Kontraktlogistik

Kontraktlogistik

Unter Kontraktlogistik wird ein Geschäftsmodell verstanden, das auf einer langfristigen, arbeitsteiligen Kooperation zwischen einem Hersteller oder Händler von Gütern und einem Logistikdienstleister basiert, die durch einen Dienstleistungsvertrag (Kontrakt) geregelt ist, ein erhebliches Geschäftsvolumen umfasst und individuell ausgestaltet ist. Kontraktlogistik-Dienstleister übernehmen logistische und logistiknahe Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette und stellen das Bindeglied zwischen sämtlichen Wertkettenbeteiligten dar. Daher rührt die Bezeichnung Systemdienstleister, die äquivalent zu Kontraktlogistik-Dienstleister verwendet wird. Logistikdienstleister sind in das Wertkettensystem integriert.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale der Kontraktlogistik

Der Begriff der Kontraktlogistik ist auch nach mehr als 10 Jahren wissenschaftlicher Diskussion immer noch nicht eindeutig definiert. Dies liegt zum einen daran, dass die Übergänge zu anderen Marktsegmenten der Logistik teilweise fließend sind und zum anderen sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis immer noch unterschiedliche Sichtweisen vorliegen. Dennoch hat sich in den letzten Jahren für den Begriff der Kontraktlogistik eine pragmatische Abgrenzung über konstitutive Merkmale herauskristallisiert: Die Kontraktlogistik zeichnet sich demnach aus durch (1) die Integration mehrerer logistischer Leistungen, (2) einen hohen Individualisierungsgrad des Leistungspakets, (3) ein gewisses Mindest-Geschäftsvolumen sowie (4) eine langfristige vertragliche Absicherung der Geschäftsbeziehung.[1]

(1) Integration mehrerer logistischer Leistungen: Es handelt sich bei der Kontraktlogistik um Leistungen, die nicht nur logistische Basisaktivitäten wie Transport, Umschlag oder Lagerhaltung (TUL) umfassen, sondern mehrere logistische Funktionen zu Leistungspaketen mit erhöhter Komplexität und Problemlösungsfähigkeit integrieren (Solutions). Es werden dabei vielfach logistische Zusatzleistungen (wie z.B. Auftragsabwicklung, Sendungsverfolgung) oder auch nicht-logistische Zusatzleistungen (wie z.B. einfache Montagetätigkeiten, Qualitätsprüfung) hinzugezogen, die das Ziel verfolgen einen zusätzlichen Mehrwert für den Kunden zu generieren.

(2) Hoher Individualisierungsgrad der Leistung: In der Kontraktlogistik werden die Leistungen den individuellen Bedürfnissen des jeweiligen Kontraktgebers angepasst und in einer individuell ausgestalteten Weise erbracht. Durch die starke Integration in die Wertschöpfungsketten der Kunden und den hohen Individualisierungsgrad ist der jeweilige Kontraktlogistikanbieter damit kurzfristig nicht ohne weiteres austauschbar.

(3) Mindestgeschäftsvolumen: Das signifikante Geschäftsvolumen für Kontraktlogistikdienstleistungen beträgt mindestens eine Größenordnung von 0,5 bis 1,0 Mio. € p. a., wobei vereinzelt auch kleinere Projekte im Bereich strategisch bedeutsamer Geschäfte liegen können. Die Projektvolumina sind insgesamt sehr heterogen und können in Ausnahmefällen auch mehrere hundert Millionen Euro oder mehr umfassen.

(4) Langfristige vertragliche Absicherung der Geschäftsbeziehung: In der Kontraktlogistik wird im Unterschied zu „Transaktions“-basierten Geschäftsbeziehungen, die jederzeit abgebrochen werden können, die Partnerschaft mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten beider Parteien durch einen schriftlichen Vertrag fixiert. Hierbei beträgt die Mindestlaufzeit für Kontraktlogistikdienstleistungen etwa ein Jahr. In der Praxis liegt die Laufzeit eines Kontrakts typischerweise zwischen 3-5 Jahren. In der anglo-amerikanischen Literatur wird im Zusammenhang mit Kontraktlogistikdienstleistungen von 3PL (Third Party Logistics) gesprochen, wenngleich hierunter häufig auch die standardisierten Leistungen der internationalen Spedition fallen.

Die Kontraktlogistik wird häufig als Königsdisziplin der Logistikdienstleistungsbranche bezeichnet – nicht zuletzt aufgrund der hohen Anforderungen, die an die Verlader und Dienstleister insbesondere in den Phasen der Projektanbahnung und Implementierung gestellt werden. Auch aufgrund des hohen Marktpotenzials mit 81 Mrd. € in Deutschland (geschätzt für das Jahr 2008), von denen bislang erst weniger als 30 % an externe Dienstleister vergeben sind [2] und aufgrund der hohen Wachstumsraten stellt die Kontraktlogistik ein besonders vielversprechendes Geschäftsfeld für die Logistikdienstleistungswirtschaft dar. Die Gewinner in diesem Markt sind Speditions- und Logistikunternehmen, die sich auf Branchenlösungen spezialisiert haben und dabei ihre Distributionszentren und Transportnetze nutzen. Die Kontraktlogistik bietet vor allem auch mittelständischen Anbietern durch ihre meist kürzeren Entscheidungswege und durch ihre hohe Flexibilität bei der Etablierung individueller und stabiler Logistiksysteme erhebliche Chancen am Markt.

Literatur

  • Klaus, P., Kille, C.: Die TOP 100 der Logistik. Marktgrößen, Marktsegmente und Marktführer in der Logistikdienstleistungswirtschaft. Hamburg: Deutscher Verkehrs-Verlag, 2008, ISBN 978-3-87154-385-2
  • Stölzle, W., Weber, J., Hofmann, E. und Wallenburg, C.M.: Handbuch Kontraktlogistik - Management komplexer Logistikdienstleistungen. Weinheim: Wiley-VCH Verlag, 2007, ISBN 978-3-527-50203-5
  • Wrobel, H., Klaus, P.: Projektanbahnung in der Kontraktlogistik. Eine empirische Studie zum Status Quo und zu den Erfolgsfaktoren im Vertrieb und im Einkauf von Kontraktlogistikdienstleistungen. Stuttgart: Fraunhofer Verlag, 2009, ISBN 978-3-8396-0022-1

Quellen

  1. Wrobel/Klaus (2009): Projektanbahnung in der Kontraktlogistik, Stuttgart, 2009, S. 23f.
  2. Klaus/Kille (2008): Die TOP 100 der Logistik, Hamburg, 2008, S. 115-127

Weblinks


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