- Kompressionsstrumpf
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Kompressionsstrümpfe (orthopädische Strümpfe oder ugs. Gummistrümpfe) sind als wesentlicher Bestandteil der Kompressionstherapie ein medizinisches Hilfsmittel, das bei Bedarf vom Arzt verordnet wird. Nach einer Thrombose entsteht in den Venen im Knöchelbereich ein dauerhaft erhöhter Druck, der über die gestörten Venen bis in die kleinsten Hautgefäße fortgeleitet wird. Gegen diesen Druck muss von außen ein Gegendruck aufgebaut werden. Dazu dient der Kompressionsstrumpf. Am Anfang der Thrombosebehandlung hilft er, die Beschwerden und die Schwellung schnell zu beseitigen. Langfristig verhindert der Strumpf krankhafte Hautveränderungen und die Entwicklung eines offenen Beins. Er muss nur tagsüber am Thrombosebein getragen werden. Der Arzt verordnet den Strumpf etwa alle sechs Monate neu, er wird in einem Fachgeschäft individuell angepasst. Im Allgemeinen reicht ein wadenlanger Strumpf aus. Kompressionsstrümpfe werden in vier Stärkegraden(Klassen) hergestellt. Im Normalfall ist die Kompressionsklasse 2 die richtige zur Behandlung einer tiefen Beinvenenthrombose.[1]
Man behandelt mit Kompressionsstrümpfen: Krampfadern (Varizen), Beinvenenthrombosen und deren Folge, das Postthrombotische Syndrom, sowie auch das Lymphödem und „offene Beine“. Etwa 90 Prozent der erwachsenen Durchschnittsbevölkerung in Deutschland haben zumindest geringfügige Veränderungen an den Beinvenen, jedoch nur 23 Prozent sind in entsprechender ärztlicher Behandlung.[2]
Inhaltsverzeichnis
Wirkprinzip
Kompressionsstrümpfe erzeugen von außen Druck auf das Gewebe des umschlossenen Beines, um dessen geschädigtes Venen- oder Lymphsystem zu entlasten. Ein Kompressionsstrumpf ist so gefertigt, dass der ausgeübte Druck von oben nach unten analog zum Gewebedruck in Richtung der Schwerkraft zunimmt. Dieser Druck ist dem Krankheitsgrad des Patienten angepasst und in die Kompressionsklassen („CCL“ , „Ccl“ oder „KKL“) I–IV eingeteilt. Die Kompressionsklasse I ist die leichteste Kompressionsklasse.
Nur der Zustand der Entstauung einer Extremität kann erhalten bleiben (Erhaltungstherapie), aktiv entstauen kann ein Kompressionsstrumpf nicht. Kompressionsstrümpfe und Kompressionsverbände dienen als Widerlager für die Muskelbewegung, etwa so wie eine Muskelfaszie. Somit können sie nur dann Wirkung in der Erhaltungstherapie haben, wenn der Träger des Kompressionsstrumpfs sich ausreichend bewegen kann. Bei immobilen Menschen wirken Kompressionsstrümpfe nur eingeschränkt. Um die arterielle Durchblutung nicht zu unterbinden, sollte vor der Verordnung der Knöcheldruckindex (KDI) mit einem Taschen-Doppler bestimmt werden. Der KDI sollte über 0,8 liegen. Bei Patienten mit pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit) und Polyneuropathie sollte eine Kompressionstherapie nur unter ärztlicher Kontrolle und Verantwortung durchgeführt werden.
Kompressionsklassen
Kompressionsstrümpfe werden in folgende Kompressionsklassen eingeteilt:[3]
Kompressionsklassen Kompressionsklasse (CCL) Kompression in mmHG Kompression in KPa CCL 1 18–21 2,4–2,8 CCL 2 23–32 3,1–4,3 CCL 3 34–46 4,5–6,1 CCL 4 mind. 49 mind. 6,5 Prophylaktische Anwendungen
In schwächerer Ausführung (KKL < I) sind Kompressionsstrümpfe auch als prophylaktisches Mittel gegen Reisethrombosen oder als Unterstützung für Angehörige dauernd stehender Berufe (z. B. Verkäufer) in Verwendung. Kompressionsstrümpfe werden auch im Sport (z. B. Nordic Walking, Marathon) eingesetzt.
Regelmäßig werden Kompressionsstrümpfe nach Operationen oder auch für Träger von Gipsverbänden o. ä. verordnet. Medizinische Kompressionsstrümpfe haben einen gezielten Druckverlauf, der zum Herzen abnimmt. Eine Evidenz der Wirkung medizinischer Thromboseprophylaxestrümpfe existiert nicht, vorausgesetzt, dass eine medikamentöse Prophylaxe betrieben wird.[4] Stützstrümpfe haben in der Regel keinen kontrollierten Druckverlauf und sind deshalb für Menschen mit Venenerkrankungen nicht geeignet.
Fertigung
Ein Kompressionsstrumpf besteht aus Zweizugmaterial (Längs- und Querdehnung). Die Fadenqualität ist heute nur noch selten eine Naturfaser (Baumwolle), gemischt mit einer elastischen Chemiefaser (früher Gummi). Die aktuell meist verwendeten Vollsynthetikfasern sind wesentlich haltbarer. Um nahtlos zu sein, wird ein Kompressionsstrumpf im Rundstrickverfahren gestrickt. Verfügt der Träger des Strumpfs über ungewöhnliche Körperproportionen, kann eine Maßfertigung sinnvoll sein. Eine zweite Variante sind flachgestrickte Strümpfe, die nicht im Rundstrickverfahren hergestellt, sondern mit einer Naht wie eine Röhre zusammengenäht werden. Die Optik leidet zwar unter diesem Verfahren, jedoch können so die Konturen der Beine wesentlich besser bekleidet werden. Flachgestrickte Strümpfe werden in der Regel bei starken Venenleiden oder Ödemen eingesetzt und haben die Kompressionsklassen II, III oder sogar IV.
Ausführungen
Kompressionsstrümpfe sind in Knie (AD)-, Halbschenkel (AF)-, Oberschenkel-Länge (AG) und ebenso als Strumpfhose (AT, für beide Geschlechter), gegebenenfalls auch als Umstandsstrumpfhose (ATU) in Sanitätshäusern und Apotheken) erhältlich. Wahlweise sind sie mit Zehenöffnung (offene Spitze) oder ohne Zehenöffnung (geschlossene Spitze) erhältlich. Bei den AF- und AG-Kompressionsstrümpfen ist der Oberrand des Strumpfes mit einem silikonbesetzten Halteband (Haftrand) ausgestattet, alternativ kann man auch Strumpfhalter verwenden. Kompressionsstrümpfe gibt es in vielen Standard- und Trendfarben, sie sind in ihrer Transparenz heute kaum noch von Nylonstrümpfen zu unterscheiden. Getragen wird ein Kompressionsstrumpf gewöhnlich nur am Tage, solange der Körper sich in aufrechter Haltung befindet. An- und Ausziehhilfen sind ebenfalls im Fachhandel erhältlich und vom Arzt verordnungsfähig.
Es gibt auch Kompressionsstrümpfe für Hände und Arme, da auch die oberen Gliedmaßen von Krankheiten (z. B. Lymphödeme nach Operationen oder Chemotherapie) betroffen sein können, die eine Kompression erfordern.
Praktische Handhabung
Das Anziehen der engen Kompressionsstrümpfe ist weitaus schwieriger als das von normalen Strümpfen. Mit Gummihandschuhen, ersatzweise auch Socken an den Händen vermeidet man eine Beschädigung der Strümpfe durch Fingernägel, raue Fingerkuppen oder Ringe und hat einen weitaus besseren Griff. Nach dem morgendlichen Aufstehen sind die Beine weniger geschwollen, daher geht das Anlegen dann leichter. Muss der Strumpf zusätzlich über einen Verband gezogen werden, erleichtert das vorherige Anziehen eines feinen Strumpfes das Darüberziehen erheblich. Bei Modellen mit offenen Zehen gibt es Gleitsocken, über die der Kompressionsstrumpf leichter gezogen werden kann, die Gleitsocke wird anschließend über die Zehen wieder ausgezogen. Handelsübliche sogenannte „Hospitalbutler“ können das Anlegen von Kompressionsstrümpfen erleichtern.
Gummihandschuhe erleichtern auch das Ausziehen von Kompressionsstrümpfen durch Umstülpen von oben nach untern.
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V.: Thrombose - Vorbeugen und behandeln. Berlin 2009, S. 12.
- ↑ Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie, 2003. Abgerufen am 25. Mai 2011.
- ↑ Leitlinien Medizinischer Kompressionsstrumpf bei AWMF online. Abgerufen am 25. Mai 2011.
- ↑ K. Kröger et al., Medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe - Gibt es eine Evidenz? In: Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 276–279 doi:10.1055/s-0031-1272524, Volltext
Weblinks
- Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie: Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS)
- Wie zieht man Kompressionsstrümpfe an? (Mit Bildbeschreibung)
- Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie
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