Jüngling vom Helenenberg

Jüngling vom Helenenberg
Kopie der Kopie in der Außenstelle des Landesmuseums für Kärnten auf dem Magdalensberg

Der Jüngling vom Magdalensberg ist eine römische Bronzeplastik aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. Sie wurde 1502 auf dem Kärntner Magdalensberg gefunden und ist heute nur durch eine Kopie aus dem 16. Jahrhundert bekannt. Bis ins 20. Jahrhundert war die Statue auch als „Jüngling vom Helenenberg“ bekannt[1] nach der wesentlich länger außer Brauch gekommenen alten Bezeichnung für den Magdalensberg.[2]

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die aus Bronze gefertigte Plastik stellt einen nackten stehenden Jüngling in etwa in Lebensgröße dar. Standbein ist das rechte Bein, Spielbein das linke, das nur mit den Zehen den Boden berührt. Der linke Arm hängt frei herab, die rechte Hand ist bis in Schulterhöhe gehoben. Der Kopf ist halb nach rechts gewendet und folgt dem Gestus der rechten Hand.

Auf dem rechten Oberschenkel ist eine Inschrift eingeritzt:[3]

A[ulus] Poblidius D[ecimi] l[ibertus] Antio[cus]
Ti[berius] Barbius Q[uinti] P[ublii] l[ibertus] Tiber[inus oder -ianus]

Es ist die Widmung zweier Freigelassener, die wahrscheinlich als Händler in der Stadt auf dem Magdalensberg tätig waren.

Deutung

Weder aus der Statue selbst noch aus der Inschrift lässt sich eine Identifikation als Götterbildnis ableiten. Daher gibt es eine Fülle von Interpretationen. Diese reichen vom Athleten über Lampenträger (Lychnophoros) bis zu verschiedenen Gottheiten. Auch ein zusammen mit dem Jüngling gefundener vergoldeter Bronzeschild, der heute verschollen ist, hilft bei der Deutung nicht weiter. Der Schild trug die Inschrift:[3]

M. Gallicinus Vindili f[ilius] L[ucius] Barb[ius] L[ucii] l[ibertus] Philoterus pr[ocurator] / Craxsantus / Barbi[i] P[ublii] s[ervus].

Die Stifter des Schildes waren also ein freier Kelte, ein Freigelassener der oberitalischen Gens Barbia und ein einheimisch-keltischer Sklave derselben Familie. Dieser Familie gehörte auch einer der beiden Stifter der Jünglingsstatue an.

Neuere Interpretationen sehen die Statue als Kultstatue eines keltischen Mars auf dem Heiligtum am Berggipfel, als Noreia-Priester, als Teil einer der Noreia gewidmeten Statuengruppe, oder als Merkurstatue, die auf dem Forum der Stadt stand.

Einordnung

Die Statue ist ein eklektisches Werk römischer Idealplastik und wurde in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr. angefertigt. Vorbild war die griechische Plastik des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. Möglicherweise ist sie die Kopie eines Werkes aus der Schule des Polyklet.[4]

Der Jüngling ist die einzige bekannte antike Bronzegroßplastik aus dem Ostalpenraum und daher von überregionaler Bedeutung.

Provenienz

Die Statue wurde 1502 von einem Bauern beim Pflügen auf einer Terrasse südlich des Gipfels gefunden. Bald danach gelangte sie in den Besitz des Bischofs von Gurk und Humanisten Matthäus Lang von Wellenburg. Dieser nahm sie 1519 mit nach Salzburg, als er Salzburger Erzbischof wurde. Bis vor wenigen Jahren nahm man an, dass die Statue 1806 von Salzburg nach Wien kam, wo sie im Kunsthistorischen Museum ausgestellt ist. 1986 führten Untersuchungen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Wiener Statue eine Kopie aus der Mitte des 16. Jahrhundert ist.

Der Verbleib des Originals ist nicht mit Sicherheit nachzuvollziehen. Es dürfte um 1551 in den Besitz von König Ferdinand I. gekommen sein, nachdem ein Abguss angefertigt worden war, der in Salzburg verblieb. Das Original gelangte nach Spanien, wo es 1662 und 1786 in den königlichen Gärten des Schlosses von Aranjuez nachzuweisen ist. Seit circa 1850 ist das Original der Statue verschollen.

Vom Original sind nur zwei Abbildungen bekannt. Die eine stammt aus dem Inschriftenverzeichnis Inscriptiones sacrosanctae vetustatis von P. Apianus und B. Amantius von 1534, die andere ist ein Fresko Hans Bocksbergers d.Ä. im Kapellengang der Stadtresidenz von Landshut aus dem Jahre 1542.


Literatur

  • Gernot Piccottini, Hermann Vetters, mit Ergänzungen von Heinz Dolenz: Führer durch die Ausgrabungen auf dem Magdalensberg. Verlag des Landesmuseums für Kärnten, Klagenfurt 2003, S. 7ff, 27ff. ISBN 3-900575-24-X

Einzelnachweise

  1. Werner Fantur: Kärnten im Mosaik der Erde. Verlag Carinthia, Klagenfurt 1974, Kapitel „Der Jüngling vom Helenenberg“, S. 47 - 52
  2. Gernot Piccottini: Die besten Skulpturen der Austria Romana. In: Wolbert Ebner (Red.): Das ist Kärnten, 5. Aufl. Klagenfurt 2003, S. 18f. ISBN 3-85391-214-1
  3. a b CIL 3, 4815.
  4. Otto H. Urban: Der lange Weg zur Geschichte. Die Urgeschichte Österreichs. (= Österreichische Geschichte bis 15. v. Chr.). Ueberreuter Verlag, Wien 2003, S. 364, ISBN 3-8000-3969-9

Weblinks


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