Koma Civakên Kurdistan

Koma Civakên Kurdistan
Flagge der Koma Civakên Kurdistan

Als Koma Civakên Kurdistan oder KCK (etwa: Union der Gemeinschaften Kurdistans) bezeichnet sich eine kurdische Untergrundorganisation, die die Umsetzung des von Abdullah Öcalan am 20. März 2005 deklarierten "Demokratischen Konföderalismus" zum Ziel hat. Sie soll die Keimzelle einer nichtstaatlichen Gesellschaft bilden. Im Juni 2007 erfolgte die Umbenennung von ursprünglich Koma Komalên Kurdistan (Kurdistan Demokratischer Konföderalismus) in Koma Civakên Kurdistan.

Inhaltsverzeichnis

Führung

Wörtlich heißt es in der sogenannten "Vereinbarung der Union der Gemeinschaft Kurdistan", wie sie in einem Forum veröffentlicht wurde: "Die Führung der Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan obliegt Abdullah Öcalan. Er ist der philosophische und strategische Theoretiker einer auf Ökologie und Geschlechterbefreiung aufbauenden Demokratie."[1] Höchstes Beschlussorgan der KKK ist der Volkskongress Kurdistan (Kongra-Gel), eine Nachfolgeorganisation der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans. Die Tagesgeschäfte der KKK werden von einem Exekutivrat geleitet, dessen Vorsitzender Murat Karayılan ist.

Strukturen

Das System der KKK sieht eine eigene Staatsbürgerschaft, eine eigene Armee und eine eigene Gerichtsbarkeit vor, will aber zumindest offiziell die bestehenden Staatsgrenzen nicht antasten. Spezielle Komitees kümmern sich dabei um Bereiche wie Wissenschaft und Aufklärung, Volksverteidigung, Sprache und Bildung, Recht, Gesundheit, Ökologie usw. Die Arbeit in den einzelnen Landesteilen Kurdistans (Irak, Iran, Türkei und Syrien) obliegt sogenannten Volksräten.[2] Symbol der KKK ist ein grünes Rechteck mit gelber Sonne in der Mitte, in der sich ein roter, fünfzackiger Stern befindet.

Politik

Die KKK hat am 23. August 2006 folgende Bedingungen zur Einstellung des bewaffneten Kampfes und zur Beseitigung des Kurdenkonfliktes in der Türkei gestellt.[3]

  1. Die Anerkennung der kurdischen Identität und die verfassungsrechtliche Garantie aller ethnischen Identitäten unter der übergeordneten Identität der Zugehörigkeit zur Türkei.
  2. Aufhebung aller Behinderungen der kurdischen Sprache und Kultur, die Anerkennung des Rechts auf muttersprachliche Bildung sowie die Anerkennung der kurdischen Sprache als zweite offizielle Sprache in den kurdischen Regionen neben dem Türkischen und die Respektierung der kulturellen Rechte von Minderheiten.
  3. Die Anerkennung der freien politischen Betätigung und Organisierung auf der Grundlage der Meinungs-, Glaubens- und Artikulationsfreiheit sowie die Aufhebung aller gesellschaftlichen Ungleichheiten, allen voran der geschlechtlichen Diskriminierung, in der Verfassung und anderen Gesetzen.
  4. Die Freilassung aller politischen Gefangenen, einschließlich des PKK-Vorsitzenden, sowie die Gewährung einer uneingeschränkten Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben, mit dem Ziel, dass beide Gesellschaften sich gegenseitig vergeben und eine friedliche und freie Einheit gründen.
  5. Der Abzug aller Kräfte, die wegen des Spezialkrieges nach Kurdistan verlegt wurden, die Abschaffung des Dorfschützersystems und die Ermöglichung der Rückkehr in die Dörfer durch die Erarbeitung sozialer und ökonomischer Projekte.
  6. Parallel zur Verwirklichung der oben genannten Punkte könnte die Guerilla im Rahmen eines Zeitplans, der von beiden Seiten gemeinsam bestimmt würde, stufenweise die Waffen niederlegen und sich am legalen demokratischen gesellschaftlichen Leben beteiligen.

In einem Interview mit Gabriel Gatehouse von der BBC sagte Murat Karayilan im Juli 2010, dass sie ihre Waffen unter Beobachtung der Vereinten Nationen niederlegen würden, wenn die Türkei einen Waffenstillstand und weitere Bedingungen akzeptiere. Dazu gehöre ein Ende der Angriffe auf kurdische Zivilisten und Verhaftungen kurdischer Politiker. Die Kurdenfrage sei demokratisch in einem Dialog zu lösen. Wenn das nicht geschehe, würden sie selbständig einen demokratischen Konföderalismus ausrufen.[4]

Verhaftungen und Verfahren gegen KCK Mitglieder

Seit April 2009 ist es in vielen Teilen der Türkei zu Festnahmen und anschließenden Verfahren gegen vermeintliche Mitglieder der KCK/TM (Türkiye Meclisi - Türkei-Parlament) gekommen.[5] Viele der Festgenommenen waren innerhalb der inzwischen verbotenen Partei der demokratischen Gesellschaft (DTP) bzw. der Nachfolgepartei Friedens- und Demokratiepartei (BDP) aktiv. Unter ihnen waren auch Bürgermeister einzelner Städte im Südosten der Türkei.[6] Ferner gehörten Menschenrechtler und Gewerkschafter zu den verhafteten Personen.[7] In dem Verfahren, das gegen die Gewerkschafter in Izmir geführt wird, sind inzwischen alle Angeklagten wieder auf freiem Fuß.[8] Das Verfahren dauerte im Oktober 2010 noch an. Zu den Festnahmen in anderen Städten wie Şırnak, Iğdır, Gaziantep, Mersin und Batman sind Verfahren vor Gerichten für schwere Straftaten anhängig.[5]

Das zentrale Verfahren gegen vermeintliche Mitglieder der KCK/TM begann am 18. Oktober 2010 vor der 6. Großen Kammer für schwere Straftaten in Diyarbakir. Von den 151 Angeklagten befanden sich 103 in Untersuchungshaft. Die Anklageschrift umfasst 7578 Seiten. Nach der Tageszeitung Milliyet wurden bei Polizeioperationen gegen die Union der Gemeinschaften Kurdistan bisher 1.800 Personen inhaftiert.[9] Am 19. Oktober 2010 lehnte das Gericht den Antrag auf "Verteidigung in Kurdisch" ab. Es entschied, die Anklageschrift zusammenfassend verlesen zu lassen.[5]

Zwischen April 2009 und Oktober 2011 wurden 7.748 Menschen als vermeintliche Mitglieder der KCK festgenommen und gegen 3.985 Personen wurden Haftbefehle erlassen.[10] In den 6 Monaten bis Oktober 2011 kam es zu 4.148 Festnahmen. Gegen 1.548 der Festgenommenen wurden Haftbefehle ausgestellt.[10] Als Antwort auf den Fortschrittsbericht der Europäischen Union vom 12. Oktober 2011[11] sagte das Innenministerium der Türkei am 14. Oktober 2011, dass sich insgesamt 605 Personen unter dem Verdacht der Zugehörigkeit zur KCK in U-Haft befinden.[12]

Einzelnachweise

  1. Fundstelle des türkischen Textes, aufgerufen am 22 Oktober 2010
  2. Ins Deutsche übersetzte Zitate aus einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Diyarbakır vom Mai 2009 können in einem privaten Wiki gefunden werden; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  3. Ein Artikel beim unabhängigen Kommunikationsnetzwerk BIA vom 24. August 2006 gibt die Inhalte kommentiert wieder; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  4. Artikel der BBC vom 21. Juli 2010; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  5. a b c Das Demokratische Türkeiforum (DTF) hat wiederholt dazu Berichte in Englisch und Deutsch veröffentlicht. Einen Überblick verschafft ein Kapitel des Monatsberichts Oktober 2010; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  6. Sonderbericht des DTF zur Festnahme von Muharrem Erbey; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  7. Bericht des DTF in Englisch zu Gewerkschafter in und um Izmir verhaftet; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  8. Wochenbericht 48/2009 des DTF; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  9. Milliyet vom 19. Oktober 2010; aufgerufen am 22. Oktober 2010
  10. a b Der Artikel bei Bianet vom 6. Oktober 2011 (Zugriff am 7. Oktober 2011) beruft sich auf Zahlen der Friedens- und Demokratiepartei
  11. Der komplette Bericht in Englisch ist als PDF-Datei verfügbar, Zugriff am 19. Oktober 2011
  12. Siehe den Artikel in Radikal vom 14. Oktober 2011; Zugriff am 19. Oktober 2011

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