- Karl Wilhelm Naundorff
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Karl Wilhelm Naundorff (auch Naundorf; * 1785?; † 10. August 1845 in Delft) war ein deutscher Uhrmacher, der bis zu seinem Tod behauptete, Ludwig XVII. von Frankreich zu sein, und als Thronprätendent auftrat.
Im Jahr 1810 wurde er preußischer Bürger in Spandau. 1821 zog er nach Brandenburg an der Havel um. Dort wurde er zunächst der Brandstiftung beschuldigt und 1824 für drei Jahre wegen Fälschung und Betrugs inhaftiert.
Nach seiner Entlassung ging er um das Jahr 1827/1828 nach Gossen, wo er sich bereits als Herzog der Normandie ausgab. Naundorff behauptete, aus Paris nach Amerika entführt und wieder zurückgebracht worden zu sein. Beweise dafür lieferte er keine.
1834 wurde er nach Paris eingeladen, wo ein Anspruch des Herzogs von Richmond auf den Thron zur Verhandlung stand. Naundorff wurde als Gegenanspruch angeführt.
Obwohl Naundorff kaum Französisch sprach, gelang es ihm, verschiedene ehemalige Mitglieder des Hofes von Ludwig XVI. zu überzeugen, dass er der Dauphin sei. Unter ihnen war auch das Kindermädchen Ludwigs XVII., Agathe de Rambaud. Dabei sprach er zu ihnen so, als kenne er sie von der Kindheit an. Es gelang ihm auch, auf die meisten Fragen eine richtige Antwort zu geben.
Marie Thérèse Charlotte, die älteste Schwester des Prinzen Ludwig, erkannte jedoch auf einem ihr vorgelegten Bild keinerlei Ähnlichkeiten mit ihrem Bruder und lehnte es ab, Naundorff zu sehen.
1836 forderte Naundorff Marie Thérèse auf, ihm Eigentum auszuhändigen, das eigentlich ihm gehöre. Daraufhin inhaftierten ihn die Polizeikräfte des Königs Ludwig Philipps und deportierten ihn nach England. Dort versuchte er erfolglos, eine Bombe zu bauen. Dann erklärte er, am 1. Januar 1840 wieder den Thron besteigen zu wollen. Als das Datum verstrich, verlor er die Mehrzahl seiner Unterstützer.
Naundorff starb am 10. August 1845 in den Niederlanden, womöglich an einer Vergiftung. Er hatte dort immer noch Unterstützer, denn auf seinem Grab steht: „Hier ruht Ludwig XVII. König von Frankreich“.
Allerdings sollte geklärt werden, ob das Herz in St. Denis nicht vom Bruder des Dauphin stammen könnte, Louis Joseph (1781–1789), der auf Schloss Meudon starb. Gerüchte darüber gab es schon Anfang des 19. Jahrhunderts. Bei späteren Exhumierungsversuchen des Körpers von Ludwig XVII. fand sich ein leerer Sarg. Weitere Ungereimtheiten sind die Körpermale, die beim Tod Naundorffs entdeckt wurden und die mit denen Ludwigs XVII. übereinstimmten: die Narbe an der Lippe, das Muttermal am Schenkel, die vorstehenden Zähne und das Triangelmal der Impfung.
Eine unaufgeklärte Merkwürdigkeit ist, dass Naundorff in Spandau und Krossen ohne Vorlage einer Geburtsurkunde das Bürgerrecht erhielt, was sehr unüblich war. Auch im angenommenen Geburtsort Weimar fand sich schon im 19. Jahrhundert keine Geburtseintragung.
Literatur
- Karl Wippermann: Naundorf, Karl Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23, Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 319–321.
- La Délégation á l’action artistique de la ville de Paris. Ausstellungskatalog. Paris o. J. (1987)
- Jo van Ammers-Küller: Kolibri auf goldenem Nest. Roman. Holle, Frankfurt am Main 1950
- Robert Löhr: Das Erlkönig-Manöver. Roman. ISBN 978-3-492-25268-3. Thematisiert die Entführung des Dauphins, alias Karl Wilhelm Naundorff.
- Hans Roger Madol: Der Schattenkönig. Leipzig 1928. Beleuchtet alle Details des Lebens und Sterbens von Ludwig XVII. und Karl Naundorffs mit (Faksimile-)Dokumenten und Quellenangaben.
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