kann, weil ihre… …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Anachronismus — Ana|chro|nis|mus [...k...] der; , ...men <über lat. anachronismus aus gr. anachronismós »Verwechslung der Zeiten«>: 1. a) falsche zeitliche Einordnung von Vorstellungen, Sachen od. Personen; b) Verlegung, das Hineinstellen einer Erscheinung …   Das große Fremdwörterbuch

  • Anachronismus — A|na|chro|nịs|mus 〈 [ kro ] m.; Gen.: , Pl.: nịs|men〉 1. einem bestimmten Zeitabschnitt nicht Entsprechendes 2. das Verlegen von Erscheinungen u. Sachen, die für die Gegenwart kennzeichnend sind, in die Vergangenheit u. umgekehrt [Etym.: zu… …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

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