- Maria Magdalene
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Maria Magdalena ist eine Tragödie in drei Akten von Friedrich Hebbel. Das Drama entstand 1843 und gilt als das letzte deutsche bürgerliche Trauerspiel. Die Gattung wird in der Folge abgelöst durch das soziale Drama, in dem der vierte Stand zum Träger des Konfliktes wird.
Der Titel, der auf die Bibelgestalt Maria Magdalena verweist, kam auf Wunsch des Verlegers zustande, um so größeres Interesse bei den Lesern zu wecken. Hebbel hatte das Werk ursprünglich nach einer der Hauptfiguren „Klara“ nennen wollen. Auf Grund eines Setzfehlers lautete der Titel auf dem Umschlag der Erstausgabe schließlich „Maria Magdalene“. Noch heute wird das Stück gelegentlich unter diesem Namen zitiert, auch der Autor selbst verwendete manchmal den Titel in dieser Form.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Personen
Das Personenverzeichnis umfasst:
- Meister Anton, ein Tischler
- Seine Frau
- Klara, seine Tochter
- Karl, seinen Sohn
- Leonhard
- Ein Sekretär
- Wolfram, ein Kaufmann
- Adam, ein Gerichtsdiener
- Ein zweiter Gerichtsdiener
- Ein Knabe
- Eine Magd
Als Ort der Handlung ist „eine mittlere Stadt“ angegeben
Erster Akt
Klara, die Tochter des Tischlers Meister Anton ist mit dem Kassierer Leonhard verlobt, liebt diesen jedoch nicht. Auch Leonhard liebt Klara nicht. Er handelt aus Habgier und hat es auf die Mitgift des Meister Anton abgesehen. Klara trifft während einer Belustigung ihre alte Jugendliebe, den Sekretär, wieder, der eine Zeit lang aus ihrem Heimatort verschwunden war. Sie verliebt sich erneut in ihn, ist jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits von ihrem Verlobten schwanger.
Zum Ende des 1. Aktes klingeln zwei Gerichtsdiener an der Haustür des Tischlers. Sie kommen, um das Haus zu durchsuchen, da Klaras Bruder Karl unter dem Verdacht steht, Juwelen gestohlen zu haben. Klaras Mutter, die sich gerade von einer schweren Krankheit erholt hat, erfährt von den Vorwürfen gegen ihren Sohn und stirbt in Folge des Schocks eines plötzlichen Todes. Im Folgenden betont Klaras prinzipientreuer Vater, dass er von der Schuld seines Sohnes überzeugt ist und von nun an alle seine Hoffnungen auf Klara ruhen. Er droht sich umzubringen, falls auch Klara Schande über die Familie bringen sollte. Diese verspricht, ihn nicht zu enttäuschen, obwohl sie bereits von ihrer Schwangerschaft weiß. Die Selbstmorddrohung des Vaters, der von Klaras Situation nichts ahnt, hat ihre schwierige Lage verschärft. Sie weiß nun, dass sie Leonhard heiraten muss, da ein uneheliches Kind ihren Vater zum Selbstmord veranlassen würde.
In dieser Situation trifft ein Brief von Leonhard ein, in dem dieser sich von Klara lossagt. Als Vorwand dafür gibt er an, dass die Familie durch die Verhaftung Karls ihre Ehre verloren habe. Der wahre Grund allerdings ist, dass Klaras Vater ihre beträchtliche Mitgift an seinen alten Meister verschenkt hat.
Zweiter Akt
Obwohl die Juwelen schnell wieder auftauchen (die verrückte Frau des Besitzers hatte sie neben vielen anderen Sachen versteckt), bangt der Vater um den Verlust seiner bürgerlichen Ehre. Klara trifft den Sekretär und gesteht ihm ihre Liebe, die dieser erwidert. Er macht ihr einen Heiratsantrag, doch Klara sieht sich in der Pflicht, den Vater ihres Kindes „auf Knien“ zurückzuholen, um Meister Anton keine Schande zu machen. Der Sekretär erträgt diesen Zustand nur schwer, da er von der rücksichtslosen Lossagung weiß. Er fühlt sich sogar verpflichtet „den Hund, der’s weiß [gemeint ist Leonhard] aus der Welt weg[zu]schießen!“. (Maria Magdalena, Reclam, 2002, 2. Akt, 6. Szene, S. 76.)
Klara sieht keine andere Hoffnung mehr und ist bereit sich umzubringen, sollte sie bei Leonhard keinen Erfolg haben.
Dritter Akt
Klara sucht Leonhard auf. In einem langen Gespräch wird deutlich, wie tief er sich durch den Nebenbuhler gekränkt fühlt und von Eifersucht zerfressen ist. Er eröffnet ihr schließlich, dass er in der Zwischenzeit eine Heirat mit der Tochter des Bürgermeisters in die Wege geleitet hat – ein Vorhaben, das seinen berechnenden Charakter erneut hervortreten lässt. Nach dem Gespräch sieht sich Klara vor zwei Alternativen gestellt: entweder mit der Schande zu ihrem Vater zu gehen oder sich selbst umzubringen. Sie entscheidet sich für den Suizid und kündigt dies Leonhard an. Dieser will ihr nicht glauben.
„LEONHARD. Meinst Du, dass ich’s dir glaube?
KLARA. Nein!
LEONHARD. Du kannst gottlob nicht Selbstmörderin wer-- den, ohne zugleich Kindesmörderin zu werden!
- man Sünde nicht mit Sünde büßt! Aber was ich jetzt tu,
- das kommt über mich allein! Geb ich meinem Vater
- das Messer in die Hand, so trifft’s ihn, wie mich! Mich
- trifft’s immer!“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 3. Akt, 5. Szene, S. 84.
In dem Moment, in dem sich Leonhard besinnt und Klara nachlaufen will, tritt der Sekretär zur Tür herein. Er fordert Leonard zu einem Pistolenduell auf. Leonhard sträubt sich zunächst dagegen, kann sich aber nicht wehren und geht schließlich mit dem Sekretär in den Wald, um sich dort mit ihm zu duellieren.
Unterdessen trifft Klaras inzwischen aus dem Gefängnis entlassener Bruder Karl im Haus des Vaters ein. In einem Selbstgespräch bekräftigt er seinen Entschluss, als Matrose anzuheuern und so dem heimatlichen Elend zu entkommen. Er hat Schulden bei seinen Wirtshausfreunden, die er auch mit härtester Arbeit kaum noch begleichen kann, hat jedoch seine Reputation beim Vater wieder einigermaßen hergestellt. Klaras Andeutungen über ihre Lage und ihre Selbstmordgedanken hört oder versteht er nicht. Er bittet sie schließlich um frisches Wasser. Klara geht zum Brunnen.
Währenddessen schleppt sich der Sekretär in die Stube. Er war beim Duell siegreich, ist aber verwundet. Karl ahnt plötzlich, dass seiner Schwester etwas zugestoßen sein könnte. Er läuft nach draußen und kommt mit der Nachricht wieder, dass jemand in den Brunnen gestürzt sei. Es ist Klara, die sich auf diese Weise das Leben genommen hat.
Verwirrt und gebrochen bleibt der Vater zurück. Das Drama endet mit seinen Worten:
„MEISTER ANTON. Ich verstehe die Welt nicht mehr!“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 3. Akt, 11. Szene, S. 95.
Sprachliche Merkmale
- Häufige Ausrufe
Interjektion in Form von oft verkürzten Ausrufesätzen wirken realitätsbezogen. Oft werden sie auch aneinandergereit. Beispiel:
„KLARA. Mach mich nicht rasend! Nenne das Wort nicht
- mehr! Dich! Dich lieb ich! Da! Da!“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 2. Akt, 5. Szene, S. 74.
- Bildliche Sprache
Vergleiche, Metaphern, und Metonymien stellen die Empfindungen der einzelnen Charaktere heraus. Beispiele:
„MEISTER ANTON. […] Ich könnte mich zuweilen nach meinem
- Schatten umsehen, ob er nicht schwärzer geworden ist!“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 2. Akt, 1. Szene, S. 65.
„KLARA. […] O, dieser festgenagelte Sonnenschein“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 2. Akt, 5. Szene, S. 73.
- Verschachtelter Satzbau
Eine komplizierte Syntax verdeutlicht die durch mangelnde Bildung hervorgerufenen Kommunikationsprobleme. Besonders Meister Anton ist hiervon betroffen. Beispiel:
„MEISTER ANTON. […] Meine größte Pein
- war, dass ich so ungeschickt blieb, ich konnte darüber
- mit mir selbst hadern, als ob’s meine eigene Schuld wäre,
- als ob ich mich in Mutterleibe nur mit Freßzähnen ver-
- sehen, und alle nützliche Eigenschaften und Fertigkeiten,
- wie absichtlich, dann zurückgelassen hätte, ich konnte
- rot werden, wenn mich die Sonne beschien.“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 1. Akt, 5. Szene, S. 52.
- Elliptische Rede
Durch Ellipsen zerstörte Sätze verbildlichen die Spracharmut und die daraus resultierenden Kommunikationsprobleme. Beispiel:
„KLARA. […] Nein! Nein! – Vater unser, der Du bist im Himmel – Ge-
- heiliget werde Dein Reich – Gott, Gott, mein armer Kopf –
- ich kann nicht einmal beten – Bruder! Bruder! – Hilf mir –“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 3. Akt, 8. Szene, S. 91.
Aposiopesen drücken zudem die soziale Isolation der Sprechenden aus:
„KARL. Ich hab nur keine Zeit, sonst –“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 1. Akt, 2. Szene, S. 37.
„MEISTER ANTON. Er ist unschuldig, und du – du –“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 1. Akt, 7. Szene, S. 59.
- Beiseitesprechen
Durch das Beiseitesprechen wird das gegenseitige Misstrauen der Charaktere deutlich. Beispiel:
„LEONHARD (beiseite). Also doch weg! Nun, so brauch ich
- mir von dem alten Werwolf auch nichts gefallen zu las-
- sen, wenn er mein Schwiegervater ist!“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 1. Akt, 5. Szene, S. 51.
„LEONHARD (für sich). Vor dem Teufel selbst, glaub ich!“
– Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, 2002, 1. Akt, 5. Szene, S. 52.
Weblinks
Literatur
- Friedrich Hebbel: Maria Magdalena, Reclam, Ditzingen, 1986, ISBN 978-3150031735.
- Winfried Freund: Friedrich Hebbel: Maria Magdalena. Lektüreschlüssel, Reclam, Ditzingen, 2005, ISBN 978-3150153611.
- Wolfgang Ranke: Maria Magdalena. Erläuterungen und Dokumente, Reclam, Ditzingen, 2003, ISBN 978-3150160404.
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