Analogieschluß

Analogieschluß

Der Analogismus oder Analogieschluss (griechisch αναλογισμός, von Analogie) ist eine Schlussfolgerung aufgrund der Analogie zwischen zwei Objekten nach dem Muster:

A hat Ähnlichkeit mit B . B hat die Eigenschaft C . Also hat auch A die Eigenschaft C .

Objekte können dabei Wesen, Dinge oder Phänomene sein, die Ähnlichkeit kann in anderen Eigenschaften, Symptomen, Strukturen, Relationen und Funktionen bestehen.

Ein bekannter Analogieschluss bezieht sich auf das Bewusstsein:

  • Ich spüre an mir, was es bedeutet, Bewusstsein zu besitzen.
  • Ich nehme Ähnlichkeiten (beispielsweise im Verhalten) wahr zwischen mir und anderen Menschen.
  • Alle Menschen sind sich in dieser Hinsicht ähnlich.
  • Daraus schließe ich, dass alle Menschen ein Bewusstsein besitzen.

Dieses Schlussverfahren wird auch bezeichnet als Schluss per analogiam ( lat. ratiocinatio per analogiam). Dem Analogieschluss wird häufig Beweiskraft zugebilligt (die jedoch bestenfalls nur bedingt gegeben ist) und er wird dann als Analogiebeweis bezeichnet.

Zwei grundlegende Arten von Analogieschlüssen ergeben sich aus der Unterscheidung zwischen struktureller und funktioneller Analogie.

Entwicklung des Analogismus von der Antike bis zur Scholastik

Der Analogismus war als paradeigma schon bei Aristoteles zu finden (in: erste Analytik). Theophrast bezeichnete dieses Schlussverfahren als Schluss aus hypothetischen Prämissen. Die Epikureer betrachten dies Verfahren (o kata ten omoioteta tropos) als Mittel von den Erscheinungen zum Unbekannten. Bei Boethius wird dieser Schluss als exemplum bezeichnet. Während David Hume diese Schlüsse zu den Wahrscheinlichkeitsschlüssen rechnet, ordnet sie Wilhelm Wundt zu den Subsumtionsschlüssen (in: Logik I). In den theologischen Lehren der Scholastik erlangt das Verfahren aus theologischen Bedürfnissen eine besondere Wertung, vor allem in Hinblick auf positive Aussagen über die göttliche Vorstellung nach der so-genannten Analogie des Seins. Ansätze zu einer Verwendung der Analogieschlüsse in die allgemeine Methodologie der Naturwissenschaften finden sich erst bei Francis Bacon und in entwickelter Form bei John Stuart Mill.

Atommodelle als Anwendung eines Analogieschlusses

Der Analogieschluss ist eine wichtige Form der reduktiven Schlüsse und stellt ein vielfach bedeutsam gewordenes Erkenntnismittel zur Gewinnung wissenschaftlicher Hypothesen dar. Ein historisches Beispiel ist hierfür die Aufstellung der ersten Atommodelle zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die von der Annahme getragen wurden, dass sich die negativ geladenen Elektronen in Kreis- oder elliptischen Bahnen um den positiv geladenen Atomkern bewegen - jedes Atom also gleichsam als ein mikrokosmisches Sonnensystem betrachtet werden kann. Diese Annahme beruhte auf Analogieschlüssen der Tatsachen, dass das Coulombsche Gesetz, das die Kraft angibt, die zwei elektrischen Ladungen aufeinander ausüben, strukturell mit dem Newtonschen Gravitationsgesetz, aus dem wiederum die Keplerschen Gesetze der Planetenbahnen folgen, übereinstimmt.

Anwendung

Analogieschlüsse dieser Art haben sich als außerordentlich fruchtbar erwiesen und wichtige Teilerkenntnisse erbracht, bis die Erkenntnis der Quantisierung der Energie und der Bahnen im Falle der atomaren Strukturen den wesentlichen Unterschied zwischen den Verhältnissen eines Sonnensystems und der Atomstruktur einsichtig werden ließ. Dieses Beispiel zeigt zugleich die Problematik des Analogismus: es ist ein Schluss der Wahrscheinlichkeit. Im Grenzfalle geht die Analogie in Isormophie über, lässt sich die Analogie, die zunächst partiell gewonnen wird, d.h. von der Übereinstimmung in einigen wesentlichen Eigenschaften, Strukturen u.a. ausgeht, durch Zuordnung entsprechender Elemente totalisieren. Andererseits erweisen sich Analogieschlüsse als falsch, wenn neben aller Ähnlichkeit oder Übereinstimmung ein wesentlicher Unterschied zwischen den in der Analogie gesetzten Erscheinungen nachweisbar ist.

Die Möglichkeit von Analogieschlüssen beruht darauf, dass die Objektive Realität ein zusammenhängendes organisches Ganzes ist und ihre verschiedenen Bereiche übereinstimmende Züge, gleiche oder ähnliche Strukturen oder Funktionen aufweisen, die über die Analogie und eine entsprechende Modellbildung aus einem Bereich für einen anderen veranschaulicht oder erschlossen werden können. Derartige Schlüsse müssen dabei von der Ähnlichkeit oder Übereinstimmung in wesentlichen Merkmalen ausgehen und bedürfen einer ständigen Überprüfung durch die Praxis. Naturwissenschaftliche Analogien bieten in der Regel eine größere Sicherheit als gesellschaftwissenschaftliche, da in der Gesellschaft neben dem Faktor der Individualität die durch das Handeln der Menschen hervorgerufenen Modifizierungen allgemeiner Gesetzmäßigkeiten eine besondere Berücksichtigung finden müssen. Eine exakte und ins einzelne gehende Ausarbeitung der Formen des Analogieschlusses und seiner Anwendung, etwa vergleichbar mit dem Stand der Ausarbeitung der deduktiven Schlussverfahren, ist noch nicht absehbar.

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