- Laisierung
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Als Laisierung bezeichnet man die in christlichen Kirchen und insbesondere der römisch-katholischen Kirche erfolgende kirchenrechtliche Aussetzung der Rechte und Pflichten eines Klerikers, die ihm aufgrund seiner Weihe zukommen.
Obschon die Unterscheidung zwischen Klerus und Laien einzig auf dem Weihesakrament gründet, dem nach kirchlicher Lehre (genau wie der Taufe oder der Firmung) ein unwiderruflicher Charakter zukommt, kann ein Kleriker – unter Beibehaltung des Weihecharakters – dennoch wieder in den Laienstand zurückversetzt werden. Sofern die Diakonen-, Priester- oder Bischofsweihe nicht etwa unter falschen oder unzureichenden Voraussetzungen gespendet wurde (und damit von Anfang an unwirksam ist), kann sie allerdings nicht rückgängig gemacht bzw. aufgehoben werden. Die Laisierung betrifft daher nur gleichsam die „praktischen Folgen“ des Weihecharakters. So verliert der laisierte kirchliche Amtsträger zwar die Berechtigung zu kirchlichen Amtshandlungen. Entgegen diesem Verbot vollzogene sakramentale Handlungen sind damit unerlaubt, werden jedoch – soweit sie zu ihrer Gültigkeit keiner besonderen Beauftragung („Delegation“) bedürfen – an sich nicht ungültig (das betrifft etwa die Taufe, die Eucharistie, die Krankensalbung und im Fall von Bischöfen auch Firmung und Weihe). Ferner wurde um des Heils der Seelen willen vom kirchlichen Gesetzgeber bestimmt, dass bei Todesgefahr auch Bußsakrament und Krankensalbung gültig und erlaubt gespendet werden können.
Die Laisierung kann auf zwei Arten ausgesprochen werden: entweder auf Bitten des Klerikers vom Papst in Form einer per Reskript erteilten Dispens von den Weiheverpflichtungen oder – und das auch vom Bischof – durch „Entlassung“ (Dimission) aus dem Klerikerstand. Letztere gilt als schwere Kirchenstrafe, die etwa verhängt werden kann, wenn der Kleriker hartnäckig auch nach Feststellung der Exkommunikation in einer Häresie verharrt, oder wenn er nach erfolgter Suspension, z. B. wegen unerlaubter Zivilehe, keine Anstalten macht, sein Verhalten zu ändern bzw. die ihm verbotene Verbindung wieder aufzulösen. Die Entlassung legalisiert aber nicht den vorangegangenen und aus kirchlicher Sicht ungültigen Eheschließungsversuch, vielmehr bleibt die Zölibatsverpflichtung in diesem Fall erhalten. Dagegen kann ein freiwillig und im Voraus erbetenes und gewährtes Reskript eine aus kirchlicher Sicht gültige Eheschließung durchaus ermöglichen.
Bei geänderten Lebensumständen eines Betroffenen kann die Laisierung ihrerseits durch die entsprechende kirchliche Behörde aufgehoben werden, was einer Wiedereinsetzung in das kirchliche Amt gleichkommt. Eine neue Weihe erfolgt nicht, da ja der Weihecharakter unwiderruflich ist.
In den weitaus meisten Fällen erfolgt die Laisierung auf Bitten des betroffenen Klerikers, und zwar in der Regel, um ihm ein bürgerliches Leben zu ermöglichen und die Heirat zu erlauben, die dann in kirchlicher Form möglich ist. Um die Laisierung auf eigenen Wunsch zu erlangen, bedarf es seit einer Neufassung der entsprechenden Richtlinien durch Papst Johannes Paul II. im Jahre 1980 eines meist mehrjährigen kircheninternen Prüfverfahrens, in dem dem Antragsteller der Status eines Bittstellers zukommt. Mit dieser Neuregelung verfolgte der Papst das Ziel, die Befreiung vom Zölibatsversprechen nicht mehr als bloßen „Verwaltungsakt“ zu betrachten und zu verhindern, dass Kleriker in der Laisierung eine schnelle Lösung für persönliche Krisen suchen. Priester unter 40 Jahren hatten danach zunächst nur geringe Chancen, in den Laienstand zurückversetzt zu werden, und viele Anträge wurden gar nicht erst zur Prüfung angenommen. Seit einem Rundschreiben des damaligen Leiters der Sakramentenkongregation, Erzbischof Jorge Medina, im Juni 1997 wurde das Verfahren jedoch in der Praxis wieder erleichtert und die lange Verfahrensdauer gestrafft.[1] Sofern die Verhältnisse beim Bittsteller selbst sowie zwischen ihm und dem Ortsbischof bzw. Ordensoberen als Befürworter seines Antrags nicht zerrüttet sind und die Begründung bzw. die aktuelle Lebenssituation des Bittstellers es ratsam erscheinen lassen, entspricht Rom dem Gesuch heute in der Regel.
Die seltene Strafe der Entlassung aus dem Klerikerstand wurde 2009 dem sambischen Erzbischof Emmanuel Milingo auferlegt, nachdem er sich der Mun-Sekte angeschlossen und geheiratet und anschließend verbotenerweise Bischofsweihen vollzogen hatte.[2] Prominente Beispiele für eine Laisierung durch Reskript auf eigenen Wunsch sind etwa der 2008 laisierte Bischof Fernando Lugo, der erste laisierte Bischof überhaupt in der Kirchengeschichte, der anschließend zum Staatspräsidenten von Paraguay gewählt wurde, oder der ehemalige Franziskanerpater und bekannte Befreiungstheologe Leonardo Boff, der sich 1992 in der Konsequenz seines Konfliktes mit der Glaubenskongregation in den Laienstand versetzen ließ.[3][4]. Dagegen sind Eugen Drewermann (trotz Kirchenaustritts) und Ernesto Cardenal entgegen landläufiger Meinung weiterhin Kleriker, obwohl ihre jeweiligen Kirchenstrafen auch ihnen die Ausübung der klerikalen Rechte verbieten.
Von der Laisierung zu unterscheiden ist die Suspendierung, das einfache Verbot der Amtsausübung eines Priesters, das in der katholischen Kirche der Diözesanbischof aussprechen kann. Meist handelt es sich hierbei um eine disziplinarische Maßnahme, um weitere priesterliche Amtshandlungen oder die unerwünschte Verkündigung eines Klerikers zu unterbinden. Weiheverpflichtungen wie der Zölibat sind davon nicht berührt. Mit der Laisierung in überhaupt keinem Zusammenhang steht der Entzug der Missio canonica, der kirchlichen Lehrerlaubnis für Theologen, einer Strafe, die auch auf Laien anwendbar ist und sich auf den kirchenrechtlichen Stand des Betroffenen und etwaige Weihebefugnisse nicht auswirkt.
Literatur
- Althaus, R.: Die Laisierung von Priestern - Ein Akt der Gnade oder der Gerechtigkeit? In: De Processibus Matrimonialibus (Fachzeitschrift zu Fragen des Kanonischen Ehe- und Prozeßrechtes) 8/2 (2001), Berlin
- Dorn, A. M., u. a. (Hg.): Redaktionshandbuch Katholische Kirche, München 1996
Einzelnachweise
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