Kaderakte

Kaderakte

Die Kaderakte war eine Dossier über jeden Beschäftigten in der DDR, das sowohl dienstliche als auch private Leistungen, Verhaltensweisen und Verfehlungen vermerkte und beim Wechsel des Arbeitsplatzes an den neuen Betrieb weiter gereicht wurde. Sie ist somit nur bedingt mit der heutigen Personalakte vergleichbar.[1]

Inhaltsverzeichnis

Gemeinsamkeiten mit der Personalakte

Erfüllung und Übererfüllung des Plansolls von Arbeitnehmern wurde in der Kaderakte ebenso vermerkt wie Verfehlungen, bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes wurde die Kaderakte – quasi als Arbeitszeugnis – an die Kaderabteilung des neuen Betriebs weitergegeben.

Unterschiede zur Personalakte

Nach sozialistischer Weltanschauung existierte keine wirkliche Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Die Befolgung sozialistischer Wertmaßstäbe wurde folglich in beiden Bereichen gleichermaßen gefordert. In Beurteilungen lautete das entsprechende Stichwort „Klassenstandpunkt“.[2] Im Gegensatz zu Polizei- und Stasiakten besaß jeder berufstätige Bürger ganz offiziell eine Kaderakte. Verfehlungen – wie z.B. zeitweise das Abhören von Westsendern – wurden daher auch in der Kaderakte vermerkt. Ein verbrieftes Einsichtsrecht von Seiten des Arbeitnehmers existierte nicht, folglich auch keine offizielle Widerspruchsmöglichkeit.[1] Entsprechend den niedrigen Datenschutzstandards in den sozialistischen Ländern standen Kaderakten sämtlichen Behörden zur Verfügung. Dazu war weder ein richterlicher Beschluss noch eine Information oder gar Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich.

Wegen ihrer brisanten Inhalte und weil ohne eine Kaderakte ein Wechsel der Arbeitsstelle unmöglich war[1], kann die Kaderakte als ein Instrument der Gängelung bezeichnet werden.[3]

Nach der Wende wurden die Kaderakten als Personalakten weitergeführt, sämtliche Hinweise auf nichtdienstliche Vorgänge mussten jedoch – spätestens auf Verlangen des Arbeitnehmers – entfernt werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese vielfach schon vorher entfernt wurden, um die Bespitzelung durch Nachbarn, Verwandte oder Arbeitskollegen zu verschleiern.

Ursprung

Historiker haben darauf verwiesen, dass es im 19. Jahrhundert das Arbeitsbuch für ostelbische Landarbeiter gab, welches man als Pendant zur Kaderakte ansehen kann.[3] Nachdem ein Arbeitsbuch lange Zeit nur für Lehrlinge üblich war, wurde es am 26. Februar 1935 mit dem Gesetz über die Einführung eines Arbeitsbuches (RGBl. I, S. 311) für alle Erwerbstätigen zur Pflicht. Das nationalsozialistische Arbeitsbuch ist damit der direkte Vorgänger der Kaderakte.

Einzelnachweise

  1. a b c Kontraste – Auf den Spuren einer Diktatur: Glossar. Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 3. August 2011.
  2. Beispiel für eine Kaderakte
  3. a b Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1949–1990: Bundesrepublik und DDR, Band 5, S. 224, C. H. Beck 2008, ISBN 3406521711

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