Nagelbomben-Attentat in Köln

Nagelbomben-Attentat in Köln
Keupstraße, 2007

Bei dem Nagelbomben-Attentat in Köln am 9. Juni 2004 in der Köln-Mülheimer Keupstraße, die als Zentrum des türkischen Geschäftslebens bekannt ist, wurden mit einer ferngezündeten Nagelbombe 22 Menschen verletzt, vier davon schwer. Ein Friseursalon wurde vollständig verwüstet, mehrere weitere Ladenlokale und zahlreiche parkende Autos durch die Explosion und herumfliegenden Nägel erheblich beschädigt. Im November 2011 konnte der Anschlag der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund zugeordnet werden.

Die Bombe war auf dem Gepäckträger eines Fahrrads montiert und dieses vor dem Friseurladen abgestellt worden. Es handelte sich dabei um eine mit Schwarzpulver und etwa 10 Zentimeter langen Tischlernägeln gefüllte Drei-Kilo-Gasflasche, die durch eine Glühbirne ohne Glashülle gezündet und durch eine handelsübliche Hobby-Fernsteuerung ausgelöst wurde. Die Täter müssen sich entsprechend während der Zündung im Umfeld des Tatorts aufgehalten haben. Durch die Wucht der Explosion wirkten die Nägel wie Projektile, in dem unmittelbar betroffenen Friseurladen brach ein Feuer aus.[1]

Erste Erfolge in der Ermittlung konnten durch die Aufzeichnungen einer Überwachungskamera verzeichnet werden. Diese war am Gelände des ums Eck liegenden Fernsehsenders Viva angebracht und hatte einen Mann gefilmt, der kurz vor dem Anschlag mit einem Fahrrad an der Zentrale vorbeilief. Zeugenaussagen konnten bestätigen, dass es sich um den Mann handelte, der das Fahrrad in der Keupstraße abgestellt hatte. Das Bild zeigte einen etwa 30jährigen Mann, vermutlich mitteleuropäischer Herkunft, mit einer tief ins Gesicht gezogenen Baseballkappe. Er konnte nicht identifiziert werden. Allerdings wurden im Juni 2005, nach dem Mord an İsmail Yaşar, dem fünften Opfer der sogenannten Mordserie Bosporus, in Nürnberg Phantombilder von Verdächtigen angefertigt und die Ähnlichkeit eines Mannes mit dem hiesigen Bild festgestellt. Als weitere Gemeinsamkeiten wurde die Benutzung von Fahrrädern gewertet.[2]

Über das Motiv gab es zahlreiche Vermutungen - so wurde über einen Racheakt, ein Streit im Drogen- oder Rotlichtmilieu, Schutzgelderpressung oder ein Anschlag der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) spekuliert - die jedoch bald wieder verworfen wurden.[3] Einen terroristischen Akt schlossen die Ermittlungsbehörden aus, sie bezogen sich dabei auf islamistischen Terrorismus, ein rechtsextremistischer Hintergrund wurde nicht erwähnt.[4] Anwohner und Betroffene hingegen äußerten diesen Verdacht wiederholt, in einem Zeitungsartikel vom 9. Juni 2004 wird als wörtliches Zitat wiedergegeben: „Nach meiner Vermutung waren das die Rechtsextremen - wegen der Europawahlen am Sonntag“.[5]

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel bekannte sich der sogenannte „Nationalsozialistische Untergrund“ zu dem Anschlag. Eine entsprechende DVD wurde nach einem Brand in den Trümmern des Wohnhauses der Gruppe sichergestellt. Die Datenträger waren zum Versand an Medien bestimmt.[6][7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kölner Stadt-Anzeiger Zünder aus dem Modellbaukasten, Artikel vom 15. Juni 2006
  2. Hamburger Abendblatt: Sieben Tote, eine Waffe - die Spur des Mörders, Artikel vom 23. Juni 2005
  3. Kölner Stadt-Anzeiger: War es ein Racheakt, ein Streit im Drogenmilieu oder die Tat eines wirren Einzeltäters?, Artikel vom 12. Juni 2004
  4. Kölner Stadt-Anzeiger: Stochern im Nebel, Artikel vom 30. Juli 2004
  5. Kölner Stadt-Anzeiger: „Es sah aus wie im Krieg”, Artikel vom 9. Juni 2004
  6. Der Spiegel, Artikel vom 12. November 2011
  7. Spiegel TV Magazin: „Die Braune Zelle“, vom 13. November 2011
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