Kreisgrabenanlage Dresden-Nickern

Kreisgrabenanlage Dresden-Nickern

Die Kreisgrabenanlage Dresden-Nickern ist ein frühzeitlicher Komplex aus mindestens vier eigenständigen Kreisgrabenanlagen im Dresdner Stadtteil Nickern im Gebiet um den Gebergrund. Die Anlagen befinden sich auf mehreren Grabungsflächen, welche vor dem Bau eines BAB 17-Zubringers zur Erkundung der Trasse angelegt wurden.

Die Kreisgrabenanlagen werden einer frühzeitlichen bandkeramischen Kultur (5500-4500 v. Chr.)[1] zugeordnet. Bereits in den vergangenen 50 Jahren wurden an Südhängen des Dresdner Elbtals um den Stadtteil Nickern zahlreiche Siedlungsspuren bandkeramischer Kulturen gefunden. Die Anlagen stehen sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit ca. 150 ähnlichen Anlagen dieser frühzeitlichen Hochkultur in Mitteleuropa, die in der Zeit von 4800 bis 4600 vor unserer Zeit entstanden. Vergleichbar große Anlagen wurden nach heutigen Erkenntnissen erst während der Bronzezeit ca. 3000 Jahre später wieder errichtet.

Inhaltsverzeichnis

Grabungen

DD-02

In der ersten Grabungsfläche (DD-02) (50° 59′ 48″ N, 13° 47′ 27″ O50.99657777777813.790877777778) von 1993 fand man eine Kreisgrabenanlagen von 50 m Durchmesser.

DD-98

1998 fand man eine zweite einfache Kreisgrabenanlage (DD-98) (50° 59′ 47″ N, 13° 47′ 11″ O50.99641666666713.786444444444) mit einem Durchmesser von 80 m.

NIE-07

Etwa 50 m südlich von DD-02 fand man 2002 im Grabungfeld NIE-07 (50° 59′ 44″ N, 13° 47′ 28″ O50.99569444444413.791111111111) zwei Segmentbögen einer zweiten doppelten Grabenanlage, welche bei einem angenommenen geschlossenen Kreis einen maximalen Durchmesser von 140 m erreicht.

NIE-09

Ebenfalls 2002 wurde die vierte Anlage (NIE-09) (50° 59′ 48″ N, 13° 47′ 0″ O50.99658333333313.783388888889) gefunden, welche aus vier konzentrischen Gräben mit einem minimalen Durchmesser von 70m und einem maximalen Durchmesser von 126 m besteht. Aufgrund weniger Keramikfunde ist die Anlage eindeutig der stichbandkeramischen Kultur zuzuordnen.

Im Inneren der Kreise befanden sich zwei leicht asymmetrisch zu den Gräben verlaufende Palisadenringe (Durchmesser 38 m bzw. 43 m, welche einen innersten Bereich von ca. 1140 m² Grundfläche umschlossen. Unsicher ist jedoch, ob alle Teile der Anlage gleichzeitig bestanden. Die Spitzgräben der einzelnen Grabenringe wurden innerhalb weniger Jahr von innen nach außen angelegt, wobei der innerste Kreis meist dreimal, der zweite und dritte Kreis meist zweimal ausgebessert wurde.

Der innerste Kreisgraben wurde am tiefsten ausgehoben, nach außen wurden die Kreise jeweils flacher. Das gesamte Aushubvolumen eines Grabenkreises blieb durch die abnehmende Tiefe bei wachsendem Umfang konstant bei ca. 1000 m³.

Da die Anlage nur zu ca. 15 % im Bereich der zukünftigen Autobahnzubringer-Trasse ausgegraben wurde, wobei nur ein Teil eines Zuganges tangiert wurde, lassen sich über die gesamte Geometrie nur Schlüsse durch Vergleich mit anderen Anlagen ziehen. Auf dieser Basis wird vermutet, dass vier Erdbrücken mit einer Orientierung nach den vier Haupthimmelsrichtungen vorhanden waren.

Funde

Bei den Ausgrabungen wurden Keramikfiguren, Pfostenabdrücke typischer bandkeramischer Langhäuser sowie Werkzeuge aus Stein, Knochen und Holz gefunden.

Nutzung

Über die Nutzung der Anlagen kann nur spekuliert werden. Denkbar ist eine Nutzung als Befestigungsanlage, Marktplatz, Kalendarium oder religiöser Tempel, wobei letztere These vor allem von Boulevardblättern verbreitet wurde.

Besonderheiten

Im Vergleich zu ähnlichen bekannten Kreisgrabenanlagen ist die Häufung von vier Anlagen in einem Gebiet mit nur 1 km Durchmesser einzigartig. Einen vierfachen Kreisring wie NIE-09 besitzen nur die Kreisgrabenanlagen in Kyhna bei Leipzig und in Cífer (Slowakei). Nur wenige andere Kreisgrabenanlagen weisen einen höheren Durchmesser auf.

Sonstiges

Die Ausgrabungen und Funde wurden gemessen an ihrer Bedeutung in der lokalen Presse nur marginal erwähnt, eine größere Anzahl von Artikel gab es als Reaktion auf einen Bericht des britischen The Independent im Juni 2005.

Das Landesamt für Archäologie Sachsen übernahm im Oktober 2001 den Grundriss der vierfachen Kreisgrabenanlage als Signet.

Einzelnachweise

  1. Grabungsbericht Archäologie Sachsen

Literatur

  • Harald Stäuble, Patrice de Vries, Rainer Bartels, Ein neolithisches Siedlungsareal mit Kreisgrabenanlagen bei Dresden-Nickern: eine Übersicht (2003)
  • Siegfried Kurz, Archäologische Untersuchung im Gewerbegebiet Dresden-Nickern 1 - Eine Bestandsübersicht (1994)
  • Willfried Baumann, Körpergräber und Siedlung der Bandkeramik in Dresden-Nickern (1960) AFD 7, 95–138, Zwei bandkeramische Steingerätedepots von Dresden-Nickern (1962) AFD 7, 95–138

Weblinks

50.99583333333313.788861111111

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