Kündigung (Arbeitsrecht)

Kündigung (Arbeitsrecht)
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Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit einer der Möglichkeiten, ein Arbeitsverhältnis zu beenden (Arbeitsrecht).

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsrecht in Deutschland

Unterschied zur Entlassung

Die Kündigung ist nach der bisherigen deutschen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung streng von der Entlassung des Arbeitnehmers zu unterscheiden. Die Kündigungserklärung ist die rechtsgeschäftliche Handlung, die auf die (rechtliche) Beendigung des Arbeitsverhältnisses zielt, mit der Entlassung wird im deutschen Arbeitsrecht lediglich der rein tatsächliche Vorgang des Ausscheidens eines Arbeitnehmers aus dem Betrieb beschrieben. Der Unterschied spielt einerseits bei bestimmten sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen des Ausscheidens (Sperre / Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches) eine Rolle; andererseits sind bei Massenentlassungen die Entlassungen zuvor anzuzeigen.

Nach der Entscheidung C-188/04 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 27. Januar 2005 ([1]) ist dieses Verständnis des Begriffes der Entlassung im Bereich der Massenentlassungsanzeige aber problematisch geworden. Der EuGH versteht unter dem Begriff der Entlassung wie er auch in der entsprechenden europäischen Massenentlassungsrichtlinie gebraucht wird, den Vorgang des Ausspruchs der Kündigung.

Ob dies direkt zu einer Änderung auch des Verständnisses der Auslegung der deutschen Massenentlassungsregelungen in den §§ 17 ff KSchG führt oder ob es hier zunächst eines Tätigwerdens des Gesetzgebers bedarf, ist offen; hierzu liegen unterschiedliche Entscheidungen der Instanzgerichte vor.

Form

Die Kündigung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (siehe § 623 BGB). Nach Ansicht des LAG Hessen (26. Oktober 2007, 10 Sa 961/06) bedeutet dies, dass die Kündigung handschriftlich vom Arbeitgeber unterzeichnet sein muss. Wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigt, sollte er dies persönlich (Geschäftsführer) oder durch einen Vertreter tun. Die „im Auftrag“ unterschriebene Kündigung ist nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz unwirksam. (LAG Rheinland-Pfalz vom 19. Dezember 2007, 7 Sa 530/07s). [1] Der zu kündigende Arbeitnehmer soll im Kündigungsschreiben darauf hingewiesen werden, dass er sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend melden muss und eigene Aktivitäten bei der Suche nach einer Arbeitsstelle erforderlich sind. Eine Begründung der Kündigung ist in aller Regel entbehrlich; im Einzelfall können Besonderheiten gelten (z. B. Kündigung einer Schwangeren oder eines Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit).

Beurteilungszeitpunkt

Wie bei allen Gestaltungsrechten beurteilt sich auch die Wirksamkeit der Kündigung ausschließlich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Erklärung. Auf einen nachträglichen Wegfall des Kündigungsgrundes kommt es nicht an. Das wird in Rechtsgebieten, denen eine ausgeprägte soziale Komponente anhaftet, vielfach als nicht für jeden Fall sachgerecht angesehen. Daher hat die Rechtsprechung auch im Arbeitsrecht Korrekturen vorgenommen: So bleibt die Kündigung zwar wirksam, für den Arbeitnehmer entsteht aber ein Wiedereinstellungsanspruch, wenn der Kündigungsgrund nachträglich entfällt, z. B. weil ein beabsichtigter Arbeitsplatzabbau vom Arbeitgeber doch nicht umgesetzt wird.

Abfindung

Die Zahlung einer Abfindung im Zusammenhang mit einer Kündigung ist nach deutschem Recht nur in wenigen Ausnahmefällen gesetzlich vorgesehen (§ 1a KSchG). Ein Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG setzt voraus, dass der Arbeitgeber mit der Kündigung das Angebot unterbreitet, eine Abfindung zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer nicht gegen die Kündigung klagt. Die Höhe des gesetzlichen Abfindungsanspruchs aus § 1a KSchG beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Die Höhe freiwilliger oder gerichtlich festgelegter Abfindungen kann äußerst unterschiedlich ausfallen; als Faustregel kann aber von 0,5 bis 0,75 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr ausgegangen werden.

Kündigungsgründe

Das Kündigungsschutzgesetz unterscheidet drei Gründe: betriebsbedingte, verhaltensbedingte und personenbedingte. Seit dem 1. Januar 2004 ist in Betrieben mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern eine ordentliche Kündigung unwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Es gilt eine Übergangsregelung für Arbeitnehmer, die schon vor dem 1. Januar 2004 bei dem Arbeitgeber beschäftigt waren, da die Grenze der sog. "Kleinbetriebsklausel" bis dahin bei fünf Arbeitnehmern lag. Voraussetzung ist weiter eine mindestens sechsmonatige Betriebszugehörigkeit (Wartezeit i. S. d. § 1 Abs. 1 KSchG).

Betriebsbedingte Kündigung

Der Arbeitgeber kann betriebsbedingt kündigen, wenn er aufgrund seiner Unternehmerentscheidung beschlossen hat, Arbeitsplätze abzubauen oder seinen Betrieb ganz oder teilweise stillzulegen. Dies erfordert regelmäßig eine vorherige Sozialauswahl vergleichbarer Arbeitnehmer.

Verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitnehmer in der Regel nach dem Erhalt einschlägiger Abmahnungen weiterhin arbeitsvertragswidrig verhält (beispielsweise wiederholtes Zuspätkommen).

Personenbedingte Kündigung

Personenbedingte Gründe liegen in der Person des Arbeitnehmers, sie sind i.a. von ihm nicht steuerbar, im Gegensatz zur verhaltensbedingten Kündigung ist deshalb eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich.

Beispiele sind langandauernde Krankheit, häufige Kurzerkrankungen, Entzug des Führerscheins bei Kraftfahrern.

Widerspruch des Betriebsrates

Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Bereich entgegenstehen, bedingt ist. Sie ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn sie gegen die Richtlinie des § 95 Betriebsverfassungsgesetz verstößt und/oder der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und der Betriebsrat aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 (2) S 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat.

Einwendungen des Personalrates

Im öffentlichen Dienst ist der Personalrat nach Maßgabe des jeweiligen Personalvertretungsgesetzes zu beteiligen. Meist besteht ein Mitwirkungsrecht, d. h., der Personalrat kann gegen die Kündigung Einwendungen erheben; die Kündigung als solche ist aber wirksam, soweit der Personalrat beteiligt wurde (z. B. § 79 BPersVG, § 74 LPVG NRW).

Außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist zulässig, wenn der Kündigende einen wichtigen Grund für die Kündigung hat, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht, zum Beispiel eine Verdachtskündigung. Die außerordentliche Kündigung kann auch mit einer sozialen Auslauffrist ausgesprochen werden; das ist insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen von ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern geboten (z. B. bei Betriebsschließung). Weiterhin muss die außerordentliche Kündigung innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Bei außerordentlichen Kündigungen sind der Betriebsrat bzw. Personalrat lediglich anzuhören.

Fristlose Kündigung

Von einer fristlosen Kündigung, auch außerordentliche Kündigung genannt, spricht man im deutschen Arbeitsrecht bei einer sofortigen Aufhebung eines Arbeitsvertrags nach § 626 BGB. Der Unterschied zu einer normalen Kündigung (außer die Nichteinhaltung der normalen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB) liegt darin, dass bei einer fristlosen Kündigung kein Recht auf eine Abfindung entsteht. Des Weiteren kann im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung für eine bestimmte Zeit nach der Kündigung Arbeitslosengeld nicht eingefordert werden. Eine fristlose Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn Umstände existieren, die ein weiteres Bestehen des Arbeitsverhältnisses für den Kündigenden unzumutbar erscheinen lassen. Der Grund für die fristlose Kündigung muss im Kündigungsschreiben nicht angegeben werden, der Kündigende muss dem Gekündigten auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. Ein solcher Grund für eine fristlose Kündigung wäre z. B. gegeben nach einer Straftat im Betrieb (z. B. Diebstahl auch von geringwertigen Sachen siehe Bienenstichfall, Untreue, Körperverletzung), bei Arbeitsverweigerung, grober Beleidigung, gravierendem Vertrauensbruch, Verletzung der Arbeitsschutzbestimmungen oder Nichtzahlung erheblicher Lohnrückstände, nicht bei Alkoholabhängigkeit (hier käme eine personenbedingte, ordentliche Kündigung in Betracht).

In Österreich spricht man in diesem Fall von einer Entlassung im Gegensatz zur üblichen Kündigung.

Verdachtskündigung

Eine Verdachtskündigung ist, so das Bundesarbeitsgericht, „dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die als Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören“. Weiterhin muss der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um den Sachverhalt aufzuklären, insbesondere muss er dem Arbeitnehmer Gelegenheit gegeben haben, Stellung zu nehmen.

Stellt sich später die Unschuld des gekündigten Arbeitnehmers heraus, so hat dieser einen Anspruch auf Wiedereinstellung.

Literatur: Mathias Busch, Die Verdachtskündigung im Arbeitsrecht, MDR 1995, Heft 3, S. 217 ff. [2]

Materielle Präklusion

Wird eine Kündigung nicht innerhalb von drei Wochen ab Zugang durch eine Klage beim Arbeitsgericht angegriffen, gilt sie als wirksam. Diese Fiktion des Kündigungsschutzgesetzes gilt seit 1. Januar 2004 für alle Kündigungen und alle Unwirksamkeitsgründe (mit Ausnahme des Schriftformmangels), muss also in jedem Fall eingehalten werden. Das gilt – siehe Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 15. Dezember 2005 (2 AZR 148/05) – nicht für die Nichteinhaltung der geltenden Kündigungsfrist (Kündigungsfristen im Arbeitsrecht).

Zu den mit einer Klage verbundenen Kosten siehe auch: Kosten eines Arbeitsgerichtsverfahrens in Deutschland..

Einzelnachweise

  1. Kündigung “i.A.” ist nicht “O.K.”

Literatur

  • Stefan Kramer, Kündigung wegen privater Internetnutzung, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2006, 194 - 197
  • Heiko Kreutzfeldt/Stefan Kramer, Rechtsfragen der Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses, in: DER BETRIEB (DB) 1995, 975 - 979

Siehe auch

Weblinks

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