Kartause Buxheim

Kartause Buxheim
Betender Kartäuser im barocken Chorgestühl von Ignaz Waibl

Das Kloster Buxheim ist ein ehemaliges Kloster der Kartäuser und heutiges Kloster der Salesianer Don Boscos. Es liegt im oberschwäbischen Buxheim bei Memmingen in Bayern und gehört zur Diözese Augsburg. Das Kloster wurde vermutlich um 1100 als Kollegiatstift gegründet, 1402 an die Kartäuser als Kloster Maria Saal gegeben und bis 1812 als solches genutzt. Heute werden Teile des Klosters vom Deutschen Kartausenmuseum, von den Salesianern Don Boscos sowie vom angrenzenden Gymnasium mit Internat und Tagesheim genutzt.

Die Klostergebäude sind weitestgehend erhalten. In der Klosterkirche ist eines der ausdrucksstärksten Chorgestühle des Barocks in Deutschland zu sehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Wappen der Reichskartause Buxheim
St.-Anna-Kapelle des Dominikus Zimmermann, auch Kleine Wies genannt

Der Ort wurde im 7. Jahrhundert n. Chr. von Alemannen gegründet. Sie benannten ihr Heim nach dem Bach mit dem keltischen Namen Bux, der die Iller speist, Im 10. Jahrhundert schenkte Luitgard, vermutlich die Schwester des Bischofs Ulrich, den Ort der Augsburger Domkirche. Die Schenkung war mit der Auflage verbunden, in Buxheim ein Kollegiatstift für Priester zu gründen, das um 1100 seinen Dienst aufnahm.[1] 1402 übergab Propst Heinrich von Ellerbach die ärmliche Propstei, die am Rande des Existenzminimums stand, den Kartäusern. Von der Grande Chartreuse, der Ordensleitung, erhielt die Kartause 1406 den Namen Maria Saal. Als Bauernsiedlung mit etwa 250 Einwohnern fiel Buxheim in den Herrschaftsbereich der Kartause. Das Kloster wurde mit seinen Besitzungen zum wichtigsten Arbeitgeber für die Bevölkerung. In den Wirren des Bauernkrieges (1524/25) mussten die Klosterbewohner die erste Plünderung ihres sonst von der Außenwelt abgeschnittenen Refugiums erfahren. Fluchtartig verließen sie ihre Kartause. Nur noch zwei Mönche und zwei Laienbrüder lebten im Jahre 1543 in der weitläufigen Klosteranlage.

Protestantismus

Das Kloster stand zunächst unter dem Schutz der Reichsstadt Memmingen. Gemeinsam mit dem Prior von Buxheim hatte die Stadt die niedere Gerichtsbarkeit inne. Im Zuge des Schmalkaldischen Krieges (1546/47) besetzte 1546 die protestantisch gewordene Reichsstadt Memmingen das Kloster und untersagte die katholische Messfeier, das Chorgebet und das Tragen von Ordenskleidung. Eine weitere protestantische Zwangsmaßnahme war die Verpflichtung zur Teilnahme an protestantischen Predigten. Schon im folgenden Jahr war die Stadt gezwungen, ihre ordensfeindlichen Anordnungen aufzuheben. Auf dem Reichstag in Augsburg 1548 erreichte der Prior des Klosters den Abzug der Memminger und den Rang eines reichsunmittelbaren Prälaten. König Ferdinand stellte das Kloster unter den Schutz des Hauses Habsburg und des Heiligen Römischen Reiches.

Säkularisation

Buxheim war bis zur Säkularisation 1802/3 die einzige Reichskartause. 1803 kam die Kartause an den Grafen von Ostein, der den Konvent bestehen ließ, jedoch wurden keine Novizen mehr aufgenommen. Der letzte Mönch starb 1860. Das Kloster fiel 1809 durch Erbschaft an den Grafen Waldbott von Bassenheim, der die Anlage ab 1812 als Schloss nutzte. 1916 übernahm der Staat die Gebäude, 1926 kamen sie in den Besitz der Salesianer. Während des Zweiten Weltkriegs wurde ein Teil des Klosters vom Stab des NSDAP-Reichsleiters Alfred Rosenberg genutzt. Auch Beutekunst wurde hier deponiert. 1947 eröffneten die Salesianer ein Internat, das Marianum, das 1964 in ein vollwertiges Gymnasium umgewandelt wurde. Seit 1980 steht es auch externen Schülern offen, seit 1983 besuchen auch Mädchen den Unterricht.

Klosteranlage

Refektorium mit stuckiertem Rokoko-Gewölbe

Nach der Übernahme durch die Kartäuser entwickelte sich die wirtschaftliche Situation gut, Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die alte Kollegiatkirche erweitert, bis 1516 entstanden zweiundzwanzig Mönchshäuschen entlang des Kreuzganges. Teile der mitterlalterlichen Klosteranlage wurden im 18. Jahrhundert durch die Gebrüder Zimmermann aus Wessobrunn im Stil des Barock und Rokoko umgestaltet. Dominikus Zimmermann und Johann Baptist Zimmermann gestalteten bis 1713 die Klosterkirche, das Refektorium und den Kreuzgang, 1727 die neben der Klosteranlage gelegene Pfarrkirche sowie zwischen 1738 und 1741 die St.-Anna-Kapelle im Kreuzgang des Klosters. Zum Kloster gehörten zudem mehrere Wirtschaftsgebäude und Fischteiche.

Klosterkirche

→ Hauptartikel: Klosterkirche Buxheim

Chorgestühl der Klosterkirche

Überregionale Bedeutung als ein Meisterwerk barocker Schnitzkunst hat auch das weitgehend erhaltene, zwischen 1687 und 1691 entstandene hochbarocke Chorgestühl der Klosterkirche, das der Tiroler Bildhauer Ignaz Waibl mit reichem ornamentalen und figürlichen Schmuck versehen hat. 1883 wurde es in München im Auftrag des Grafen Hugo Waldbott von Bassenheim versteigert und gelangte nach England. 1979 gelang der Rückkauf, so dass es seit 1992 aufwändig restauriert wieder an ursprünglicher Stelle zu sehen ist. Auf dem Gesims des Dorsale (Rückwand) sind die zwölf Apostel dargestellt, je zur Hälfte auf der Nord- und auf der Südseite des Gestühls. Auf der Westseite stehen als Repräsentanten des Alten Testamentes David, Moses, Aaron und Melchisedek und über der Eingangstür ist der Erzengel Michael platziert. In die Nischen der Dorsalefelder sind die Figuren von Heiligen eingefügt. Es handelt sich hauptsächlich um Eremiten, Ordensgründer und Reformer.

Hochaltar
Bild Persönlichkeit Mittelgang Persönlichkeit Bild
Philipp Neri
16. Jh.
Gründer der Oratorianer
Teresa von Ávila
16. Jh.
Reformerin der Karmeliten
Ignatius von Loyola
15./16. Jh.
Gründer der Jesuiten
Johannes von Gott (?)
15./16. Jh.
Vorbild für die Barmherzigen Brüder
Kajetan von Thiene
15./16. Jh.
Mitgründer der Theatiner
Franz von Assisi
12./13. Jh.
Gründer des Ordens der Minderen Brüder
Birgitta von Schweden
14. Jh.
Gründerin der Birgittinen
Petrus de Murrone
13. Jh.
Eremit, Gründer der Coelestiner-Eremiten
Petrus Nolascus
12./13. Jh.
Mitgründer der Mercedarier
Figur fehlt Philippus Benitius
13. Jh.
Generalprior der Serviten
Franz von Paola (?)
15./16. Jh.
Gründer der Paulaner (Minimen)
Dominikus von Caleruega
12./13. Jh.
Gründer der Dominikaner
Johannes von Matha
12./13. Jh.
Mitgründer der Trinitarier
Guido von Montpellier
12./13. Jh.
Gründer der Brüder vom Orden des Heiligen Geistes
Stephan von Muret (?)
11./12. Jh.
Gründer der Grammontenser
Norbert von Xanten
11./12. Jh.
Gründer der Prämonstratenser
Wilhelm von Maleval
12. Jh.
Eremit, Vorbild für die Wilhelmiten
Robert von Molesme (?)
11./12. Jh.
Mitgründer der Zisterzienser
Bruno von Köln
11./12. Jh.
Gründer der Kartäuser
Romuald von Camaldoli (?)
10./11. Jh.
Gründer der Camaldulenser
Odo von Cluny
9./10. Jh.
Benediktinerabt (Reformer)
Benedikt von Nursia
5./6. Jh.
Gründer der Benediktiner
Augustinus (?)
4./5. Jh.
Verfasser der Augustinusregel
Hieronymus
4./5. Jh.
Eremit, Kirchenlehrer
Basilius der Große
4. Jh.
Vater des morgenländischen Mönchtums
Antonius der Große
3./4. Jh.
Vater des abendländischen Mönchtums
Paulus von Theben
3./4. Jh.
Erster Eremit, Vorbild für die Pauliner
Figur fehlt
Figur fehlt Johannes der Täufer
1. Jh.
Prophet und Täufer
Elias
9. Jh. v. Chr.
Prophet, von den Karmeliten als "Gründer" verehrt
Maria Christus

Ursprünglich umfasste das Programm 36 Figuren. Bei einer Umstrukturierung des Chorgestühls zu Beginn des 18. Jahrhunderts gingen fünf Plätze mit den dazugehörigen Statuen einschließlich ihrer Namenskartuschen verloren; zu einem Verlust von weiteren drei Figuren kam es nach dem Verkauf des Gestühls, allerdings stehen noch ihre Namen in den Kartuschen. Da mehrere Namen in anderen Kartuschen aber nicht mehr erhalten sind, musste die Reihenfolge der heutigen Aufstellung mühevoll rekonstruiert werden. Bestehende Unsicherheiten sind durch Fragezeichen gekennzeichnet. Möglicherweise handelt es sich auf der rechten Seite nicht um Franz von Paola, sondern um einen anderen Ordensgründer.

Siehe auch

Literatur

  • Sybe Wartena: Die Süddeutschen Chorgestühle von der Renaissance bis zum Klassizismus. München 2008 (Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität)
  • Wolfgang Braunfels (Hrsg.): Lexikon der christlichen Ikonographie. 8 Bde. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau u.a. 1968-1976, ISBN 3-451-22568-9
  • Klaus Kratzsch: „Zur Baugeschichte der ehemaligen Reichskartause Buxheim bis 1803/12.“ In: Das Buxheimer Chorgestühl (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, 66), München, 1994 (S.59-70) ISBN 3-87490-569-1

Einzelnachweise

  1. Das Kloster beim Haus der bayerischen Geschichte. Abgerufen am 13. Oktober 2008.

Weblinks

47.99949444444410.1337555555567Koordinaten: 47° 59′ 58″ N, 10° 8′ 2″ O


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