Kündigungsfristen im Arbeitsrecht

Kündigungsfristen im Arbeitsrecht

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage in Deutschland

Kündigungsfristen im Arbeitsrecht können sich in Deutschland ergeben aus dem Arbeitsvertrag, einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag oder der gesetzlichen Regelung des § 622 BGB.

§ 622 BGB bestimmt eine Grundkündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder Letzten Tag eines Kalendermonats. Für den Arbeitgeber erhöht sich diese Frist nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von

  1. 2 Jahren auf 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats,
  2. 5 Jahren auf 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  3. 8 Jahren auf 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  4. 10 Jahren auf 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  5. 12 Jahren auf 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  6. 15 Jahren auf 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  7. 20 Jahren auf 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Obwohl der EuGH feststellte, dass die Nichtberücksichtigung gegen das durch die Richtlinie 2007/78 konkretisierte Verbot der Altersdiskriminierung verstößt, enthält der Gesetzestext immer noch die Regelung, dass Zeiten vor dem 25. Lebensjahr nicht mitzuzählen sind. Die Arbeitsgerichte rechnen die Beschäftigungsdauer auch vor Vollendung des 25. Lebensjahres an.[1][2]

Nach § 622 Absatz 3 BGB kann während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Durch Tarifverträge können abweichende, auch kürzere Fristen bestimmt werden, die dann im Geltungsbereich des Tarifvertrags auch von Nicht-Tarifgebundenen vereinbart werden können. Einzelvertraglich kann darüber hinaus eine kürzere Kündigungsfrist nur vereinbart werden, wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist, maximal drei Monate, oder wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ohne Auszubildende beschäftigt und die Kündigungsfrist noch mindestens vier Wochen beträgt. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 20 Stunden sind bei der Feststellung der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer mit 0,5 und mit nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

Die Vertragsparteien sind frei, längere Kündigungsfristen zu vereinbaren. Weit verbreitet sind vorformulierte Klauseln, die auch den Arbeitnehmer an die längeren Fristen für Kündigungen durch den Arbeitgeber gem. § 622 Absatz 2 BGB binden. Unzulässig ist es aber in jedem Fall, vertraglich für den Arbeitnehmer längere Fristen vorzusehen als für den Arbeitgeber.

Die Nichteinhaltung einer vertraglichen, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist muss neuerdings bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist nach § 4 KSchG durch eine Klage beim Arbeitsgericht angegriffen werden (vgl.: Kündigungsschutzgesetz). Das Bundesarbeitsgericht hat eine anderslautende frühere Rechtsprechung[3] mit dem Urteil vom 1. September 2010 (5 AZR 700/09)[4] aufgegeben.

Wird bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (etwa durch einen Aufhebungsvertrag) die für den Arbeitgeber geltende Kündigungsfrist nicht eingehalten und eine Abfindung gezahlt, führt dies in der Regel zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und zum Eintritt einer Sperrzeit. In der Vergangenheit wurde oft versucht, dies durch einen Abwicklungsvertrag zu umgehen.

Rechtslage in Österreich

In Österreich gibt es unterschiedliche Kündigungsfristen, je nachdem, ob es sich bei den Arbeitnehmern um Angestellte oder Arbeiter handelt. Für erstere kommt das Angestelltengesetz (AngG) zur Anwendung, für letzter das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) aus dem Jahre 1812.

Das ABGB bestimmt dazu:

§ 1159a. (1) Wenn ein Dienstverhältnis, das Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf die Art der Bemessung des Entgelts eine mindestens vierwöchentliche Kündigungsfrist einzuhalten.
§ 1159b. In allen anderen Fällen kann das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer mindestens vierzehntägigen Kündigungsfrist gelöst werden.
§ 1159c. Die Kündigungsfrist muß immer für beide Teile gleich sein. Wurden ungleiche Fristen vereinbart, so gilt für beide Teile die längere Frist.

Für Angestellte beträgt die Kündigungsfrist laut § 20/2 AngG auf Seiten des/der DienstgeberIn:

ab Beginn des Dienstverhältnisses 6 Wochen
nach Vollendung des zweiten Dienstjahres 2 Monate
nach Vollendung des fünften Dienstjahres 3 Monate
nach Vollendung des fünfzehnten Dienstjahres 4 Monate
nach Vollendung des fünfundzwanzigsten Dienstjahres 5 Monate

Für Angestellte beträgt die Kündigungsfrist ein Monat zum Ablauf eines Kalendermonats, sofern dienstvertraglich nichts anderes vereinbart wurde.

Befristete Dienstverhältnisse können durch Kündigung nur dann gelöst werden, wenn das ausdrücklich im Dienstvertrag vereinbart wurde.

Rechtslage in der Schweiz

Nach der Probezeit gelten folgende gesetzliche Kündigungsfristen (Art. 335c OR):

  • im ersten Dienstjahr ein Monat
  • vom zweiten bis neunten Dienstjahr zwei Monate,
  • ab dem zehnten Dienstjahr drei Monate, je auf das Ende eines Monates.

Diese Kündigungsfristen können durch einen Vertrag erhöht werden. Die Kündigungsfrist muss für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich sein, ansonsten gilt die längere der beiden Fristen.

Weblinks

Fußnoten

  1. EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - C-555/ 07 EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - C-555/ 07
  2. Urteil des EuGH (C-555/07) EuGH: Deutsche Regelung zu Kündigungsfristen verstoßen gegen EU-Recht zur Altersdiskriminierung
  3. BAG Urteil vom 15. Dezember 2005 - 2 AZR 215/05[1]
  4. Urteil des BAG vom 1. September 2010 http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2010-9&nr=14768&linked=urt
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