Hausrind

Hausrind
Hausrind
Braunvieh

Braunvieh

Systematik
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Bovinae
Tribus: Rinder (Bovini)
Gattung: Eigentliche Rinder (Bos)
Art: Auerochse (Bos primigenius)
Unterart: Hausrind
Wissenschaftlicher Name
Bos primigenius taurus
L., 1758

Das Hausrind, oder schlicht Rind, (Bos primigenius taurus) ist die domestizierte Form des Auerochsen. Es wurde zunächst wegen seines Fleisches, später auch wegen seiner Milch und Leistung als Zugtier domestiziert.

Die bisher angenommene Abstammung von der europäischen Unterart des Auerochsen (Bos primigenius primigenius) wird von der Genforschung bestritten; heute geht man davon aus, dass die heutigen Hausrinder (sog. taurine oder echte Hausrinder) ursprünglich aus Anatolien und dem Nahen Osten stammen, wo eine andere Form des Auerochsen, der Afrikanische Auerochse (Bos primigenius mauretanicus), vorkam. Die Domestizierung zum Hausrind erfolgte bereits vor dem 9. Jahrtausend v. Chr. Als Beleg gilt, dass ab 8.300 v. Chr. Rinder zusammen mit Ackerbauern auf das bis dahin rinderlose Zypern gelangten. Die Zebus wurden vermutlich aus einer weiteren Form des Auerochsen, dem Indischen Auerochsen (Bos primigenius namadicus) gezüchtet.

Seitdem hat der Mensch eine Anzahl unterschiedlicher Rinderrassen gezüchtet, in die teilweise auch Wildrinder (etwa der Amerikanische Bison beim Beefalo) eingekreuzt wurden. Vor allem in Asien sind weitere Tiere domestiziert worden, die von anderen Arten abstammen, so das Balirind (Bos javanicus f. domestica) aus dem Banteng (Bos javanicus), das Gayal (Bos gaurus f. frontalis) aus dem Gaur (Bos gaurus), der Hausyak (Bos mutus f. grunniens) aus dem Wildyak (Bos mutus) und der – im Gegensatz zu den bisher genannten Arten, die der Gattung Bos (Eigentliche Rinder) angehörten – zur Gattung Bubalus (Asiatische Büffel) zählende Hausbüffel (Bubalus arnee f. bubalis) aus dem Wasserbüffel (Bubalus arnee). Die Zebus wiederum stammen von einer besonderen Unterart des Auerochsen oder sogar von einer völlig anderen wilden Rinderart ab und sind damit nur bedingt als Hausrinder im engeren Sinne zu bezeichnen.

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnungen

Jungtiere

Kalb und Jungrind

Noch nicht geschlechtsreife (juvenile) Jungtiere werden bis zum 7. Monat als Kalb bezeichnet und vom 8. bis zum 12. Monat dann als Jungrind.[1] Abweichend von den geschlechtsneutralen Bezeichnungen „Kalb“ und „Jungtier“ bezeichnet man im Allgäu weibliche Jungtiere als Schump(e).

Fresser

Im Alter von vier bis zwölf Monaten heißt das Jungtier auch Fresser (je nach Geschlecht Bullen- oder Färsefresser, bei der Abstammung von zwei verschiedenen Rassen Kreuzungsfresser), sofern es der Milchviehhaltung entstammt; das Mutterrind eines Fressers ist demzufolge eine Milchkuh. Ein Fresser wird im Regelfall nicht bei dem Mutterrind aufgezogen, sondern mit einer Lösung aus Wasser und Milchpulver großgezogen.

Absetzer

Demgegenüber entstammen Absetzer – ebenfalls Kälber oder Jungrinder – dem Produktionsverfahren der Fleischrinderhaltung. Sie werden bis zum Zeitpunkt des Absetzens (im Alter von sechs bis elf Monaten) im Regelfall bei dem Mutterrind aufgezogen und anschließend als Absetzer vermarktet oder aber bis zur Verwendung in der Zucht oder bis zur Schlachtung weiter versorgt/gemästet.

Weibliche Rinder (adult)

Färse

Ein geschlechtsreifes (adultes) weibliches Rind wird bis zum ersten Kalben Färse oder (aus dem Süddeutschen/Österreichischen) Kalbin genannt. Weitere regionale Bezeichnungen sind zum Beispiel Queen/Queene oder Starke/Sterke (norddt.) und Gusti/Guschti (berndt.).

Kuh

Erst nach dem ersten Kalben wird das geschlechtsreife weibliche Hausrind als Kuh (abgeleitet vom althochdeutschen kuo und dieses vom indogermanischen guou-) bezeichnet. Dient die Kuh zur Milch- oder Fleischgewinnung, wird sie auch als Milchkuh bezeichnet. Eine Kuh die ausschließlich ihr Kalb aufzieht, nennt man Mutterkuh. Eine Kuh, die (auch) fremde Kälber mit aufzieht, nennt man Ammenkuh.

Schnitzkalbin

Ein sterilisiertes weibliches Rind (jedweden Alters) nennt man Schnitzkalbin. Hierzu gehören auch weibliche Tiere aus Zwillingsgeburten, bei denen eines der Zwillingskälber ein Bulle ist. Der sich entwickelnde Hormonhaushalt des Bullenkalbes verhindert bei seiner weiblichen Zwillingsschwester die vollständige Ausbildung der Eierstöcke, so dass weibliche Kälber aus zweigeschlechtlichen Zwillingsgeburten unfruchtbar sind.

Männliche Rinder (adult)

Bulle/Stier

Das geschlechtsreife männliche Hausrind heißt Stier, in Deutschland auch Bulle und wird auch als Samenochse, Samenrind, Farre, Farren, Fasel oder Faselochse bezeichnet,[2] im Südbadischen und Allgäuerischen als Hägel, Häge, Haigel oder Hage und im Berndeutsch als Muni.

Man unterscheidet zwischen Mastbulle und Zuchtbulle.

Ein geschlechtsreifes, aber noch junges männliches Rind bis zu einem Höchstalter von 24 Monaten (vgl. VO (EG) Nr. 1234/2007, Anhang V; zuletzt geändert durch VO (EG) 491/2009) in Anlehnung an die Rinderschlachtkörper-Handels-VO (RindHKlV)) wird als Jungstier oder Jungbulle bezeichnet.

Ochse

Ein kastriertes männliches Rind (jeglichen Alters) heißt Ochse.

Weitere Bezeichnungen

Jungvieh

Entgegen der eingangs beschriebenen Definition für Kälber bzw. Jungrinder ist der Begriff „Jungvieh“ weiter gefasst und umfasst neben den Genannten (juvenile) auch die Jungbullen und die Färsen (beide adulte).

Galtvieh

Als Galtvieh bezeichnet man:

  • weibliche Rinder bis zur ersten Abkalbung (also weibliche Kälber, weibliche Jungrinder und Färsen),
  • Bullen und Ochsen unter zwei Jahren,
  • Schnitzkalbinnen sowie
  • keine Milch gebende Mutterkühe wie v. a. zwischen zwei Laktationsperioden.

Melkvieh

Als Melkvieh bezeichnet man (weibliches) Vieh, das gemolken wird.

Goldvieh

Tragende Mutterkühe bezeichnet man als Goldvieh. (regionale Bezeichnung)

Nutzung

Rinder
Kühe (von Anton Braith). Gemälde aus dem Braith-Mali-Museum in Biberach/Riß
Hauptartikel: Rinderproduktion

Hausrinder sind in mehrerer Hinsicht nützlich, wobei einige Rassen im Hinblick auf eine oder mehrere bestimmte Nutzungsarten besonders gezüchtet wurden. Man unterscheidet dabei die Zweinutzungsrassen von den milch- und fleischbetonten Rassen. Neben Milch, Fleisch und Leder liefern Rinder Gülle oder Jauche und Mist, die in der Landwirtschaft als natürliche Düngemittel oder auch als Brenn- und Baumaterial eine wichtige Rolle spielen, außerdem erfüllen besonders Ochsen in vielen Teilen der Welt noch heute als Zugtiere für Karren oder zum Pflügen eine wichtige Funktion. Des Weiteren sind Tiere wie das Heckrind ein wichtiger Faktor in der Landschaftspflege und im Naturschutz (Almwirtschaft).

Bei den Rindern selbst lassen sich die Nutzungsrichtungen Milchproduktion und Fleischproduktion unterscheiden. Es gibt Rassen, die überwiegend auf eine der beiden Nutzungsrichtungen hin gezüchtet wurden, aber auch solche, bei denen beide Nutzungsrichtungen züchterisch bearbeitet werden (=Doppelnutzung, DN). Die Unterschiede zwischen beiden Richtungen sind genetisch bedingt.

Rassen mit hoher Milchleistung zeigen typischerweise hohe Spiegel endogen synthetisierter Wachstumshormone (Somatotropin, BST). Typische Milchvieh-Rassen sind beispielsweise Holstein-Friesian (= Rot- und Schwarzbunte, HF), Braunvieh (= Brown Swiss, BS) oder Fleckvieh (= Simmentaler, FV) als Doppelnutzungsrind.

Fleischrinder haben eine günstigere Struktur des Fleisches (Faserigkeit, Marmorierung). Früher wurden männliche Tiere zur Verbesserung des Fleisches kastriert und somit zu Ochsen gemacht. Heutzutage ist dies in Deutschland nur noch in extensiven Haltungsformen üblich. Es werden sowohl männliche als auch weibliche Tiere geschlachtet. Verbreitete Fleischrassen sind beispielsweise Hereford, Charolais und Limousin, daneben andere, mehr regional verbreitete Rassen wie Angus und Galloway. Bei der Nutzungsrichtung Fleischproduktion wird zwischen Rassen unterschieden, die ein schnelles Wachstum aufweisen, aber nicht zwangsläufig großrahmig sind (zum Beispiel Limousin) und solchen Rassen, die auf ein hohes Endgewicht kommen (beispielsweise Charolais).

Verbreitung

Das Hausrind ist weltweit verbreitet, wobei die Zebu-Rassen wesentlich besser an die Tropen angepasst sind als Rassen eurasischen Ursprungs. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts brachten Europäer das Hausrind nach Amerika, auf viele Inseln und nach Australien und Neuseeland, wo sich bald große verwilderte Bestände entwickelten, die jedoch ab dem 18. Jahrhundert zusammenbrachen. Heute gibt es lediglich auf der Insel Amsterdam noch eine Population verwilderter Hausrinder. Seit Anfang der 1980er Jahre gibt es eine Population von Heckrindern im Oostvaardersplassen, die weitgehend ohne Einfluss des Menschen lebt.

Indien ist das Land mit dem größten Hausrind-Vorkommen: Dort leben ca. 226 Millionen Rinder. In Brasilien gibt es etwa 200 Millionen Schlachtrinder. In China sind es 108 Millionen Rinder, in den USA 96 Millionen und in Deutschland knapp 14 Millionen. Insgesamt leben etwa 1,5 Milliarden Rinder auf der Erde, deren Gesamtmasse ist fast doppelt so hoch wie die der Menschen.[3]

Merkmale

Skelett des Rindes.
Magen eines Hausrindes:
Speiseröhre (a),
Pansen (b),
Netzmagen (c),
Blättermagen (d),
Labmagen (e),
Darm (f)

Kühe wiegen etwa 500 bis 800 kg, Bullen 1000 bis 1200 kg. Die natürliche Lebenserwartung einer Kuh beträgt maximal 20 Jahre. Im Regelfall haben Kühe Hörner. Bei einem Kalb kann das Hornwachstum durch einem heißen Metallstab, der auf die Hornansätze gepresst wird, verhindert werden. Hornlose Rinderrassen sind die Ausnahme.

Kühe sind wie Pferde auch Pflanzenfresser, nutzen aber als Wiederkäuer wie auch Schafe und Kamele die Nahrung weit besser aus. Sie können das Gras aber nicht so kurz abfressen wie Pferde.

Das Gebiss des Rindes enthält beim erwachsenen Tier 32 Zähne. In jeder Hälfte des Unterkiefers befinden sich drei Schneidezähne und ein Eckzahn, der die gleiche Größe hat. Außerdem befinden sich auf jeder Seite sechs Backenzähne. Im Oberkiefer fehlen Eck- und Schneidezähne. Stattdessen ist dort eine Knorpelleiste vorhanden. Wie der Unterkiefer besitzt er auf jeder Seite ebenfalls sechs Backenzähne. Zwischen den Eckzähnen des Unterkiefers und der Knorpelleiste des Oberkiefers und den Backenzähnen ist jeweils eine große Lücke vorhanden. Kurzes Gras wird zwischen den Schneidezähnen und der Knorpelleiste eingeklemmt und mit einem Kopfruck abgerupft.

Die Nahrung durchläuft vier Mägen (Pansen, Netzmagen, Blättermagen, Labmagen). Der Kuhkot, landläufig als Kuhfladen bezeichnet, hat einen nennenswerten Brennwert. Getrocknete Kuhfladen werden deshalb in der dritten Welt als raucharmer Brennstoff benutzt und geschätzt.

Die Kuh macht beim Fressen und Wiederkäuen pro Tag 30.000 Kaubewegungen und produziert bis zu 150 Liter Speichel. So verwundert es nicht, dass sie an heißen Tagen bis zu 180 Liter Wasser zu sich nimmt und dabei bis zu 25 Liter pro Minute schluckt. Hochleistungskühe produzieren unter günstigen Ernährungs- und Haltungsbedingungen innerhalb eines Jahres weit über 10.000 Liter Milch.

Bei der Verdauung der Nahrung entstehen im Pansen wie bei allen Wiederkäuern Fermentationsgase, die vom Tier „herausgerülpst“ werden und die beim Hausrind neben Kohlenstoffdioxid einen besonders hohen Anteil von Methan enthalten, insbesondere bei Raufutter. Dies kann bei Massenrinderhaltung zum Problem werden, da die entstehenden Treibhausgasemissionen zur globalen Erwärmung beitragen.

Rassen

Es gibt eine große Zahl von Rinderrassen, die für verschiedene Ansprüche gezüchtet werden. Allerdings gehen gerade in der heutigen Zeit wegen der durch den wirtschaftlichen Druck verstärkten Massentierhaltung und Technisierung der Landwirtschaft viele Rassen verloren. Aus diesem Grund wird jedes Jahr in Deutschland durch die GEH eine gefährdete Haustierrasse des Jahres gewählt, um auf diese Situation aufmerksam zu machen. Insbesondere von diesem Rückgang betroffen sind Rassen, die für spezielle Lebensräume oder als Zugtiere optimiert wurden (wie die Arouquesa). Zur Katalogisierung der Rinderrassen und Kennzeichnung im Rinderpass gibt es einen verbindlichen Rasseschlüssel.

Hausrindrassen, die der Unterart Zebu angehören oder Kreuzungen mit ihr sind, finden sich unter Zebu.

Der Żubroń ist eine Kreuzung aus Hausrind und Wisent. Der Beefalo ist eine Kreuzung aus Hausrind und Amerikanischem Bison. Beide sind weniger anspruchsvoll und krankheitsresistenter als Hausrinder. Ein Dzo (männlich) oder Zhom (weiblich) ist die Kreuzung zwischen Yak und Hausrind. Das Tier wird vor allem in der Landwirtschaft in Nepal eingesetzt.

Siehe auch: Kategorie:Hausrindrasse

Krankheiten und Parasiten

Es gibt unter anderem folgende Krankheiten und Parasiten

Siehe auch

Literatur

  • Florian Werner: Die Kuh. Leben, Werk und Wirkung, 2009.
  • Ruth Bollongino: Die Herkunft der Hausrinder in Europa. Eine aDNA-Studie an neolithischen Knochenfunden. Bonn 2006, UPA Band 130.
  • Ruth Bollongino, J. Burger, K.W. Alt: Import oder sekundäre Domestikation? Der Ursprung der europäischen Hausrinder im Spiegel molekulargenetischer Analysen an neolithischen Knochenfunden. In: Beiträge zur Archäozoologie und Prähistorischen Anthropologie, 2003, Band IV: 211-217.

Weblinks

 Commons: Hausrind – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikinews Wikinews: Rind – in den Nachrichten
 Wikiquote: Kuh – Zitate
Wiktionary Wiktionary: Kuh – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. (vgl. VO (EG) Nr. 1234/2007)
  2. Bilder-Conversations-Lexikon, Bd. 3, S. 713
  3. Herd-und-Hof.de

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