Society for Creative Anachronism

Society for Creative Anachronism
Nachgestellte Hofszene bei einem öffentlichen Event der SCA

Die Society for Creative Anachronism (SCA) (dt. Gesellschaft für kreativen Anachronismus) ist eine internationale Organisation von am Mittelalter interessierten Menschen. Eingebettet in eine fiktive Gesellschaftsordnung, die sich in 19 Königreiche gliedert, widmen sich die Mitglieder der Erforschung und Wiedererschaffung der Künste und Fertigkeiten Europas vor dem 17. Jahrhundert. Das Erleben, zumindest des höfischen Teils, des mittelalterlichen Lebens (sog. Reenactment) steht im Mittelpunkt. Die SCA hat nach eigener Aussage über 30.000 Mitglieder.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die SCA wurde 1966 in den USA von Mittelalter-Interessierten gegründet. Gründungsmitglieder waren unter anderem die Autorinnen Marion Zimmer Bradley und Diana L. Paxson. Die Mitglieder der SCA stellen mittelalterliche Kunst, Handwerk und Alltagsaktivitäten nach. Dabei wird alles, vom Nähen, über das Kochen, Schwertkampf, bis zur Falknerei erprobt und umgesetzt. Die behandelte Zeitspanne umfasst über 1000 Jahre europäischer Geschichte. Dadurch entsteht eine anachronistische Mischung aller möglichen Kulturen und Zeitspannen. Beispielsweise können Wikinger mit Personen aus der Zeit Königin Elisabeths interagieren. Die SCA sieht ihre Tätigkeit als Angewandte oder auch Experimentelle Archäologie, also die Erforschung der Geschichte durch praktisches Anwenden von theoretisch gewonnenem Wissen. Mitglieder entwerfen, nähen und tragen an das Mittelalters angelehnte Kleidung, bauen Rüstungen, Übungsschwerter („Streitkolben“) und Schilde und bestreiten Turniere. Des Weiteren produzieren und verkosten die Mitglieder eigenen Wein, Met und Bier. Die SCA versucht, historisch korrekte Geschichte darzustellen. Deshalb befasst sie sich nicht mit Magie, Monstern oder ähnlichen Aspekten.

Ziel der SCA

Die SCA beschäftigt sich mit dem Studium der Zeit vom 7. bis 17. Jhd und versucht die Wiederbelebung der positiven Seiten des europäischen Mittelalters, seiner Handwerke, Künste, Traditionen, Literatur, Werten und Errungenschaften zu erreichen. Negative Seiten wie Pest, Armut, Hexenverbrennung und ähnliches werden ausgeschlossen. Sekundärliteratur und primäre Quellen, wie Statuen, Gemälde, Manuscripte und Bauwerke werden studiert. Abgeleitet daraus wird versucht ein Objekt, z.B. ein Kleid, zu rekonstruieren. Auf diese Art und Weise und, je nach Fertigkeit, auch in Zusammenarbeit mit Museen, werden Erfahrungen über mögliche frühere Fertigkeiten gemacht. Durch die originalgetreuen Rekonstruktionen sollen moderne Mythen und Vorstellungsweisen über das Mittelalter entkräftet und die theoretische Forschung ergänzt werden.

Veranstaltungen

Eine Szene eines "Pas d'armes" Turniers in Deutschland

Die SCA besteht aus vielen lokalen Gruppen, die sich teilweise wöchentlich treffen. Bei verschiedenen Veranstaltungen tragen Mitglieder der SCA mittelalterliche Kleidung, tanzen historische Tänze und essen mittelalterliche Gerichte. Bei größeren Veranstaltungen gibt es auch Turniere, Ausstellungen, Wettkämpfe, Vorträge über mittelalterliche Künste, Workshops und oft ein abendliches Festmahl, königliche Hofhaltungen sowie Tänze und Musik.

Struktur

Seit ihren Anfängen 1966 wuchs die Organisation auf über 30.000 Mitglieder in den USA, Kanada, England, Schottland, Irland, Schweden, Finnland, Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Russland, Polen, Griechenland, Japan, Südafrika, Türkei, Israel, Korea und Australien. Die Mitgliedschaft ist nur für besondere Aktivitäten zwingend.

Die Organisation der SCA lehnt sich an die idealisierte Feudalgesellschaft des Mittelalters an. Die SCA besteht derzeit aus 19 „Königreichen“ mit je einem für sechs Monate eingesetzten „Königspaar“, einem „Kronprinzenpaar“ und einer Anzahl „königlicher Ministerialen“, die sich jeweils in ihrem Aufgabengebiet um die anfallende Arbeit kümmern.

„Drachenwald“ ist das Königreich für Europa. Derzeit umfasst Drachenwald die Länder Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Spanien, Südafrika, Vereinigtes Königreich, sowie kleinerer Außenposten in Afghanistan, Kuwait, Irak, Rumänien und der Schweiz (primär durch das US Militär). In Drachenwald gibt es auch zwei Fürstentümer (Principalities): „Nordmark“ (Schweden) und „Insulae Draconis“ (Vereinigtes Königreich, Irland, Island).

Ein Königreich unterteilt sich in die verschiedenen Gruppen vor Ort, je nach Größe und Struktur Shire, Kanton, Baronie, Provinz oder Fürstentum genannt (generell werden hier die Englischen Begriffe verwendet). Auch dort sind wieder Ministeriale am Werk und Baronen- und Fürstenpaare als Vertreter der Krone. Die Ministerialen sind freiwillige Helfer die ein Amt für eine Amtszeit übernehmen.

Interessensgebiete innerhalb der SCA

Alle Mitglieder der SCA gelten grundsätzlich als niederer Adel, es gibt es daher keine Bauern, Händler, Mägde, Söldner und ähnliche Personen, diese werden aber dennoch dargestellt. Oft entwickeln Mitglieder eine sogenannte Persona, um die Lebensgeschichte einer Person, die in der fraglichen Zeit hätte existieren können, in die geschichtlichen Abläufe, sowie die regional- und lokalpolitischen Gegebenheiten der Zeit einzupassen.

Mittelalterlicher Kampf in der SCA

Der Schwertkampf der SCA basiert auf dem Fußkampf bewaffneter Ritter, wie er z.B. im mittelalterlichen Kolbenturnier stattfand. Es gibt ihn als Duell oder als Gruppenkampf. Der Kämpfer selbst entscheidet, ob ihn der Schlag, den er erhalten hat, im Ernstfall verwundet oder getötet hätte. Wenn dieser einen Schlag als zu leicht empfunden hat, geht der Kampf weiter. Um Verletzungen zu vermeiden, wird in richtigen Rüstungen aus Metall, Leder, Stoff und mit Rattanwaffen, gekämpft. Rattan ist ein tropisches Gras, aus der z.B. Möbel gemacht werden. Es entspricht im Gewicht und Schlagverhalten den mittelalterlichen Waffen. Elastisch wie Bambus, hat es aber keinen hohlen Kern, splittert deswegen weniger leicht und nimmt einen Teil der Wucht aus dem Schlag. Die Oberfläche wird zusätzlich durch eine Schicht Textilklebeband geschützt und von der Farbe her Metall angeglichen. Die wesentlichen Körperteile wie Kopf, Nacken, Wirbelsäule, Ellbogen, Knie, Nieren, Hände und Genitalien müssen dabei durch genau festgelegte Rüstung geschützt werden. Die meisten Kämpfer entscheiden sich jedoch freiwillig mehr Rüstung zu tragen, um auch den Torso, die Arme und die Beine zu schützen

Bevor er eigenverantwortlich kämpfen darf, wird ein Anfänger von erfahrenen Kämpfern trainiert. Dieses Training nimmt üblicherweise einige Zeit in Anspruch und soll sicherstellen daß der Kämpfer im Gefecht weder für sich noch für Andere eine Gefahr darstellt. Teil dieses Trainings ist es auch, leichte d.h. nicht verletzende Schläge von "guten" zu unterscheiden. Kommt der Getroffene zu dem Schluß, der Schlag hätte ihn durch die Rüstung hindurch verwundet, wird er bei einem Treffer der Gliedmaßen die Benutzung dieses Körperteils einstellen. Wird er an Torso oder Kopf getroffen, ist der Kampf zu Ende. Als Abschluss dieses Trainings findet dann eine Prüfung des Kämpfers durch mehrere Marschälle statt.

Zu den Formen des Kampfes in der SCA zählen auch Bogenschießen, Fechten und die Verwendung von Belagerungsgeräten.

Beim gerüsteten Kampf gibt es, unter anderem, folgende akzeptierte Kampfformen der einzelnen Kämpfer:

Namen und Wappen in der SCA

Mitglieder und Gruppen der SCA tragen mittelalterlichen Namen. Diese müssen für die jeweils dargestellte Zeit anhand von Quellen nachgewiesen werden.

Wappen müssen den generellen, mittelalterlichen Praktiken der Heraldik entsprechen. Die SCA hat ein eigenes Heraldikkollegium, dass die Mitglieder bei der Auswahl ihrer Namen und Wappen unterstützt. Diesem Charakter kann man auch das Wappen zuweisen. Namen und Wappen darf dann nur der Antragsteller innerhalb der SCA verwenden. Weiterhin darf man bei Namens- und Wappenerstellung nicht gegen geltendes Urheberrecht verstoßen. Es ist also nicht erlaubt, ein reales Familienwappen ohne die Zustimmung des Führenden zu verwenden.

Titel und Ränge in der SCA

Die SCA hat ein ausgeprägtes System von Titeln, Rängen und Ehrungen, die von der Krone für die verschiedensten Leistungen und Verdienste an einzelne Mitglieder verliehen werden. Sie sind nicht selbst ernannt, erblich oder käuflich, sondern persönlich.

Die SCA kennt zwei Arten des Hochadels, sog. Peers: der königliche und der verliehene Hochadel. Der königliche Hochadel besteht aus den ehemaligen Fürsten- und Königspaaren. Ex-Fürsten werden zu Landgrafen, Ex-Fürstinnen werden zu Landgräfinnen. Wer einmal ein Königreich regiert hat, wird Graf/Gräfin. Nach dem zweiten Mal wird man Herzog/Herzogin.

Die andere Form des Hochadels sind Mitglieder, die aufgrund von Talent, harter Arbeit und fortwährender Anstrengung Auszeichnungen für ihre Mühe verliehen bekommen. Es gibt drei verschiedene Formen dieser Auszeichnung, die die gleichen Grundvoraussetzungen haben:

  • Ehrenhaftes und höfliches Verhalten
  • Vertrautheit mit höfischem Verhalten
  • Nachweis des Einsatzes für den Verein und dessen Ideale.

Diese drei Orden sind gleichrangig.

Der älteste ist der "Order of Chivalry", der die Ritter beinhaltet. Kämpfer, die herausragende Kampffertigkeiten und beispielhafte Tapferkeit, Ritterlichkeit und Ehrenhaftigkeit gezeigt haben werden in ihn aufgenommen. Der nächste ist der "Order of the Laurel" der Künstlern und Handwerkern verliehen wird, die sich durch Forschungen über mittelalterliche Fertigkeiten, ihre Bereitschaft diese Kenntnisse weiterzugeben und ihre künstlerischen Fähigkeiten auszeichnen. Der Lorbeerkranz wurde den Siegern der griechischen Olympiaden, großen Dichtern usw. verliehen und galt als Symbol für Leistung und Erfolg. Als dritte Gruppierung gibt es den "Order of the Pelican", verliehen für außergewöhnliche Anstrengungen für die SCA. Der Pelikan war im Mittelalter Symbol der Opferbereitschaft. Ihm wurde nachgesagt, er würde sich in der Not die Brust öffnen, um mit seinem Blut seine Jungen zu nähren. Die Krone erhebt aufgrund von Vorschlägen Mitglieder in den Hochadel.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Society for Creative Anachronism – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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