Keupstraße

Keupstraße

Die Keupstraße ist weit über Köln hinaus als ein Zentrum des türkischen Geschäftslebens bekannt. Sie befindet sich im rechtsrheinischen Stadtteil Mülheim.

Keupstraße

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die Keupstraße beginnt am Zusammentreffen der Dünnwalder Straße mit der Mülheimer Freiheit und verläuft in einem Bogen zur Bergisch Gladbacher Straße in unmittelbarer Nähe zum Wiener Platz. Sie hat eine Länge von etwa 800 Meter.

Geschichte

Die Straße, die anfangs den Namen Wolfstraße trug, ist im Rahmen der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts in der damals noch selbstständigen Stadt Mülheim am Rhein entstanden. Der heutige Straßenname erinnert an die Witwe des Mülheimer Getreidehändlers Kaspar Keup, Maria Sybilla Petronella Keup, die das Kapital für das 1857 hier gegründete Dreikönigen-Hospital stiftete.[1] Das Krankenhaus war bis 1975 in Betrieb. Heute steht dort ein neugebautes Altenheim des Arbeiter-Samariter-Bunds. Schon während der Industrialisierung wurden viele ausländische Arbeitskräfte mit der Aussicht auf Arbeit und Lohn angeworben. Dies setzte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg fort, als die Arbeitskräfte knapp waren. Bereits in den 1950er und 1960er Jahren zogen wieder die ersten Arbeitsmigranten in die Keupstraße. Die damaligen Kabelwerke Felten & Guilleaume in der benachbarten Schanzenstraße beschäftigten in diesen Jahrzehnten bereits eine große Zahl von ausländischen Mitarbeitern. Die vorwiegend türkischen Arbeiter suchten in Köln preiswerten Wohnraum und fanden ihn in den damals sanierungsbedürftigen und teilweise heruntergekommenden Mietshäusern in der Nähe ihres Arbeitsplatzes.

In den beiden darauf folgenden Jahrzehnten war die Straße einer der Hauptumschlagplätze für Drogen in Köln und wandelte sich zu einem sozialen Brennpunkt. Durch die konsequente Präventionsarbeit der Polizei konnte die Drogenszene aus dem Viertel verdrängt werden. In denselben Jahren haben türkische Migranten, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagten, nacheinander schrittweise leerstehende Ladenlokale angemietet. Seither hat die Straße sich zu einem türkischen Handels- und Dienstleistungszentrum entwickelt, dessen Anziehungskraft weit über die Stadtgrenzen hinaus geht.

Heutiges Erscheinungsbild

Die Straße wird zumeist von viergeschossigen Wohn- und Geschäftshäusern aus der Gründerzeit, dem frühen 20. Jahrhundert und Zweckarchitektur der Nachkriegszeit gesäumt. Ein Teilstück der überwiegend türkisch geprägten Straße liegt direkt an der Werksmauer des angrenzenden Industriegeländes. Die Erdgeschosse der Häuser werden von mehrheitlich türkischstämmigen Kaufleuten, viele hiervon Kurden, als Ladenlokale genutzt. Hier wechseln sich die Geschäfte der unterschiedlichsten Branchen ab. In den Obergeschossen leben überwiegend Migrantenfamilien türkischer Herkunft. Einige Gebäude verfügen über eine Durchfahrt zu den Hinterhöfen. Dort befinden sich Hinterhäuser mit Wohnungen, weitere Gewerbebetriebe sowie zwei Moscheevereine. Die Geschäftsfassaden sind teilweise im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben, einige wurden modern gestaltet, andere wiederum mit orientalischen Ornamenten verziert.

Der Kern des Geschäftsbereichs der Straße darf nur in eine Fahrtrichtung befahren werden. Durch spezielle Aufpflasterungen wird die Geschwindigkeit des fließenden Verkehrs in der tagsüber und bis in die späten Abendstunden belebten Einkaufsstraße beschränkt. Entlang der Fahrbahn befinden sich auf beiden Seiten Parkbuchten. Diese reichen jedoch nicht für alle Anwohner und Geschäftskunden aus, sodass häufig in zweiter Reihe geparkt wird und der Straßenverkehr zeitweise zum Erliegen kommt.

Eine sechsspurig ausgebaute Hauptverkehrsader durchschneidet die Keupstraße und grenzt den näher zum Rhein gelegenen Fortlauf vom geschäftigen Teil der Straße ab. Direkt daneben befindet sich die gleichnamige Haltestelle der Kölner Stadtbahn. Dieser kürzere Abschnitt dient vornehmlich als Wohngebiet. Hier wurde auch ein Kinderspielplatz angelegt. Die ersten Meter des Straßenzuges sind als Platzfläche gestaltet und verkehrsberuhigt. Hier wurde vor einigen Jahren das Norbert Burger - Seniorenheim errichtet. An der Stelle befand sich früher das Dreikönigen-Hospital. Einige Sitzbänke und der gegenüber in jüngster Zeit erbaute Dreikönigenbrunnen sollen bei schönem Wetter zum Verweilen einladen.

Infrastruktur

Die Kölner Keupstraße ist bekannt als eine Einkaufsstraße mit exotischem Flair. Die bestehende Infrastruktur aus Einzelhandel, Dienstleistungen und Gastronomie ist auf den Bedarf und die Nachfrage türkischstämmiger Landsleute abgestimmt und wird von dieser Kundschaft gerne angenommen. Das Angebot setzt sich in der südlich angrenzenden Bergisch-Gladbacher Straße über eine Reihe von Häusern weiter fort und wird so von insgesamt rund 100 Händlern und Dienstleistern abgedeckt. Eine türkische Familie kann sich durchaus mit dem kompletten täglichen Bedarf eines Haushaltes, vielen Gebrauchsartikeln und Diensten versorgen, ohne eine andere Einkaufslage aufsuchen zu müssen. In letzter Zeit ist jedoch eine starke Zunahme von Restaurants und Imbiss zu beobachten.

Einzelhandel

Der Einzelhandel ist mit Lebensmittelmärkten, Obst- und Gemüseläden, Bäckereien und Konditoreien vertreten. In dem lebhaften Straßenzug haben sich gleich fünf Juweliere und mehrere Läden mit Haushaltsgeräten, Haushaltsartikeln sowie Dekorations- und Geschenkbedarf niedergelassen. Ein Geschäft hat sich ausschließlich auf den Verkauf von Geschenk- und Zierkarten spezialisiert. Die Bekleidungsbranche ist mit mehreren Boutiquen vertreten. Hier sind Textilien, Schuhe und Accessoires im Angebot. Den gehobenen Bedarf deckt ein Modegeschäft für Abend- und Festgarderobe ab. In der Straße sind auch Läden für Elektronik und Telefonzubehör anzutreffen. Daneben gibt es noch ein Geschäft für türkische Tonträger, eine Buchhandlung wie auch einige Kioske. Hin und wieder wird das Angebot durch Kleinhändler ergänzt, die aus einem Verkaufswagen Frischwaren zum Kauf anbieten. Bäckereien, Kioske und Gastronomie haben auch an Sonntagen geöffnet.

Dienstleistungen und Gastronomie

Das Dienstleistungsgewerbe ist mit einer Fahrschule, Immobilienagentur, Reisebüros, einer Änderungsschneiderei, einem Fotoatelier und mehreren Friseursalons vertreten – türkische Bankfilialen oder Arztpraxen fehlen hingegen. Daneben gibt es noch eine Anwaltskanzlei. Eine Vielzahl an Imbissstuben, Teestuben, Kneipen und Restaurants rundet das Bild in der Gastronomie ab. Die Restaurants sind meistens traditionell eingerichtet, verfügen über ein orientalisches Ambiente und werden auch von Deutschen und Gästen anderer Nationalitäten häufig besucht.

Bombenanschlag

Die Geschäftsstraße geriet 2004 landesweit in die Schlagzeilen, als am 9. Juni durch ein Nagelbomben -Attentat 22 Menschen verletzt wurden, vier von ihnen schwer. An mehreren Ladenlokalen entstanden erhebliche Sachschäden. Ein Friseursalon wurde durch die Wucht der Detonation völlig verwüstet. Daneben wurden zahlreiche geparkte Autos durch die Explosion und die umherfliegenden Nägel beschädigt. Über den Täter, das Motiv und die Hintergründe herrschte über Jahre Unklarheit. Ein terroristischer Akt wurde zunächst ausgeschlossen. Spekulationen gingen sowohl von einem fremdenfeindlichen Hintergrund wie auch von Streitigkeiten zwischen türkischen Geschäftsleuten aus. Andere Mutmaßungen brachten den Sprengstoffanschlag mit dem Kurdenkonflikt in der Türkei in Verbindung.

Im November 2011 stellte sich heraus, dass die Tat vermutlich der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund zuzuschreiben ist.[2]

Trivia

Einen Monat nach dem Anschlag suchte der damalige Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters den Tatort auf. Seinen Rundgang startete er bei dem Friseur, dessen Geschäft durch die Nagelbombe zerstört wurde. Roters zum Inhaber: „Bei mir wird's ja langsam wieder Zeit. Rufen Sie mich an, dann bin ich Ihr erster Kunde.“ [3] Er hielt Wort und ließ sich bei der Wiedereröffnung des Salons die Haare schneiden.

Sonstiges

Hin und wieder dient die Straße als Kulisse für Filmaufnahmen. Im Januar 2007 wurde im WDR Fernsehen die Dokumentarfilmreihe Die Özdags über den Alltag einer türkischstämmigen Großfamilie ausgestrahlt, die hier eine Konditorei betreibt.

Im August 2011 wurde dort ein YouTube-Video des deutschsprachigen Rappers Eko Fresh gedreht, das vom Label Aggro.tv als Teil der Staffel „Halt die Fresse" im Internet verbreitet wird.

Siehe auch

Quellen und Einzelnachweise

  1. Ulrich S. Soenius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen-Lexikon. Greven, Köln 2007, S. 279
  2. Der Spiegel, Artikel vom 12. November 2011
  3. Kölner Stadtanzeiger Online 15. Juli 2004

Weblinks

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