- Kaufreue
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Unter Kaufreue (engl. buyer's remorse) wird in der Verkaufspsychologie die Unsicherheit eines Kunden nach dem Erwerb einer Leistung verstanden.[1]
So könnte ein Autokäufer nach der Lektüre eines negativen Testberichts seine Entscheidung bereuen. Diese Reue muss jedoch erst eine Schwelle überschreiten, um zu einer Handlung (Reklamation, Rückgabe, Nachverhandlung) zu führen. Da es sich hierbei um eine Form der kognitiven Dissonanz handelt, spricht man auch von Nachkauf-Dissonanz (NKD).[2]
Die Stärke der Kaufreue steht im direkten Verhältnis zu einer starken emotionalen Argumentation im Verkaufsgespräch. Die Kaufreue steht unmittelbar im Zusammenhang mit nachträglichen Zweifeln an den zugesagten (emotionalen) Nutzwerten der Leistung.
Inhaltsverzeichnis
Wirkungen
Der Zweifel an der Vorteilhaftigkeit eines Geschäftsabschlusses ist für den Kunden ein reguläres psychologisches Phänomen. Jeder kennt das Gefühl, nach einem Kauf in gewisse Zweifel zu verfallen, ob man auch den günstigsten Preis erzielt oder vielleicht über den tatsächlichen Bedarf hinaus gekauft hat.
Kunden, die im Verkaufsgespräch gedrängt werden und den Verkaufsvorgang entweder aufgrund stark emotionaler Argumentation euphorisch oder unter emotionalem Druck (hard selling) mit einem Abschluss beenden (z. B. Angst vor Unterversorgung oder Einsamkeit), empfinden kurz nach der Kaufentscheidung eine viel stärkere Wahrnehmung. Das Gefühl, übervorteilt worden zu sein, über den tatsächlichen Bedarf hinaus gekauft oder beteiligte Partner nicht hinreichend berücksichtigt zu haben, kann den Wunsch nach Stornierung des Geschäftes hervorrufen.
Das Gefühl, nicht die besten Konditionen erzielt oder nicht zum richtigen Zeitpunkt gekauft zu haben, kann auch mit rationalen Erkenntnissen im Nachhinein korrespondieren. So ist es beispielsweise möglich, dass Kunden nach der Unterschrift erkennen, dass ihre Informationen über den Stand der Technik veraltet waren oder der Bedarf sich bei ihnen kurzfristig anders entwickelt als geplant. Die Folgen sind Storni, also Vertragsaufhebungen bzw. Versuche, die Leistungserbringung zu stören (Annahmeverzug, Mängelrüge, Zahlungsverzug etc.).
Insgesamt kann das Image einer Marke, eines Unternehmens und/oder eines Verkäufers stark unter diesen Folgen leiden, sodass es die Aufgabe des Marketings bzw. der Verkäufer sein sollte, kognitive Dissonanzen allgemein und Kaufreue im speziellen zu vermeiden.[3]
Maßnahmen
Die Kaufreue kann im Verkaufsgespräch durch empathisches Verhalten des Verkäufers abgefangen werden. Hierzu nutzt der Verkäufer die Absicherung von Vorentscheidungen im Laufe des Gespräches durch wiederholtes Nachfragen des veritablen Kundennutzens beim Kunden und federt so etwaige Zweifel im Rahmen der Überzeugungsphase bereits möglichst stark ab.
Typische Fragen zur Festigung der Kaufüberzeugung führen den Kunden in seine eigene spätere Anwendung und sichern so das Gefühl ab, in der Zukunft nicht alleine gelassen zu sein. Diese Phase des Verkaufsgespräches ist die Überzeugungsphase, zu erkennen am Austausch von Argumenten und der Einwandbehandlung. Der Kunde soll sich nach dem Kauf, möglichst noch durch die Gabe einer Empfehlung für das Produkt, so sicher fühlen, dass seine Kaufreue gering bleibt und die Ausübung von Widerrufsrechten bei Haustürgeschäften (§ 312 BGB) und Fernabsatzgeschäften (§§ 312b ff. BGB i. V. m. §§ 355 ff. BGB) oder Zahlungsverzögerungen unterbleiben. Da Kaufreue mehr oder weniger stark grundsätzlich auftritt, wird der Berater dem Kunden auch in der Preisverhandlung zumeist einkalkulierte Zugeständnisse machen, um ihm das Gefühl zu geben, in der Verhandlung nicht übervorteilt worden zu sein.
Gegenmaßnahmen
Häufig nutzt der nicht entsprechend beratene Kunde vorgebliche Produkt- oder Leistungsmängel, um seine Kaufreue auszudrücken. Diese „Rache des kleinen Mannes“ zeigt sich dann in vorgeschobenen Mängellisten, Zahlungsverzögerungen oder Teilzahlungen ohne sachlich hinreichenden Grund. Der Unternehmer kann hier erkennen, dass entweder sein Produkt tatsächlich mangelhaft ist oder es dem Verkäufer nicht gelungen ist, eine entsprechende Wertvorstellung beim Kunden aufzubauen. Häufig erkennt der Unternehmer aber auch, dass seine Preisvorgaben einfach nicht marktfähig sind und der Verkäufer zur Durchsetzung der vorgegebenen Preise sehr stark auf so genannte induktive Argumente zurückgreifen musste.
Sollten „echte“ Preiszugeständnisse gemacht werden und der Verkäufer mit Verlust verkauft haben, kommt das Phänomen der (Ver-)Kaufreue selbstverständlich auch auf der Seite des Anbieters vor. Hierfür hat die Verkaufspsychologie bisher keinen gefestigten Begriff definiert.
Einzelnachweise
- ↑ Peter Arndt, Gerold Braun: Erfolgreich Kunden akquirieren: Wie Sie als Finanzdienstleister Kunden gewinnen und mehr Profit erzielen, Gabler, 1. Auflage, 2006, ISBN 3409142495, Seite 125
- ↑ Das GWA Werbe-Wiki – Stichwort: Nachkaufdissonanz (NKD)
- ↑ kognitive Dissonanz – Definition im Gabler Wirtschaftslexikon
Literatur
- Axel B. Weber: Die Theorie der kognitiven Dissonanz in ihrer Relevanz für Kaufentscheidungen von Konsumenten und die Gestaltung von Marketingkommunikation. Zürich, Frankfurt am Main 1978
- Leon Festinger: Theorie der kognitiven Dissonanz. Bern 1957
Weblinks
- Antizipierte Nachkaufdissonanz als Entscheidungsfaktor – Artikel von MarketingGuy, 1. September 2009, Markentreue.com
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