- Kursbuchstrecke 960
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Mittenwaldbahn
Innsbruck Westbf–Garmisch-PartenkirchenGeografische Daten Kontinent Europa Land Österreich, Deutschland Bundesland (Österreich)
Bundesland (Deutschland)Tirol
BayernStreckenbezogene Daten Kursbuchstrecke (DB): 960 Streckennummer: 410 Streckenlänge: 63,7 km Spurweite: 1435 mm (Normalspur) Stromsystem: 15 kV / 16,7 Hz ~ Maximale Neigung: 36,5 ‰ Minimaler Radius: 200 m Art der Bahn Hauptbahnmäßig betriebene
NebenbahnAusbau eingleisig Betreiber ÖBB, DB Die Mittenwaldbahn, im Volksmund ebenfalls als Karwendelbahn bezeichnet, ist eine Eisenbahnstrecke in den Alpen in Österreich und Deutschland. Sie verbindet Innsbruck über Seefeld (beide in Tirol bzw. Österreich) und Mittenwald mit Garmisch-Partenkirchen (beide in Bayern bzw. Deutschland).
Die Mittenwaldbahn wurde als elektrische Lokalbahn in den Jahren 1910 bis 1912 von den Ingenieuren und Bauunternehmern Josef Riehl und Wilhelm Carl von Doderer erbaut. Das erste Teilstück dieser Strecke wurde am 28. Oktober 1912 eröffnet und gemeinsam von den Staatsbahnen Österreichs und Bayerns betrieben. Sie war eine der ersten mit hochgespanntem einphasigem Wechselstrom betriebenen Bahnen. Dadurch hatte sie großen Einfluss auf die Normen des elektrischen Bahnbetriebes in Mitteleuropa. Zusammen mit der Außerfernbahn bindet sie das Außerfern (jenseits des Fernpasses gelegen) an Tirol an.
Inhaltsverzeichnis
Geografie
Die Mittenwaldbahn führt überwiegend in Süd-Nord-Richtung zwischen mehreren Teilgebirgen der Nördlichen Kalkalpen hindurch. Im Süden verläuft sie aus dem Inntal von Innsbruck kommend unter anderen über Hochzirl und vorbei am Zirler Berg nach Seefeld, das zwischen Mieminger Gebirge im Westen und Karwendelgebirge im Osten liegt.
Von dort führt sie zwischen Karwendelgebirge im Osten und Wettersteingebirge im Westen über den Scharnitzpass und die Grenze Österreich–Deutschland nach Mittenwald; etwa vom Scharnitzpass führt sie ein Stück entlang des Oberlaufs der Isar. Danach knickt sie nach Westen ab, wobei sie zwischen Wettersteingebirge im Süden und Estergebirge im Norden nach Garmisch-Partenkirchen führt.
Bemerkenswert an der Trassenführung der Eisenbahn ist die lange tunnelreiche Hanglehnenstrecke bis zur Martinswand und die Schleife mit vielen Viadukten durch den Schlossbachgraben oberhalb von Zirl.
Geschichte
Der Ingenieur und Bauunternehmer Josef Riehl hatte bereits Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts dem österreich-ungarischen Eisenbahnministerium ein Projekt vorgelegt, welches eine Trassierung von Innsbruck zuerst nach Hall und dann nach einer Kehre vorwiegend in Tunneln bis nach Seefeld vorsah. Um den Auftrag für dieses Vorhaben zu erhalten, nahm er jahrelange Auseinandersetzungen um die Finanzierung des Projekts in Kauf und riskierte hunderttausende Kronen für Vorauslagen, ohne Garantie diese je wieder zurückzuerhalten.
Als Riehl endlich die Zustimmung der Behörden für den Bau der Mittenwaldbahn auf der österreichisch-ungarischen Seite der Grenze erhalten hatte, bildete er für die Bauausführung eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Ingenieur und Bauunternehmer Wilhelm Carl von Doderer. Die Bauleitung oblag von Seiten Riehls Ing. Karl Innerebner und auf Seiten von Doderers Ing. August Mayer. Der Auftrag umfasste alle für den Betrieb der Bahn notwendigen Einrichtungen. Neben dem Trassenbau, also auch der Grunderwerb, der Fuhrpark, die elektrischen Einrichtungen und das Kraftwerk am Ruetzbach. Als nicht zu überschreitenden Pauschalpreis erhielten die Bauunternehmer Riehl und von Doderer 24.401.700 Kronen. Sie trugen somit alleine das Risiko möglicher Kostenüberschreitungen.
Gemessen an ihrer Länge gehörte die Mittenwaldbahn wegen der vielen Tunnelbauten zu den seinerzeit teuersten Bahnprojekten. Sie wurde von Anfang an für den elektrischen Betrieb geplant. Für die Energieversorgung wurde in der Nähe der Stephansbrücke im Stubaital das Ruetz-Kraftwerk gebaut, welches zweimal 4.000 PS lieferte. Erst in der weiteren Folge sollte der bayerische Streckenteil durch das Kraftwerk Walchensee versorgt werden, welches allerdings erst 1924 fertiggestellt wurde. Trotz aller Herausforderungen, konnte die Mittenwaldbahn auf dem Gebiet Österreich-Ungarns in der bemerkenswert kurzen Zeit von etwa 2 Jahren errichtet werden.
Im Zweiten Weltkrieg verhinderten die starken Gefälle und die kurzen Bahnhöfe eine starke Einbindung in die Nachschubtransporte. 1945 wurde die Mittenwaldbahn von den Alliierten als strategisch wichtig eingeschätzt, und insgesamt sechs Luftangriffe gegen das Gurglbachtalviadukt geflogen. Auch die Innbrücke in Innsbruck war mehrmals Ziel von Luftangriffen.
1950 kam es im Winter zu einem Lawinenabgang in der Ausweiche Martinswand, bei der eine Lokomotive komplett verschüttet wurde. Mit tatkräftiger Hilfe der französischen Alliierten konnte die Bahn wieder freigeschaufelt werden. 1968 wurde die Stelle durch die Errichtung eines Lawinenschutzdaches wieder sicher gemacht.
Mit der Abhaltung der Olympischen Winterspiele in Innsbruck und Seefeld war auf der Mittenwaldbahn mit starkem Fahrgastaufkommen zu rechnen, und alle Bahnhöfe wurden mit elektrischen Lichtsignalen ausgestattet. Seefeld erhielt zudem einen neuen Bahnhof. Auch der Oberbau wurde verändert, sodass nun sowohl Lokomotiven der DB als auch der ÖBB die Strecke befahren konnten. Aufgrund der seinerzeit reichlich bemessenen Brückenstatik konnten sie es sogar in Doppeltraktion tun.
Die Olympischen Winterspiele 1976 wurden wiederum problemlos bewältigt, ebenso die Nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld 1985.
In den 1980er Jahren, als in Innsbruck viele Straßen verbreitert wurden, wurde es nötig, die Strecke, welche Innsbruck in Hochbauweise durchquert, teilweise neu zu bauen, besonders die Brücken.
Besonderheiten der Streckenführung
Mittenwaldbahn LegendeUnterinntalbahn von Wörgl Hbf, Kufstein -0,4 Innsbruck Hbf S1 S2 582 m ü. A. Brennerbahn nach Bolzano/Bozen 1,3 0,0 Innsbruck Westbf S1 Arlbergbahn nach Bludenz 0,8 Inn-Viadukt; 230,5 m Stahl/Stein 1,2 Innbrücke; 108,4 m Stahl 1,8 Innsbruck Hötting 2,1 B171; 38 m Stahl 3,7 Innsbruck Allerheiligenhöfe 631 m ü. A. 5,0 Kerschbach-Tunnel; 214 m 5,6 Kranebitten-Tunnel; 35 m 5,7 Kranebitten 697 m ü. A. 5,8 Klammbach-Brücke; 34 m Beton 7,2 Lawinenschutzdach; 66 m 7,2 Martinswand 7,4 Hechenberg-Tunnel; 26 m 7,9 Meilbrunnen-Brücke; 15 m Beton 8,5 Finstertal-Viadukt; 54 m Beton 8,9 An der Wand I; 109 m 9,1 An der Wand II; 202 m 9,3 Steinschlag-Schutzdach; 228 m 9,5 Martinswand-Tunnel; 1810 m 11,5 Ehnbach-Tunnel; 347 m 11,9 Brunntal-Tunnel; 99 m 12,7 Hochzirl 922 m ü. A. 13,1 Vorberg-Tunnel I; 148 m 13,3 Vorberg-Tunnel II; 98 m 13,5 Vorberg-Tunnel III; 47 m 13,7 Vorberg-Viadukt; 117 m Beton 14,0 Vorberg-Tunnel IV; 44 m 14,2 Schlossbach-Tunnel; 722 m 14,9 Schlossbach-Brücke; 66 m Stahl 15,0 Pflegertal-Tunnel; 32 m 15,1 Pflegertal-Brücke; 18,5 m Beton 15,1 Fragenstein-Tunnel; 395 m 15,6 Lehnen-Viadukt; 28 m Beton 15,8 Kaiserstand-Viadukt; 46,8 m Beton 16,8 Leithen 17,8 Leithen-Tunnel; 84,3 m 18,2 Gurgelbach-Viadukt; 75,4 m Beton 18,8 Reith 1.120 m ü. A. 20,5 Hermelebach-Viadukt; 20 m Beton 22,4 Seefeld in Tirol 1.182 m ü. A. 24,9 Seefeld Play Castle aufgelassen 29,2 Gießenbach 1.019 m ü. A. 29,4 21,3 m Stahl 32,1 26,6 m Stahl 32,5 Scharnitz 964 m ü. A. 33,2 123,5 Mittenwald Staatsgrenze A/D 118,5 Mittenwald 914 m ü. A. 112,3 Klais 933 m ü. A. 107,3 Kaltenbrunn (Oberbay) (PV bis 2.6.1984) 102,5 Kainzenbad fallweise Bedienung bei Veranstaltungen Außerfernbahn von Reutte in Tirol, Kempten (Allg) Hbf 100,6 Garmisch-Partenkirchen 708 m ü. A. Übergang zur Zugspitzbahn Strecke nach München Hbf Die Mittenwaldbahn besticht durch kühne Streckenführung, geplant vom Bahnpionier Ingenieur Josef Riehl.
Die Mittenwaldbahn überquert in Innsbruck den Inn auf einer Stahlbrücke und wird im Stadtgebiet als Hochbahn geführt und als Hanglehnenstrecke von Innsbruck nach Westen.
Im März 1910 wurde der erste Spatenstich in der sagenumwobenen Martinswand getan. Die schroff ins Inntal abfallende Martinswand und der zerklüftete Schlossbachgraben stellten die größten Herausforderungen dar. Der Schlossbach wird in einer Höhe von rund 60 m über dem Wasserspiegel von einer eisernen Bogenfachwerkbrücke mit einer Länge von 66 m überwunden. Am karstigen Hang des Hechenbergs wurde der Finstertal-Viadukt gebaut, im Schlossbachgraben Hangviadukte und der Kaiserstandviadukt unterhalb der Ruine Fragenstein. Bei Reith wurde der Gurgelbachviadukt gebaut, bei Scharnitz die Isar-Brücke.
Viele Brückenbauwerke ähneln in ihren Abmessungen der Schweizer Albulabahn. Während dort jedoch auf Naturstein zurückgegriffen werden konnte, musste in Tirol Beton verwendet werden. Auch die Tunnelwölbungen mussten betoniert werden, weil das Gestein zersprang.
Der Bau des Tunnels in der Martinswand war besonders aufwändig, weil allein für den Betrieb der Baumaschinen eine 17 km lange Hochspannungsleitung aus Innsbruck verlegt werden musste. Benzinlokomotiven brachten das Gestein zu den Halden. Eindringendes Wasser unterbrach die Bauarbeiten an der Westseite des Tunnels, eine elektrische Pumpanlage musste aufgestellt werden. Die Wohnbaracken an der Ostseite mussten aufgrund von Platzmangel weit unterhalb am steilen Rand angelegt werden. Eine Standseilbahn musste gebaut werden, die Arbeiter und Material aus dem Inntal zur Baustelle beförderte.
Der kleinste Kurvenradius der Mittenwaldbahn beträgt 200 m, die Maximalsteigung lag mit 36,5 Promille noch deutlich höher als die 31 Promille der Arlbergbahn oder die 26 Promille der Brennerbahn.
Am Innsbrucker Westbahnhof zweigt die Strecke von der Arlbergbahn ab und erreicht in Hötting den Bergfuß auf 580 m Seehöhe. Der Scheitelpunkt am Seefelder Sattel liegt auf 1.184 m. Auf der Distanz von 19,2 km muss dieser Höhenunterschied erreicht werden. Im Anschluss fällt die Strecke mit bis zu 30 Promille nach Garmisch-Partenkirchen ab, wo Anschluss an die bestehende Strecke über Murnau und Weilheim nach München besteht. In Garmisch zweigt auch die Außerfernbahn über Lermoos nach Reutte ab.
Sonderwagen für die Karwendelbahn
1928 ließ die DRG mehrere Wagen speziell für die Karwendelbahn in Leichtbauweise bauen. Es handelt sich um folgende Wagen nach bayrischen Plänen: 5 Wagen B4ü-bay 29 / DB Aye 602, 7 Wagen C4ü-bay 39 / DB Bye 654 und dazu Pw4ü 28 der DRG. Farbgebung: Wagenkasten dunkelblau, Fensterbereich hellblau. Die DRG ließ 1932 in Erwartung der Olympischen Spiele folgende Wagen nachbauen: 8 Wagen ABC4ü-32 / DB AByse 619 und 21 Wagen C4ü 32 / DB Bye 658
Touristisches
Die Haltestellen zwischen Innsbruck und Garmisch-Partenkirchen (Hochzirl, Seefeld, Gießenbach, Scharnitz, Mittenwald und Klais) sind hervorragende Ausgangspunkte für Bergtouren im Karwendel-, Wetterstein- und Estergebirge. Vom Zug bieten sich oft schöne Aussichten auf diese Gebirgsgruppen.
Literatur
- Duschek, W., Pramstaller W. u. a.: Local- und Straßenbahnen im alten Tirol, Eigenverlag Tiroler MuseumsBahnen, Innsbruck 2008, 48 S.
- Siegfried Bufe: Karwendelbahn, München–Garmisch-Partenkirchen–Innsbruck. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1992, ISBN 3922138454
- Günter Denoth und andere: ...Über den Fern - Die Mittenwaldbahn Innsbruck - Garmisch - Reutte. Verlag Eisenbahnarchiv, Tirol 2003, Offizielles Buch zum 90-jährigen Bestand der Linie.
Film
- SWR: Eisenbahn-Romantik – Die Karwendelbahn - Von Innsbruck nach München (Folge 633)
Weblinks
- Josef Riehl und die Mittenwaldbahn
- Tiroler Museumsbahnen
- Mittenwaldbahn bei mittenwaldbahn.de
- Mittenwaldbahn bei bahnarchiv.net
- Fotoalbum über die Karwendelbahn auf eisenbahnen.at
Siehe auch
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