- Leitbetrieb
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Der Leitbetrieb bezeichnet in mehreren Ländern Europas einen Betrieb, der durch besondere Leistungen oder Aufgabenbereiche sich von anderen Betrieben unterscheidet und/oder herausragt. Dabei wird diese Unterscheidung im Bereich der Industrie, der Ausbildung, der Touristik und Ökologie ausgedrückt.
Inhaltsverzeichnis
Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Schweiz
Im Handbuch Ausbildung (2001) verwenden die Autoren die Bezeichnung Leitbetrieb im Zusammenhang mit der Beschreibung einer kooperativen Ausbildung, wobei im Ausbildungsverbund mit Leitbetrieb eine Gesamtausbildung stattfinden soll, die dieser Leitbetrieb organisieren und verantworten soll. Damit sollen die Betriebe in diesen Aufgabenbereichen entlastet werden (siehe auch Verbundausbildung).
Reiner Buchegger verwendete in einer Veröffentlichung[1] die Bezeichnung Leitbetrieb als einen leistungsfähigen und herausragenden Betrieb im Sinne eines führenden Vorbilds für andere Betriebe in seinem Umfeld. Als Leitbetrieb werden auch Betriebe genannt, die eine allgemeine leitende Vorbildfunktion verkörpern. Darunter können aber auch produktionstechnische Leistungen und/oder Produkte verstanden werden.
In Österreich wird der Begriff Leitbetrieb in der Touristik oder in der industriellen Wirtschaft verwendet, um einen herausragenden Betrieb in seinen Leistungen zu benennen. Eine ähnliche Auszeichnung gab es auch bereits früher, bei der das Staatswappen als Staatliche Auszeichnung verliehen wurde.
In der Schweiz wird wie in Deutschland ein besonderer Betrieb in der Ausbildung auch Leitbetrieb (oder auch Leitorganisation) genannt.[2]
DDR
Im Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache[3] wird behauptet, dass der Leitbetrieb eine Prägung in der DDR gewesen sei. Auch der Duden [4] übernahm diese Deutung sogar mit einem Beispiel aus dem DDR-Wörterbuch.
Diese Deutung trifft zwar für eine besondere Organisationsform der Struktur der Industrie der DDR zu, aber nicht für eine allgemeine Beschreibung der Struktur einer Industrie. Denn Friedrich von Gottl-Ottlilienfeld verwendete den Begriff Leitbetrieb schon 1939 in seiner Schrift Wirtschaftspolitik und Theorie [5] für Betriebe, die sich durch besondere Eigenschaften in der sozialen Organisation von anderen Betrieben herausheben.
Industriereform 1958
Als es im Jahre 1958 zur Reform der Industrie in der DDR kam. wurden in bestimmten Zweigen der Industrie einige große Betriebe zu Leitbetrieben ernannt.[6] Diese Leitbetriebe sollten ein Leitfunktion für andere Betriebe sein, die gleiche oder ähnlich Produkte erzeugten. Diese Funktion bezog sich aber nicht nur auf die materiellen Bedingungen der Produktion, sondern es sollte auch eine Art der Betriebspropaganda damit verbunden werden.
Besondere Leitungskompetenzen hatte die Leitbetriebe gegenüber anderen Betrieben nicht. Sie unterstanden den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den damals bestehenden Bezirkswirtschaftsräten.
Verordnungen von 1970 und 1973
Erstmals wurde die Stellung eines Leitbetriebes näher in der Verordnung über Kooperationsgemeinschaften vom 12. März 1970 (GBl. II, 1970 Nr. 39, S. 287) (KoopGemVO) für bestimmte Wirtschaftsgemeinschaften geregelt. Eine ähnliche Regelung ohne Nennung des Namens Leitbetrieb gab es der 3. Durchführungsbestimmung (DB) zum Warenzeichengesetz - Bildung und Tätigkeit von Warenzeichenverbänden vom 1. März 1971 (GBl. II, 1971 Nr. 33, S.269) und der Verordnung über die Bildung und Tätigkeit von Exportkontoren vom 2. Juni 1971 (GBl. II, 1971 Nr. 52, S. 433) (ExportkontorVO). [7]
Eine umfassende Regelung des Leitbetriebs in der Industrie der VVB und der Volkseigenen Betriebe (VEB) wurde 1973 in der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkeigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 (GBl. I 1973 Nr. 15, S. 129) (VEB/VVB-VO) vorgenommen[8][9]
Laut § 40 (4) und (5) der VEB/VVB-VO hatte ein Generaldirektor einer VVB die Befugnis, einen Leitbetrieb aus der VVB zu bestimmen. War es ein Betrieb, der in der gleichen Erzeugnisgruppenarbeit tätig war, aber nicht zur VVB gehörte, so musste dieser Betrieb seine Zustimmung zur Ernennung als Leitbetrieb geben. Dabei sollten nur solche Betriebe als Leitbetriebe ausgewählt werden, die auch den besonderen Anforderungen genügen konnten.
Der Generaldirektor der VVB hatte die Berechtigung, dem Leitbetrieb gegenüber Weisungen in der Form von Aufgabenstellungen zu erteilen, soweit sie die Erzeugnisgruppe betrafen. Der Leitbetrieb war verpflichtet, über die Lösung dieser Aufgabenstellungen dem Generaldirektor der VVB einen Rechtsschaftsbericht abzugeben.
Mit der Bestimmung zum Leitbetrieb waren aber auch oft besondere Belastungen verbunden, die der Betrieb als reiner Produktionsbetrieb sonst nicht tragen musste. Denn der Generaldirektor der VVB hatte im bestimmten Rahmen das Recht, dem Leitbetrieb Pflichten und Rechte bei der industriellen Organisation der Erzeugnisgruppenarbeit aufzuerlegen. Hinzu konnten Pflichten kommen, besondere Aufgaben in der Planung und Bilanzierung in der Erzeugnisgruppenarbeit zu übernehmen. Andererseits hatte aber der Leitbetrieb gegenüber anderen Betrieben in der zuständigen Erzeugnisgruppe keine Befugnisse, Weisungen zu geben.
Referenzen
- Heinz-Josef Bontrup, Peter Pulte, Katrin Hansen, Patricia Wischerhoff, Handbuch Ausbildung : Berufsausbildung im dualen System, München 2001
- Heinz Hoffer, Geschäftsführer Leitbetriebe Austria in Was ist eigentlich ein Leitbetrieb
Weblinks
- Der Leitbetrieb als Stammbetrieb in der betrieblichen Ausbildung
- Leitbetrieb im ökologischen Landbau
- Leitbetriebe Austria
Einzelnachweise
- ↑ Strategien regionaler Beschäftigungsförderung : Schweden, Österreich und Deutschland im Vergleich, Frankfurt/Main 2000, S. 160
- ↑ http://64.233.183.104/search?q=cache:Js24PGZilnEJ:www.grosserrat.bs.ch/dokumente/000000364626.pdf+Leitbetrieb+Schweiz&hl=de&ct=clnk&cd=33&gl=de
- ↑ Ruth Klapproth et al., Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache, 3. Band, Berlin 1969, S. 2349
- ↑ Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion, Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, B Band 6, Mannheim 1999, S. 2405
- ↑ Friedrich von Gottl-Ottlilienfeld, Wirtschaftspolitik und Theorie, Berlin 1939, S. 140
- ↑ Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, SBZ von A bis Z, Bonn 1963, S. 286
- ↑ Gerhard Görner rt al. (Hrsg.), Lexikon der Wirtschaft - Wirtschaftsrecht, Berlin 1978, S. 223
- ↑ Günther Klinger, Kommentar zur Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB, Berlin 1975, S. 165
- ↑ Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 27. August 1973 (GBl. I 1973 Nr. 39, S. 405), ebenda
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