Knochenleim

Knochenleim
Knochenleim, Granulat

Bei Knochenleim handelt es sich um einen meist auf der Basis entfetteter, gebleichter und entmineralisierter Rinderknochen hergestellten Glutinleim. Hergestellt wurde er von sogenannten Leimsiedern.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung von Knochenleim

Bei der Leimherstellung muss zwischen Knochen- (Glutin) und Knorpelleim (Chondrin) unterschieden werden, da das Glutin ein weitaus höheres Klebeverhalten als das Chondrin aufweist. Zuerst müssen also die Knochenteile von den Knorpelteilen (wie Gelenke usw.) getrennt werden. Danach werden die Knochen entfettet und zerkleinert. Diese werden dann in Wasser ausgekocht. Die im Knochen enthaltenen Kollagene werden gelöst und gehen bei anhaltendem Kochen unter Wasseraufnahme in Glutin über. Das Glutin besitzt die Eigenschaft, nach dem Erkalten eine gallertartige Masse (Rohleim) zu bilden. Die Ausbeute ist dabei aber relativ gering. Der Rohleim muss dann eingedampft werden, um das überflüssige Wasser zu entfernen. Diese Masse wird dann getrocknet und kann weiterverarbeitet und verwendet werden (z. B. zur Möbelherstellung).

Anwendung

Knochenleim ist ein Warmleim. Er wird erst unter Wärmezufuhr richtig flüssig, darf jedoch nicht wärmer als 75 °C werden, da er sich sonst zersetzt und einen Teil seiner Klebkraft verliert. Am einfachsten ist daher die Erwärmung über einem Wasserbad, wobei er durch den schon etwas abgekühlten Dampf erwärmt wird. Das Wasser sollte dabei nicht kochen.

Geschichtliche Hinweise zur Leimherstellung und -verwendung

Flüssiger Knochenleim

Hinweise auf die Verwendung von Leim existieren bereits im Alten Ägypten. Man fand dort nicht nur verleimte Möbelstücke, sondern auch Inschriften und erhaltene Leimreste. Auch haben sich Wandgemälde erhalten, die die Verwendung von Leim in Tischlerwerkstätten zeigen, so z. B. im Grab des Präfekten Rekhmara von Theben (ca. 1475 v. Chr.) oder im Grab des Nebanon und des Ipuki (Oberaufseher der Bildhauer Thebens).

Die Griechen nutzten bereits in der Frühzeit Leim. Es lässt sich aber nicht mehr feststellen, ob sie die Leimherstellung selbst entwickelt hatten oder von den alten Ägyptern übernommen haben. Bereits Homer erwähnt die Nutzung von Leim in seinen Dichtungen. Später schreibt der griechische Philosoph Theophrast (371–286 v. Chr.) in seiner „Geschichte der Gewächse“ von der Holzverleimung. Natürlich zeugen auch die vielen Vasenbilder von der Kunstfertigkeit der griechischen Tischler.

Die Römer nutzten die gleichen Arten von Leim wie die Griechen, dies war wohl auch eine Folge der römischen Eroberung Griechenlands. So spricht Plinius der Ältere in seiner „Naturgeschichte“ von verschiedenen Leimarten und deren Herstellung.

Aus dem Mittelalter fand man einige Handschriften, die von der Herstellung von Leim handeln, so zum Beispiel eine Handschrift des Benediktinermönchs Theophilus Presbyter aus dem 11./12. Jahrhundert mit dem Titel „Abriss verschiedener Künste“. Die Herstellungsweisen des Leims verfeinerten sich im Laufe der Zeit (so z. B. die Erfindung des Leimtiegels oder die Verbesserung der Rezepte) und werden bis in die Gegenwart genutzt.

Beim Buchbinden wurde bis ins zwanzigste Jahrhundert Knochenleim verwendet; inzwischen wurde er durch verschiedene schnell trocknende Leime abgelöst. Da er nur im warmen Zustand verwendet werden kann, stand er den ganzen Tag in einem warmen Wasserbad was zu einem typischen Geruch in den Buchbindereien führte.

Im Geigenbau wird bis heute Knochenleim verwendet.

Sprachliches

Dass die Herstellung von Knochenleim eine langwierige Arbeit war, erkennt man an der Redensart „arbeiten wie ein Leimsieder“ für jemanden, der sich für seine Arbeit übermäßig viel Zeit nimmt.

Im südlichen deutschen Sprachraum (Bayern und Österreich) bezeichnet die Schmähung „Leimsieder“ („Loamsieder“, „Loamsiada“, etc.) einen langweiligen oder geistig langsamen Menschen[1].

Quellen

  1. Ostarrichi: Leimsieder

Siehe auch

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