Kollegiale Fallberatung

Kollegiale Fallberatung

Die Kollegiale Fallberatung (oder Intervision) ist eine Beratung unter beruflich Gleichgestellten, bei der nach Lösungen für ein konkretes Problem gesucht wird, ohne zwingendes Vorhandensein von Fall-basierter Fachkompetenz bei den Beteiligten.

In der Schule wurde kollegiale Fallberatung in informeller Form schon immer praktiziert. Derzeit wird von Meta-Pädagogen ein formalisierter Beratungsprozess propagiert, der an Methoden der Supervision angelehnt ist. Wenn ein Problem auftritt (zum Beispiel Konflikte unter Schülern, zwischen Schüler(n) und Lehrer, zwischen Lehrer und Schulleitung), wendet sich der Kollege an den Beratungslehrer oder die Beratungsgruppe. Vielleicht gibt es auch an der Schule eine Gruppe, die sich regelmäßig trifft, um Fälle zu lösen. Der Prozess der Beratung kann sich beispielsweise in folgende Phasen aufteilen:

  1. Die Gruppe benennt einen Moderator, und jemand meldet sich, der "Beratung" wünscht. Moderation kann nach dem Fall wechseln.
  2. Der Fall wird vom Ratsuchenden dargestellt.
  3. Durch Rückfragen von der Gruppe werden Unklarheiten beseitigt.
  4. Die Gruppe bearbeitet den Fall. Hier arbeitet der Ratsuchende nicht mit.
  5. Eine kurze Pause zwischendurch kann den Kommunikationsprozess fördern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Bearbeitung. Zum Beispiel
    1. Eine Identifikationsrunde: Jeder Kollege versetze sich in einen der am Konflikt Beteiligten und paraphrasiert dessen vermutete Sicht der Dinge: "Ich als .. denke/fühle/würde/ ..."
    2. Ein Rollenspiel oder ein Standbild
  6. Zwischenrückmeldung des Ratsuchenden, in dem dieser erklärt, was ihm besonders wichtig erschien.
  7. Lösungssuche ohne Beteiligung des Betroffenen. Dies kann mit einem Brainstorming geschehen. Die Lösung kann im Rollenspiel vorgeführt werden.
  8. Zum Schluss erklärt der Ratsuchende, was er von den Lösungsvorschlägen annehmen will und welche Erkenntnisse er gewonnen hat.

Eine strukturierte Variante in zehn aufeinander aufbauenden Schritten bietet das sog. Heilsbronner Modell. Es kommt daher auch ohne eine externe Moderation aus. Die selbstorganisierte Beratungsgruppe wird als hinreichend kompetent für die Beratungsaufgabe beschrieben. Das strukturierte Gespräch im geschützten Raum der Gruppe wird dabei als einzige Methode verwendet, entsprechend dem zugrunde liegenden analytisch geprägten Ansatz.

Das Heilsbronner Modell ist in den Jahren 1985/86 an der Fachhochschule für Religionspädagogik und kirchliche Bildungsarbeit München entwickelt worden.

Eine Online-Implementation des Heilsbronner Modell wird seit 2005 erarbeitet: Computervermittelte Kommunikation ermöglicht asynchron und ortsunabhängig institutions- und berufsgruppenübergreifende Beratungsprozesse. Die Plattform kollegiale-beratung.net[1] verwendet durchgängig die Metapher des virtuellen "Raumes", auf diversen "Etagen" dieses "Beratungshauses". Träger ist seit 2008 das Institut für kollegiale Beratung e.V. .

Literatur

  • Brinkmann, R. (2002): Intervision - Ein Trainingsbuch der kollegialen Beratung für die betriebliche Praxis, I.H. Sauer-Verlag, Heidelberg.
  • Franz, HW.; Kopp, R. (2003) Kollegiale Fallberatung – state of the art und organisationale Praxis, Köln: ehp
  • Lippmann, E. (2009): Intervision - Kollegiales Coaching professionell gestalten, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-540-78852-2
  • Spangler, G. (2005): Kollegiale Beratung - Das Heilsbronner Modell; mabase Verlag, Nürnberg
  • Tietze, K.O. (2003): Kollegiale Beratung - Problemlösungen gemeinsam entwickeln. Reinbek: Rowohlt.
  • Tietze, K.O. (2010): Wirkprozesse und personenbezogene Wirkungen von kollegialer Beratung. Theoretische Entwürfe und empirische Forschung. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Weblinks

Fußnoten

  1. Institut für kollegiale Beratung e.V.

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