Kommunikationsprobleme

Kommunikationsprobleme

Unter Probleme der Kommunikation werden zwei Bereiche von Problemstellungen und Problemlösungen zusammengefasst. Der erste Bereich betrifft das kommunikative Handeln, der zweite Bereich die Folgen des kommunikativen Handelns. In der alltäglichen Wirklichkeit sind beide Bereiche miteinander verbunden. Eine Unterscheidung der kommunikativen Wirklichkeit in Problem-Ebenen geschieht zu analytischen Zwecken. Damit lässt sich zeigen, dass Kommunikation primär als problematisch angesehen werden muss und nicht, wie oft angenommen wird, selbstverständlich funktioniert.

Inhaltsverzeichnis

Gründe und Auswirkungen

Probleme der Kommunikation entstehen unter anderem durch kulturelle Differenzen. Diese Differenzen bestehen als Unterschiede in der Art und Weise, die Wirklichkeit zu deuten und andere Menschen zu beurteilen. Ein oft angeführtes Beispiel ist die Wahrnehmung von Kopfbewegungen als Zustimmung oder Ablehnung, die in verschiedenen Kulturen unterschiedlich ausgeprägt ist (Kopfschütteln kann Zustimmung bedeuten). Ein Beispiel für kulturelle Differenzen im wirtschaftlichen Bereich ist die Beurteilung dessen, was ein Mensch in bei einem Geschäftsessen tut, als höflich oder unhöflich, angemessen oder unangemessen. Im Speziellen lassen sich interkulturelle Kommunikationsprobleme auf Unterschiede in der Sozialisierung, im Bildungsstand oder in der individuellen Welttheorie zurückführen. Interkulturelle Differenzen bestehen auch innerhalb von Mitgliedern einer Sprachgemeinschaft.

Probleme der Kommunikation können schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen haben. Dies wird insbesondere im Zusammenhang mit der Globalisierung deutlich. Genauere Angaben über den wirtschaftlichen Schaden, der durch Probleme in der Kommunikation mitverursacht wird, werden von Firmen unter Verschluss gehalten. Das Berufsfeld, in dem Probleme der Kommunikation behandelt werden, ist groß und umfasst Coaching, Kommunikationstraining, Organisationsplanung, Qualitätsmanagement, Beratung (Consulting) und auch Psychologie. In vielen Fällen werden diese Berufe durch Selbstständige ausgeübt. Präventive Arbeit findet selten statt. Die Freiberufler werden meist dann gerufen, wenn die Betroffenen ihre Probleme der Kommunikation nicht mehr selbst lösen können.

Kommunikationsprobleme auf der Ebene der Verständigung und der Ebene übergeordneter Probleme

In Bezug auf menschliche Kommunikation lassen sich zwei Ebenen (Perspektiven) der Problemstellung und Problemlösung unterscheiden, die als Kommunikationsziel und Kommunikationszweck beschrieben werden (siehe den Artikel Kommunikation). Dabei wird davon ausgegangen, dass Problemstellung und Problemlösung an sich nichts Negatives ist, sondern essentieller Bestandteil der Lebensführung sind. In dieser Betrachtung findet auch auf einer Party kommunikative Problemlösung statt, und zwar nicht allein zu sein, Partner zu finden, Freude zu haben. Diese Sichtweise bedeutet allerdings auch, dass bei dem Thema Kommunikationsprobleme um eine weitere Perspektive und um eine mehrfache Verwendung des Problembegriffs geht: Es geht um die Perspektive auf Probleme, die ihrerseits die Prozesse der Problemlösung durch Kommunikation behindern.

Das Kommunikationsziel ist Verständigung. Es muss zunächst einmal verstanden werden, worum es in einem Kommunikationsprozess geht. Sich zu verständigen bedeutet, eine in der Situation ausreichende Kompatibilität von Erfahrungen bezüglich eines Themas herzustellen. Dieser Vorgang wird seinerseits als Problemlösung angesehen. Erst auf der Basis von Verständigung können Kommunikationszwecke erreicht werden, das heißt es können übergeordnete Probleme gelöst werden. Beispiele für übergeordnete Kommunikationszwecke sind: gemeinsames Verrichten von Arbeit, die Organisation einer Veranstaltung, aber auch komplexe soziale Probleme wie das Verändern von Überzeugungen, Stabilisieren der eigenen Persönlichkeit, Lügen, Handlungsbeeinflussung, Machtausübung.

Die Beurteilung eines Kommunikationsprozesses als erfolgreich oder nicht (Die Zuschreibung von Kommunikationserfolg) betrifft beide Ebenen.

Ebene der Verständigung (Kommunikationsziel)

Probleme der Kommunikation auf der Ebene der Verständigung sind Hindernisse, die die Verwendung und Deutung von Zeichen und damit das Herstellen von Kompatibilität (Verträglichkeit, zueinander Passen) von Erfahrungen behindern. Dazu gehören neben allgemeinen Sprachbarrieren auch leibliche Bedingungen wie Intentionalität, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, die Ausrichtung auf den Anderen, die Bereitschaft, seine Gedanken dem Anderen zu unterwerfen (zuhören können), die Einordnung des Verstandenen in das eigene Verständnis von der Welt (die individuelle Welttheorie). Diese Probleme sind Gegenstand interdisziplinärer kommunikationswissenschaftlicher Forschung. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Kommunizierende über ein Wissen von diesen Hindernissen verfügt, das er situationsbezogen, flexibel und zu einem hohen Grad unbewusst anwendet.

Bei nährerer Überlegung kann davon ausgegangen werden, dass Verständigung in vielen Kommunikationssituationen nicht gleichsam automatisch erfolgt. Viele Kommunikationsprozesse haben den Zweck, Verständigung zu überprüfen oder Missverständigung zu beheben, sofern sie festgestellt wurde. Militärische Kommunikation ist ein Extrembeispiel dafür, wie Kommunikation eingeschränkt wird, um folgenschwere Missverständnisse zu vermeiden. Schulen, Universitäten, Seminare und Fortbildungen sind ein weiteres Beispiel dafür, dass Verständigung über ein komplexes Thema zu Beginn nicht funktioniert, weil beispielsweise die Begriffe fehlen.

Eine Möglichkeit zur Vorbeugung von Missverständnissen wird als Paraphrasierung bezeichnet. Etwas zu paraphrasieren bedeutet, das Gemeinte in verschiedenen Formulierungen zu sagen und auf diese Weise genauer einzugrenzen.

Ebene der übergeordneten Problemstellungen (Kommunikationszweck)

Wenn übergeordnete Kommunikationszwecke (z. B. das Ändern von Überzeugungen, eine Zusammenarbeit im Team) nicht erreicht werden, wird dies häufig auch auf Kommunikation zurückgeführt. In diesem Zusammenhang geht es häufig auch darum, ob Kommunikation überhaupt zustande kommt oder nicht; das heißt, ein Kommunikationsproblem kann darin bestehen, dass in Bezug auf ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Situation überhaupt nicht kommuniziert wird. Bei Misserfolgen auf diesen übergeordneten Ebenen spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, die nicht alle auf Kommunikationsprozesse zurückgeführt werden können.

Lügen und Probleme der Kommunikation

Die Lüge wird oft als ethisches und moralisches Problem hervorgehoben. In Bezug auf Kommunikation kann die Lüge jedoch unabhängig von solchen Wertungen als sehr erfolgreiches Handeln bezeichnet werden.

Als Lüge kann ein kommunikatives Handeln bezeichnet werden, durch das der oder die Kommunikationspartner dazu gebracht werden, etwas zu glauben, von dem der Lügende weiß, dass die Verhältnisse dem nicht entsprechen. Mit einer Lüge werden unterschiedliche Kommunikationszwecke verfolgt. Aus dieser Definition folgt, dass für eine Lüge die Verständigung funktionieren muss: Der Kommunikationspartner muss zunächst dasjenige verstehen, was er glauben soll. Um das Verstandene glaubhaft zu machen, sind weitere kommunikative Strategien notwendig. Zu lügen bedeutet also, auf der Ebene des Kommunikationsziels (der Verständigung) sehr erfolgreich kommunikativ zu handeln. Darüber hinaus können Lügen auch auf übergeordneten Ebenen sehr erfolgreich sein, weil mit Lügen Probleme effektiv gelöst werden können. Dies gilt oftmals auch für den Angelogenen.

Dies kann an wenigen Beispielen klargemacht werden. Ein Schüler lügt in Bezug auf die Frage, ob er die Hausaufgaben gemacht habe. Der Lehrer ist mit der Antwort zufrieden und fragt nicht weiter nach. Hätte der Schüler nicht gelogen, hätte der Lehrer möglicherweise erzieherische Maßnahmen ergreifen müssen, was für ihn mit einem erhöhten Arbeitsaufwand verbunden wäre, den Verlaufsplan der Stunde durcheinandergebracht hätte usw. – In der Politik gehören Lügen zum alltäglichen Geschäft. Genau genommen kann erfolgreiche Politik ohne zu lügen nicht betrieben werden, weil Politiker, die unangenehme Verhältnisse darstellen, in der Regel nicht gewählt werden. Diesbezüglich lässt sich auch vermuten, dass nicht nur das Lügen, sondern auch das Sich-belügen-lassen in vielen Fällen notwendig oder sogar erwünscht ist: Für viele Menschen war es angenehmer zu hören und zu glauben, dass die Rente sicher sei, die Steuern nicht erhöht würden, die Krankenkassenbeiträge nicht steigen würden – obwohl das Verfolgen der Nachrichten beinahe zwingend zu anderen Schlüssen führen musste. Wenn durch Lügen, falsche Angaben oder bewusst in eine bestimmte Richtung interpretierte Statistiken ein Wahlkampf gewonnen wird, so ist dies eine äußerst erfolgreiche Kommunikationsstrategie.


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